selben auch infolge der zweckmässigen Eisenbahnverbindungen inner- halb der Stadt nicht jene Rolle spielen wie in anderen Städten. Es bestehen fünf Gesellschaften, welche den Betrieb dieses Verkehrs- mittels besorgen und deren Linien nach verschiedenen Richtungen hin die Stadt durchqueren.
Die Verbindung zwischen den beiden Flussufern wird zunächst durch Brücken hergestellt; ausserdem übersetzen an einigen Stellen Fährboote die Themse, und endlich hat man auch noch einen grossen Tunnel unter der Themse gegraben. Dieser Tunnel führt von Wapping bei den London-Docks nach Rotherhithe am rechten Ufer in der Nähe der grossen Surrey- und Commercial-Docks, hat eine Länge von 396 m, ist in zwei Gallerien getheilt und wird jetzt zum Verkehr per Eisen- bahn benützt. Dieser Tunnel wurde in den Jahren 1825 bis 1843 mit einem sehr bedeutenden Kostenaufwande hergestellt und galt damals als ein Weltwunder. Er erwies sich aber für die unternehmende Ge- sellschaft als ein durchaus nicht günstiges Geschäft; erst als er in die Hände einer Bahn überging und von derselben zum Eisenbahn- verkehr adaptirt ward, hob sich dessen Rentabilität. Immerhin ist dieser Tunnel mehr als Beweis technischer Leistungsfähigkeit, denn als unentbehrliches Mittel der Communication zu betrachten.
Wenn wir uns nun die Aufgabe stellen wollen, die wichtigsten Punkte der Stadt kennen zu lernen, ehe wir jenen Theil des Näheren ins Auge fassen, welcher uns am meisten interessirt -- den Hafen und dessen Anlagen -- so werden wir am besten thun, dem Laufe der Themse von Westen her zu folgen und je nach Bedarf von den Ufern hinweg landeinwärts kleine Abstecher zu machen. Dieser Vorgang führt uns von selbst endlich zu dem wichtigsten Gegenstande unserer Darstellung und erleichtert zugleich die Orientirung. In ihrem oberen Laufe, von Windsor, der prachtvollen königlichen Residenz aus, fliesst die Themse in einem höchst belebten Landstriche, der eigentlich durchwegs als grosser Vorort der Metropole betrachtet werden kann und wo in zahlreichen Niederlassungen aller Art jene begünstigten Leute wohnen, denen die Verhältnisse es gestatten, ihre Heimstätte in freierer Luft aufzuschlagen und die Atmosphäre Londons nur wäh- rend einiger Stunden des Tages zu athmen. Zwischen Battersea und Chelsea erreicht man das eigentliche Stadtgebiet, fährt unter einer Eisenbahnbrücke, erreicht dann, nachdem der Fluss eine kleine Bie- gung gemacht hat, rasch nach einander die Battersea- und die Albert- brücke. Hinter letzterer Brücke zieht sich dann zur Rechten längs des Flusses der grosse und breite Battersea-Park in einem Umfange von
Der atlantische Ocean.
selben auch infolge der zweckmässigen Eisenbahnverbindungen inner- halb der Stadt nicht jene Rolle spielen wie in anderen Städten. Es bestehen fünf Gesellschaften, welche den Betrieb dieses Verkehrs- mittels besorgen und deren Linien nach verschiedenen Richtungen hin die Stadt durchqueren.
Die Verbindung zwischen den beiden Flussufern wird zunächst durch Brücken hergestellt; ausserdem übersetzen an einigen Stellen Fährboote die Themse, und endlich hat man auch noch einen grossen Tunnel unter der Themse gegraben. Dieser Tunnel führt von Wapping bei den London-Docks nach Rotherhithe am rechten Ufer in der Nähe der grossen Surrey- und Commercial-Docks, hat eine Länge von 396 m, ist in zwei Gallerien getheilt und wird jetzt zum Verkehr per Eisen- bahn benützt. Dieser Tunnel wurde in den Jahren 1825 bis 1843 mit einem sehr bedeutenden Kostenaufwande hergestellt und galt damals als ein Weltwunder. Er erwies sich aber für die unternehmende Ge- sellschaft als ein durchaus nicht günstiges Geschäft; erst als er in die Hände einer Bahn überging und von derselben zum Eisenbahn- verkehr adaptirt ward, hob sich dessen Rentabilität. Immerhin ist dieser Tunnel mehr als Beweis technischer Leistungsfähigkeit, denn als unentbehrliches Mittel der Communication zu betrachten.
Wenn wir uns nun die Aufgabe stellen wollen, die wichtigsten Punkte der Stadt kennen zu lernen, ehe wir jenen Theil des Näheren ins Auge fassen, welcher uns am meisten interessirt — den Hafen und dessen Anlagen — so werden wir am besten thun, dem Laufe der Themse von Westen her zu folgen und je nach Bedarf von den Ufern hinweg landeinwärts kleine Abstecher zu machen. Dieser Vorgang führt uns von selbst endlich zu dem wichtigsten Gegenstande unserer Darstellung und erleichtert zugleich die Orientirung. In ihrem oberen Laufe, von Windsor, der prachtvollen königlichen Residenz aus, fliesst die Themse in einem höchst belebten Landstriche, der eigentlich durchwegs als grosser Vorort der Metropole betrachtet werden kann und wo in zahlreichen Niederlassungen aller Art jene begünstigten Leute wohnen, denen die Verhältnisse es gestatten, ihre Heimstätte in freierer Luft aufzuschlagen und die Atmosphäre Londons nur wäh- rend einiger Stunden des Tages zu athmen. Zwischen Battersea und Chelsea erreicht man das eigentliche Stadtgebiet, fährt unter einer Eisenbahnbrücke, erreicht dann, nachdem der Fluss eine kleine Bie- gung gemacht hat, rasch nach einander die Battersea- und die Albert- brücke. Hinter letzterer Brücke zieht sich dann zur Rechten längs des Flusses der grosse und breite Battersea-Park in einem Umfange von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0950"n="930"/><fwplace="top"type="header">Der atlantische Ocean.</fw><lb/>
selben auch infolge der zweckmässigen Eisenbahnverbindungen inner-<lb/>
halb der Stadt nicht jene Rolle spielen wie in anderen Städten. Es<lb/>
bestehen fünf Gesellschaften, welche den Betrieb dieses Verkehrs-<lb/>
mittels besorgen und deren Linien nach verschiedenen Richtungen hin<lb/>
die Stadt durchqueren.</p><lb/><p>Die Verbindung zwischen den beiden Flussufern wird zunächst<lb/>
durch Brücken hergestellt; ausserdem übersetzen an einigen Stellen<lb/>
Fährboote die Themse, und endlich hat man auch noch einen grossen<lb/>
Tunnel unter der Themse gegraben. Dieser Tunnel führt von Wapping<lb/>
bei den London-Docks nach Rotherhithe am rechten Ufer in der Nähe<lb/>
der grossen Surrey- und Commercial-Docks, hat eine Länge von 396 <hirendition="#i">m</hi>,<lb/>
ist in zwei Gallerien getheilt und wird jetzt zum Verkehr per Eisen-<lb/>
bahn benützt. Dieser Tunnel wurde in den Jahren 1825 bis 1843 mit<lb/>
einem sehr bedeutenden Kostenaufwande hergestellt und galt damals<lb/>
als ein Weltwunder. Er erwies sich aber für die unternehmende Ge-<lb/>
sellschaft als ein durchaus nicht günstiges Geschäft; erst als er in<lb/>
die Hände einer Bahn überging und von derselben zum Eisenbahn-<lb/>
verkehr adaptirt ward, hob sich dessen Rentabilität. Immerhin ist<lb/>
dieser Tunnel mehr als Beweis technischer Leistungsfähigkeit, denn<lb/>
als unentbehrliches Mittel der Communication zu betrachten.</p><lb/><p>Wenn wir uns nun die Aufgabe stellen wollen, die wichtigsten<lb/>
Punkte der Stadt kennen zu lernen, ehe wir jenen Theil des Näheren<lb/>
ins Auge fassen, welcher uns am meisten interessirt — den Hafen und<lb/>
dessen Anlagen — so werden wir am besten thun, dem Laufe der<lb/>
Themse von Westen her zu folgen und je nach Bedarf von den Ufern<lb/>
hinweg landeinwärts kleine Abstecher zu machen. Dieser Vorgang<lb/>
führt uns von selbst endlich zu dem wichtigsten Gegenstande unserer<lb/>
Darstellung und erleichtert zugleich die Orientirung. In ihrem oberen<lb/>
Laufe, von Windsor, der prachtvollen königlichen Residenz aus, fliesst<lb/>
die Themse in einem höchst belebten Landstriche, der eigentlich<lb/>
durchwegs als grosser Vorort der Metropole betrachtet werden kann<lb/>
und wo in zahlreichen Niederlassungen aller Art jene begünstigten<lb/>
Leute wohnen, denen die Verhältnisse es gestatten, ihre Heimstätte<lb/>
in freierer Luft aufzuschlagen und die Atmosphäre Londons nur wäh-<lb/>
rend einiger Stunden des Tages zu athmen. Zwischen Battersea und<lb/>
Chelsea erreicht man das eigentliche Stadtgebiet, fährt unter einer<lb/>
Eisenbahnbrücke, erreicht dann, nachdem der Fluss eine kleine Bie-<lb/>
gung gemacht hat, rasch nach einander die Battersea- und die Albert-<lb/>
brücke. Hinter letzterer Brücke zieht sich dann zur Rechten längs des<lb/>
Flusses der grosse und breite Battersea-Park in einem Umfange von<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[930/0950]
Der atlantische Ocean.
selben auch infolge der zweckmässigen Eisenbahnverbindungen inner-
halb der Stadt nicht jene Rolle spielen wie in anderen Städten. Es
bestehen fünf Gesellschaften, welche den Betrieb dieses Verkehrs-
mittels besorgen und deren Linien nach verschiedenen Richtungen hin
die Stadt durchqueren.
Die Verbindung zwischen den beiden Flussufern wird zunächst
durch Brücken hergestellt; ausserdem übersetzen an einigen Stellen
Fährboote die Themse, und endlich hat man auch noch einen grossen
Tunnel unter der Themse gegraben. Dieser Tunnel führt von Wapping
bei den London-Docks nach Rotherhithe am rechten Ufer in der Nähe
der grossen Surrey- und Commercial-Docks, hat eine Länge von 396 m,
ist in zwei Gallerien getheilt und wird jetzt zum Verkehr per Eisen-
bahn benützt. Dieser Tunnel wurde in den Jahren 1825 bis 1843 mit
einem sehr bedeutenden Kostenaufwande hergestellt und galt damals
als ein Weltwunder. Er erwies sich aber für die unternehmende Ge-
sellschaft als ein durchaus nicht günstiges Geschäft; erst als er in
die Hände einer Bahn überging und von derselben zum Eisenbahn-
verkehr adaptirt ward, hob sich dessen Rentabilität. Immerhin ist
dieser Tunnel mehr als Beweis technischer Leistungsfähigkeit, denn
als unentbehrliches Mittel der Communication zu betrachten.
Wenn wir uns nun die Aufgabe stellen wollen, die wichtigsten
Punkte der Stadt kennen zu lernen, ehe wir jenen Theil des Näheren
ins Auge fassen, welcher uns am meisten interessirt — den Hafen und
dessen Anlagen — so werden wir am besten thun, dem Laufe der
Themse von Westen her zu folgen und je nach Bedarf von den Ufern
hinweg landeinwärts kleine Abstecher zu machen. Dieser Vorgang
führt uns von selbst endlich zu dem wichtigsten Gegenstande unserer
Darstellung und erleichtert zugleich die Orientirung. In ihrem oberen
Laufe, von Windsor, der prachtvollen königlichen Residenz aus, fliesst
die Themse in einem höchst belebten Landstriche, der eigentlich
durchwegs als grosser Vorort der Metropole betrachtet werden kann
und wo in zahlreichen Niederlassungen aller Art jene begünstigten
Leute wohnen, denen die Verhältnisse es gestatten, ihre Heimstätte
in freierer Luft aufzuschlagen und die Atmosphäre Londons nur wäh-
rend einiger Stunden des Tages zu athmen. Zwischen Battersea und
Chelsea erreicht man das eigentliche Stadtgebiet, fährt unter einer
Eisenbahnbrücke, erreicht dann, nachdem der Fluss eine kleine Bie-
gung gemacht hat, rasch nach einander die Battersea- und die Albert-
brücke. Hinter letzterer Brücke zieht sich dann zur Rechten längs des
Flusses der grosse und breite Battersea-Park in einem Umfange von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 930. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/950>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.