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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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London.
75 ha mit schönen Anlagen und gelungenen Bosquets hin. Am linken
Ufer liegt der Stadtheil Chelsea mit dem grossen Hospital, einer
Kaserne der Garden -- Barracks, wie Kasernen in England gemeinig-
lich genannt werden. -- Nördlich von Chelsea zieht sich Kensington
hin. Hier stossen wir zunächst auf zwei grosse Gartenanlagen, den
Kensington Garden und östlich von demselben in geringer Entfernung
den schon vorher erwähnten Hydepark. Kensington Garden ist ein
gerne besuchter Erholungsplatz und beliebt wegen seiner schattigen
Alleen von alten Bäumen. In der Nähe dieses Gartens liegen die
grossen Gewächshäuser der Gartenbaugesellschaft (Horticultural Society),
das grosse naturhistorische Museum und das South-Kensington-Museum,
welches zur Förderung der Künste und Kunstindustrie bestimmt ist
und reiche Sammlungen sowie eine grosse Bibliothek mit verschie-
denen Fachschulen verbindet, in denen in den einzelnen Zweigen
Unterricht ertheilt wird. Dieses Museum birgt grosse Schätze in sich,
von denen man wohl sagen kann, dass sie in allen Theilen der Welt
gesammelt worden sind, und hat auf die Besserung des Geschmackes
in England einen nicht zu unterschätzenden Einfluss geübt. Es ver-
dankt, wie so viele gemeinnützige und höchst erspriessliche Einrich-
tungen, seine Entstehung einer Anregung des um sein Adoptivvater-
land so hochverdienten Prinzen Albert, des Gemahls der Königin
Victoria. In demselben Gebäudecomplex ist auch das India-Museum
untergebracht, allwo indische Producte, dann aber auch namentlich
historische und ethnographische Gegenstände, Waffen und sonstige
besondere Sehenswürdigkeiten aus den indischen Besitzungen zusammen-
gestellt sind und dem Beschauer ein buntes und höchst anregendes
Bild jenes grossen und eigenthümlichen Gebietes gewähren, dessen
Besitz nicht wenig zu dem Reichthume und der wirthschaftlichen Be-
deutung Englands beigetragen hat.

Verlässt man Kensington-Garden gegen Westen, so gelangt man
in den grossen Hydepark. Dieser Park war einstens im klöster-
lichen Besitze. Nach Aufhebung der Klöster durch die Reformation
liess König Heinrich VIII. dort einen Wildgarten anlegen, in welchem
noch seine Tochter Elisabeth der Jagd oblag. Erst unter Karl II.
wurde der Park dem allgemeinen Zutritt eröffnet. Heute zählt er
zu den belebtesten Anlagen von London. Er umfasst 150 ha, einen
grossen künstlichen Teich -- Serpentine River -- welcher von der
Königin Anna hergestellt worden ist, ist ringsum von einem Gitter
umgeben und ist in der Saison zu gewissen Stunden des Tages ein
Sammelpunkt der eleganten Welt, welche daselbst mit glänzenden

117*

London.
75 ha mit schönen Anlagen und gelungenen Bosquets hin. Am linken
Ufer liegt der Stadtheil Chelsea mit dem grossen Hospital, einer
Kaserne der Garden — Barracks, wie Kasernen in England gemeinig-
lich genannt werden. — Nördlich von Chelsea zieht sich Kensington
hin. Hier stossen wir zunächst auf zwei grosse Gartenanlagen, den
Kensington Garden und östlich von demselben in geringer Entfernung
den schon vorher erwähnten Hydepark. Kensington Garden ist ein
gerne besuchter Erholungsplatz und beliebt wegen seiner schattigen
Alleen von alten Bäumen. In der Nähe dieses Gartens liegen die
grossen Gewächshäuser der Gartenbaugesellschaft (Horticultural Society),
das grosse naturhistorische Museum und das South-Kensington-Museum,
welches zur Förderung der Künste und Kunstindustrie bestimmt ist
und reiche Sammlungen sowie eine grosse Bibliothek mit verschie-
denen Fachschulen verbindet, in denen in den einzelnen Zweigen
Unterricht ertheilt wird. Dieses Museum birgt grosse Schätze in sich,
von denen man wohl sagen kann, dass sie in allen Theilen der Welt
gesammelt worden sind, und hat auf die Besserung des Geschmackes
in England einen nicht zu unterschätzenden Einfluss geübt. Es ver-
dankt, wie so viele gemeinnützige und höchst erspriessliche Einrich-
tungen, seine Entstehung einer Anregung des um sein Adoptivvater-
land so hochverdienten Prinzen Albert, des Gemahls der Königin
Victoria. In demselben Gebäudecomplex ist auch das India-Museum
untergebracht, allwo indische Producte, dann aber auch namentlich
historische und ethnographische Gegenstände, Waffen und sonstige
besondere Sehenswürdigkeiten aus den indischen Besitzungen zusammen-
gestellt sind und dem Beschauer ein buntes und höchst anregendes
Bild jenes grossen und eigenthümlichen Gebietes gewähren, dessen
Besitz nicht wenig zu dem Reichthume und der wirthschaftlichen Be-
deutung Englands beigetragen hat.

Verlässt man Kensington-Garden gegen Westen, so gelangt man
in den grossen Hydepark. Dieser Park war einstens im klöster-
lichen Besitze. Nach Aufhebung der Klöster durch die Reformation
liess König Heinrich VIII. dort einen Wildgarten anlegen, in welchem
noch seine Tochter Elisabeth der Jagd oblag. Erst unter Karl II.
wurde der Park dem allgemeinen Zutritt eröffnet. Heute zählt er
zu den belebtesten Anlagen von London. Er umfasst 150 ha, einen
grossen künstlichen Teich — Serpentine River — welcher von der
Königin Anna hergestellt worden ist, ist ringsum von einem Gitter
umgeben und ist in der Saison zu gewissen Stunden des Tages ein
Sammelpunkt der eleganten Welt, welche daselbst mit glänzenden

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[931/0951] London. 75 ha mit schönen Anlagen und gelungenen Bosquets hin. Am linken Ufer liegt der Stadtheil Chelsea mit dem grossen Hospital, einer Kaserne der Garden — Barracks, wie Kasernen in England gemeinig- lich genannt werden. — Nördlich von Chelsea zieht sich Kensington hin. Hier stossen wir zunächst auf zwei grosse Gartenanlagen, den Kensington Garden und östlich von demselben in geringer Entfernung den schon vorher erwähnten Hydepark. Kensington Garden ist ein gerne besuchter Erholungsplatz und beliebt wegen seiner schattigen Alleen von alten Bäumen. In der Nähe dieses Gartens liegen die grossen Gewächshäuser der Gartenbaugesellschaft (Horticultural Society), das grosse naturhistorische Museum und das South-Kensington-Museum, welches zur Förderung der Künste und Kunstindustrie bestimmt ist und reiche Sammlungen sowie eine grosse Bibliothek mit verschie- denen Fachschulen verbindet, in denen in den einzelnen Zweigen Unterricht ertheilt wird. Dieses Museum birgt grosse Schätze in sich, von denen man wohl sagen kann, dass sie in allen Theilen der Welt gesammelt worden sind, und hat auf die Besserung des Geschmackes in England einen nicht zu unterschätzenden Einfluss geübt. Es ver- dankt, wie so viele gemeinnützige und höchst erspriessliche Einrich- tungen, seine Entstehung einer Anregung des um sein Adoptivvater- land so hochverdienten Prinzen Albert, des Gemahls der Königin Victoria. In demselben Gebäudecomplex ist auch das India-Museum untergebracht, allwo indische Producte, dann aber auch namentlich historische und ethnographische Gegenstände, Waffen und sonstige besondere Sehenswürdigkeiten aus den indischen Besitzungen zusammen- gestellt sind und dem Beschauer ein buntes und höchst anregendes Bild jenes grossen und eigenthümlichen Gebietes gewähren, dessen Besitz nicht wenig zu dem Reichthume und der wirthschaftlichen Be- deutung Englands beigetragen hat. Verlässt man Kensington-Garden gegen Westen, so gelangt man in den grossen Hydepark. Dieser Park war einstens im klöster- lichen Besitze. Nach Aufhebung der Klöster durch die Reformation liess König Heinrich VIII. dort einen Wildgarten anlegen, in welchem noch seine Tochter Elisabeth der Jagd oblag. Erst unter Karl II. wurde der Park dem allgemeinen Zutritt eröffnet. Heute zählt er zu den belebtesten Anlagen von London. Er umfasst 150 ha, einen grossen künstlichen Teich — Serpentine River — welcher von der Königin Anna hergestellt worden ist, ist ringsum von einem Gitter umgeben und ist in der Saison zu gewissen Stunden des Tages ein Sammelpunkt der eleganten Welt, welche daselbst mit glänzenden 117*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 931. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/951>, abgerufen am 16.06.2024.