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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
Anpralle der See die Stirne bieten, geben sichtbares Zeichen vom
Kampfe mit diesen elementaren Mächten. Stets brandet die See und
der Wind wiegt die Kronen der Gewächse, welche die östlichen
Gefilde bedecken.

Fast vor allen Inseln lagern meilenweite Korallenbänke, welche
den Seefahrenden zur Vorsicht zwingen. Insbesondere gilt dies jedoch
von den östlichen Gestaden, auf welchen schon in Anbetracht der
Seeverhältnisse keine Niederlassungen gegründet sind, welche als Hafen-
plätze bezeichnet werden können.

Alle Hafenplätze liegen an den westlichen Uferseiten, d. h. in
Lee der Inseln, und sind meist vollkommen seestille Buchten, über
welche jedoch gleichwie über die Landgebiete der Passat kühlend
dahinstreicht. Nur wenige der kleinen Inseln sind niedrig oder mit
flach verlaufenden Ufern; die meisten haben, insbesondere im Osten,
schroffe Abhänge, über welche zur Regenzeit gewaltige Wassermassen
tosend in die See stürzen.

Wer je das Glück geniessen konnte, einen Theil, ja selbst nur
eines der minder bedeutenden Eilande der Antillen zu sehen, die sich
wie eine Perlenreihe von den Mündungen des Orinoco bis zur Halb-
insel Florida erstrecken, wird die empfangenen Eindrücke nie vergessen.

Die geringen Entfernungen zwischen den einzelnen Inseln ge-
währen den gleichzeitigen Anblick mehrerer, und insbesondere bietet
die Passage zwischen den Inseln bei Tageszeit ein äusserst reizvolles
Bild. Die brandende und tosende See, die starren Vulcane, die herab-
stürzenden Bäche, die kühne Vegetation, welche fast überall bis zur
salzigen Flut herniedersteigt, die Riffe und das Leben und Treiben
der Thierwelt fesseln derart, dass man in Verlegenheit ist, welchem
Bilde man die Aufmerksamkeit zuwenden soll.

Nach Millionen zählt die befiederte Welt, welche in allen er-
denklichen Arten von Land- und Seevögeln die Gestade der Inseln
oder die Scharen sich tummelnder Seethiere umkreisen, unter welch
letzteren insbesondere die Potwalle sich durch ihre Wasserkünste
kenntlich machen.

Die balsamischen Düfte der tropischen Flora erfüllen meilenweit
nach See die Atmosphäre, und wenn die Linie der Inselreihe durch-
brochen ist, wird es fühlbar, wie der Passatwind durch die engge-
fügte Reihe derselben abgeschwächt dahinweht und der Seegang
ein merklich geringerer wird.

Die Navigation nach den in Lee der Inseln gelegenen Häfen gleicht
der in einem Binnengewässer, und nur wenige der kleineren Inseln,

Die atlantische Küste von Amerika.
Anpralle der See die Stirne bieten, geben sichtbares Zeichen vom
Kampfe mit diesen elementaren Mächten. Stets brandet die See und
der Wind wiegt die Kronen der Gewächse, welche die östlichen
Gefilde bedecken.

Fast vor allen Inseln lagern meilenweite Korallenbänke, welche
den Seefahrenden zur Vorsicht zwingen. Insbesondere gilt dies jedoch
von den östlichen Gestaden, auf welchen schon in Anbetracht der
Seeverhältnisse keine Niederlassungen gegründet sind, welche als Hafen-
plätze bezeichnet werden können.

Alle Hafenplätze liegen an den westlichen Uferseiten, d. h. in
Lee der Inseln, und sind meist vollkommen seestille Buchten, über
welche jedoch gleichwie über die Landgebiete der Passat kühlend
dahinstreicht. Nur wenige der kleinen Inseln sind niedrig oder mit
flach verlaufenden Ufern; die meisten haben, insbesondere im Osten,
schroffe Abhänge, über welche zur Regenzeit gewaltige Wassermassen
tosend in die See stürzen.

Wer je das Glück geniessen konnte, einen Theil, ja selbst nur
eines der minder bedeutenden Eilande der Antillen zu sehen, die sich
wie eine Perlenreihe von den Mündungen des Orinoco bis zur Halb-
insel Florida erstrecken, wird die empfangenen Eindrücke nie vergessen.

Die geringen Entfernungen zwischen den einzelnen Inseln ge-
währen den gleichzeitigen Anblick mehrerer, und insbesondere bietet
die Passage zwischen den Inseln bei Tageszeit ein äusserst reizvolles
Bild. Die brandende und tosende See, die starren Vulcane, die herab-
stürzenden Bäche, die kühne Vegetation, welche fast überall bis zur
salzigen Flut herniedersteigt, die Riffe und das Leben und Treiben
der Thierwelt fesseln derart, dass man in Verlegenheit ist, welchem
Bilde man die Aufmerksamkeit zuwenden soll.

Nach Millionen zählt die befiederte Welt, welche in allen er-
denklichen Arten von Land- und Seevögeln die Gestade der Inseln
oder die Scharen sich tummelnder Seethiere umkreisen, unter welch
letzteren insbesondere die Potwalle sich durch ihre Wasserkünste
kenntlich machen.

Die balsamischen Düfte der tropischen Flora erfüllen meilenweit
nach See die Atmosphäre, und wenn die Linie der Inselreihe durch-
brochen ist, wird es fühlbar, wie der Passatwind durch die engge-
fügte Reihe derselben abgeschwächt dahinweht und der Seegang
ein merklich geringerer wird.

Die Navigation nach den in Lee der Inseln gelegenen Häfen gleicht
der in einem Binnengewässer, und nur wenige der kleineren Inseln,

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[174/0190] Die atlantische Küste von Amerika. Anpralle der See die Stirne bieten, geben sichtbares Zeichen vom Kampfe mit diesen elementaren Mächten. Stets brandet die See und der Wind wiegt die Kronen der Gewächse, welche die östlichen Gefilde bedecken. Fast vor allen Inseln lagern meilenweite Korallenbänke, welche den Seefahrenden zur Vorsicht zwingen. Insbesondere gilt dies jedoch von den östlichen Gestaden, auf welchen schon in Anbetracht der Seeverhältnisse keine Niederlassungen gegründet sind, welche als Hafen- plätze bezeichnet werden können. Alle Hafenplätze liegen an den westlichen Uferseiten, d. h. in Lee der Inseln, und sind meist vollkommen seestille Buchten, über welche jedoch gleichwie über die Landgebiete der Passat kühlend dahinstreicht. Nur wenige der kleinen Inseln sind niedrig oder mit flach verlaufenden Ufern; die meisten haben, insbesondere im Osten, schroffe Abhänge, über welche zur Regenzeit gewaltige Wassermassen tosend in die See stürzen. Wer je das Glück geniessen konnte, einen Theil, ja selbst nur eines der minder bedeutenden Eilande der Antillen zu sehen, die sich wie eine Perlenreihe von den Mündungen des Orinoco bis zur Halb- insel Florida erstrecken, wird die empfangenen Eindrücke nie vergessen. Die geringen Entfernungen zwischen den einzelnen Inseln ge- währen den gleichzeitigen Anblick mehrerer, und insbesondere bietet die Passage zwischen den Inseln bei Tageszeit ein äusserst reizvolles Bild. Die brandende und tosende See, die starren Vulcane, die herab- stürzenden Bäche, die kühne Vegetation, welche fast überall bis zur salzigen Flut herniedersteigt, die Riffe und das Leben und Treiben der Thierwelt fesseln derart, dass man in Verlegenheit ist, welchem Bilde man die Aufmerksamkeit zuwenden soll. Nach Millionen zählt die befiederte Welt, welche in allen er- denklichen Arten von Land- und Seevögeln die Gestade der Inseln oder die Scharen sich tummelnder Seethiere umkreisen, unter welch letzteren insbesondere die Potwalle sich durch ihre Wasserkünste kenntlich machen. Die balsamischen Düfte der tropischen Flora erfüllen meilenweit nach See die Atmosphäre, und wenn die Linie der Inselreihe durch- brochen ist, wird es fühlbar, wie der Passatwind durch die engge- fügte Reihe derselben abgeschwächt dahinweht und der Seegang ein merklich geringerer wird. Die Navigation nach den in Lee der Inseln gelegenen Häfen gleicht der in einem Binnengewässer, und nur wenige der kleineren Inseln,

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/190>, abgerufen am 24.11.2024.