Vera-Cruz die Nothwendigkeit vor Augen, seine Rhede in einen Hafen umzugestalten.
Doch bald erlahmte der Feuereifer der creolischen Unternehmer, und das mit so grossen Hoffnungen angefangene Werk wurde einfach an dem Tage aufgegeben, da die Gefahr nicht mehr acut war.
Auch der 1887 neuerdings begonnene Bau eines Wellenbrechers, der das Festland mit den Inseln Galeta und Gallega verbinden soll, kommt nicht zu Ende. Aber schon der Theil der Arbeiten, der fertig ist, hat die Folge, dass der durch den Südwind erzeugte Wellen- gang nicht mehr die Sinkstoffe aus dem Hafen entfernen kann, weil der Wellenbrecher ihn aufhält. Derselbe Damm, der bestimmt ist, den Hafen vor den Nordwinden zu schützen, ist Ursache, dass seine Tiefe sich vermindert.
Doch wird das Alles den Handel von Vera-Cruz so lange nicht schädigen, als kein leistungsfähiger Concurrenzplatz an der Ostküste Mexicos besteht. Und dieser wird Tampico sein, wie uns die Erfah- rung aus den Vierzigerjahren unseres Jahrhunderts beweist.
Sollte die Agitation, aus Vera-Cruz einen Freihafen zu machen, von Erfolg gekrönt werden, so ist sogar eine Steigerung des Verkehres zu erwarten. Mexico hat ja in den Nordgrenzen ein wahres Paradies der Schmuggler, eine zollfreie Zone, welche 2500 km lang und 20 km breit ist, die an ihrem südlichen Rande von 800--900 Mann bewacht wird. Dagegen ist die Zollverwaltung in Vera-Cruz in den letzten Jahren streng.
Vera-Cruz ist ein Einfuhrhafen und bietet den Schiffen selten ausreichende Rückfracht, so dass die Tarife aus Liverpool nach Vera- Cruz um 100 % höher sein müssen als die von Liverpool nach New- Orleans.
Der Handel von Vera-Cruz betrug:
[Tabelle]
Nicht weniger als ein Fünftel des Werthes der Einfuhr entfällt auf Baum- wollstoffe, und zwar 1889 88.189 q (3·6 Millionen Dollars), 1888 73.497 q (3·1 Millionen Dollars).
Weit über drei Viertel des Werthes der Einfuhr liefert England, ein Zehntel Frankreich, den Rest die Union und Deutschland.
Die Einfuhr von Baumwollstoffen unterliegt in Mexico einem geradezu riesigen Zolle, der bei den ordinären Sorten, wie sie England liefert, bis auf 130 % des Werthes steigt.
Vera-Cruz.
Vera-Cruz die Nothwendigkeit vor Augen, seine Rhede in einen Hafen umzugestalten.
Doch bald erlahmte der Feuereifer der creolischen Unternehmer, und das mit so grossen Hoffnungen angefangene Werk wurde einfach an dem Tage aufgegeben, da die Gefahr nicht mehr acut war.
Auch der 1887 neuerdings begonnene Bau eines Wellenbrechers, der das Festland mit den Inseln Galeta und Gallega verbinden soll, kommt nicht zu Ende. Aber schon der Theil der Arbeiten, der fertig ist, hat die Folge, dass der durch den Südwind erzeugte Wellen- gang nicht mehr die Sinkstoffe aus dem Hafen entfernen kann, weil der Wellenbrecher ihn aufhält. Derselbe Damm, der bestimmt ist, den Hafen vor den Nordwinden zu schützen, ist Ursache, dass seine Tiefe sich vermindert.
Doch wird das Alles den Handel von Vera-Cruz so lange nicht schädigen, als kein leistungsfähiger Concurrenzplatz an der Ostküste Mexicos besteht. Und dieser wird Tampico sein, wie uns die Erfah- rung aus den Vierzigerjahren unseres Jahrhunderts beweist.
Sollte die Agitation, aus Vera-Cruz einen Freihafen zu machen, von Erfolg gekrönt werden, so ist sogar eine Steigerung des Verkehres zu erwarten. Mexico hat ja in den Nordgrenzen ein wahres Paradies der Schmuggler, eine zollfreie Zone, welche 2500 km lang und 20 km breit ist, die an ihrem südlichen Rande von 800—900 Mann bewacht wird. Dagegen ist die Zollverwaltung in Vera-Cruz in den letzten Jahren streng.
Vera-Cruz ist ein Einfuhrhafen und bietet den Schiffen selten ausreichende Rückfracht, so dass die Tarife aus Liverpool nach Vera- Cruz um 100 % höher sein müssen als die von Liverpool nach New- Orleans.
Der Handel von Vera-Cruz betrug:
[Tabelle]
Nicht weniger als ein Fünftel des Werthes der Einfuhr entfällt auf Baum- wollstoffe, und zwar 1889 88.189 q (3·6 Millionen Dollars), 1888 73.497 q (3·1 Millionen Dollars).
Weit über drei Viertel des Werthes der Einfuhr liefert England, ein Zehntel Frankreich, den Rest die Union und Deutschland.
Die Einfuhr von Baumwollstoffen unterliegt in Mexico einem geradezu riesigen Zolle, der bei den ordinären Sorten, wie sie England liefert, bis auf 130 % des Werthes steigt.
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Vera-Cruz.
Vera-Cruz die Nothwendigkeit vor Augen, seine Rhede in einen
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Doch bald erlahmte der Feuereifer der creolischen Unternehmer,
und das mit so grossen Hoffnungen angefangene Werk wurde einfach
an dem Tage aufgegeben, da die Gefahr nicht mehr acut war.
Auch der 1887 neuerdings begonnene Bau eines Wellenbrechers,
der das Festland mit den Inseln Galeta und Gallega verbinden soll,
kommt nicht zu Ende. Aber schon der Theil der Arbeiten, der fertig
ist, hat die Folge, dass der durch den Südwind erzeugte Wellen-
gang nicht mehr die Sinkstoffe aus dem Hafen entfernen kann, weil
der Wellenbrecher ihn aufhält. Derselbe Damm, der bestimmt ist, den
Hafen vor den Nordwinden zu schützen, ist Ursache, dass seine Tiefe
sich vermindert.
Doch wird das Alles den Handel von Vera-Cruz so lange nicht
schädigen, als kein leistungsfähiger Concurrenzplatz an der Ostküste
Mexicos besteht. Und dieser wird Tampico sein, wie uns die Erfah-
rung aus den Vierzigerjahren unseres Jahrhunderts beweist.
Sollte die Agitation, aus Vera-Cruz einen Freihafen zu machen,
von Erfolg gekrönt werden, so ist sogar eine Steigerung des Verkehres
zu erwarten. Mexico hat ja in den Nordgrenzen ein wahres Paradies
der Schmuggler, eine zollfreie Zone, welche 2500 km lang und 20 km
breit ist, die an ihrem südlichen Rande von 800—900 Mann bewacht
wird. Dagegen ist die Zollverwaltung in Vera-Cruz in den letzten
Jahren streng.
Vera-Cruz ist ein Einfuhrhafen und bietet den Schiffen selten
ausreichende Rückfracht, so dass die Tarife aus Liverpool nach Vera-
Cruz um 100 % höher sein müssen als die von Liverpool nach New-
Orleans.
Der Handel von Vera-Cruz betrug:
Nicht weniger als ein Fünftel des Werthes der Einfuhr entfällt auf Baum-
wollstoffe, und zwar 1889 88.189 q (3·6 Millionen Dollars), 1888 73.497 q
(3·1 Millionen Dollars).
Weit über drei Viertel des Werthes der Einfuhr liefert England, ein
Zehntel Frankreich, den Rest die Union und Deutschland.
Die Einfuhr von Baumwollstoffen unterliegt in Mexico einem geradezu
riesigen Zolle, der bei den ordinären Sorten, wie sie England liefert, bis auf 130 %
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/183>, abgerufen am 24.11.2024.
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