Die Stadt bereicherte sich durch einen ausgebildeten Commissionshandel, durch ein weitverzweigtes Frachtengeschäft, das seine zahlreichen Handelsschiffe vermittelten.
Reiche Ausländer übertrugen ihr Vermögen nach Holland, weil die Am- sterdamer Bankeinlagen arrestfrei waren.
Die Vorherrschaft im Handel, in erster Linie im Zwischenhandel, verlor das menschenarme Holland seit der Navigationsacte Cromwell's allmälig an Eng- land, aber ein hervorragender internationaler Geld- und Diamantenmarkt ist Amsterdam noch in unseren Tagen, obwohl die französische Revolution seinem Reichthume und jenem des Landes schwere Wunden geschlagen hat.
Nach dem Sturze der batavischen Republik (1806) wurde Amsterdam 1808 die Residenz des Königs Ludwig Napoleon.
[Abbildung]
Westlicher Theil des Hafens von Amsterdam (Massstab 1 : 43.100; Sonden in Metern).
A Zufahrt zum Nordseecanal, B Zufahrt nach Amsterdam, C Zijcanal, D Petroleumhafen, E Scheepslig- plaats (Liegeplätze) für Schiffe, G Fluthafen, H Westerdock, H1 Suezcanal-Anlegeplätze, J Holz- hafen (Hout H.), K Königsdock, L Westercanal, M Realengracht, N Eilandsgracht, O Brouwersgracht, P Inselkirche, Q westl. Friedhof, R Wilhelmsthor, S westl. Stationsinsel.
Als 1815 der Weltfriede hergestellt war, wurde Amsterdam durch den Bau des grossen nordholländischen Canals und später des Nordseecanals mit grossen Geldopfern vor dem Schicksale bewahrt, ebenfalls eine der todten Städte an der Zuidersee zu werden, wie Hoorn oder Enkhuizen.
Die Abschaffung der Gebühren auf dem Nordseecanal hat den Hafen sehr billig gemacht, die 1892 zu erhoffende Vollendung des sogenannten Merwedecanals von Amsterdam südwärts über Utrecht zum Leck und zur Merwede sichert ihm eine bequeme Wasserstrasse zum Rhein und damit eine wohlfeilere Verbindung zu einem grossen Theile seines Handelsgebietes, als die Eisenbahnen sind. Mit stolzen Hoff- nungen mag die Hauptstadt der Niederlande der Zukunft ihres Handels entgegen- sehen, der in der Hauptsache auf den niederländischen Colonien in Ostindien und auf dem deutschen Hinterlande beruht. Die Vermehrung der regelmässigen Dampfschiffsverbindungen Amsterdams zeigt, dass man dem neuen Wasserweg zum
Der atlantische Ocean.
Die Stadt bereicherte sich durch einen ausgebildeten Commissionshandel, durch ein weitverzweigtes Frachtengeschäft, das seine zahlreichen Handelsschiffe vermittelten.
Reiche Ausländer übertrugen ihr Vermögen nach Holland, weil die Am- sterdamer Bankeinlagen arrestfrei waren.
Die Vorherrschaft im Handel, in erster Linie im Zwischenhandel, verlor das menschenarme Holland seit der Navigationsacte Cromwell’s allmälig an Eng- land, aber ein hervorragender internationaler Geld- und Diamantenmarkt ist Amsterdam noch in unseren Tagen, obwohl die französische Revolution seinem Reichthume und jenem des Landes schwere Wunden geschlagen hat.
Nach dem Sturze der batavischen Republik (1806) wurde Amsterdam 1808 die Residenz des Königs Ludwig Napoleon.
[Abbildung]
Westlicher Theil des Hafens von Amsterdam (Massstab 1 : 43.100; Sonden in Metern).
A Zufahrt zum Nordseecanal, B Zufahrt nach Amsterdam, C Zijcanal, D Petroleumhafen, E Scheepslig- plaats (Liegeplätze) für Schiffe, G Fluthafen, H Westerdock, H1 Suezcanal-Anlegeplätze, J Holz- hafen (Hout H.), K Königsdock, L Westercanal, M Realengracht, N Eilandsgracht, O Brouwersgracht, P Inselkirche, Q westl. Friedhof, R Wilhelmsthor, S westl. Stationsinsel.
Als 1815 der Weltfriede hergestellt war, wurde Amsterdam durch den Bau des grossen nordholländischen Canals und später des Nordseecanals mit grossen Geldopfern vor dem Schicksale bewahrt, ebenfalls eine der todten Städte an der Zuidersee zu werden, wie Hoorn oder Enkhuizen.
Die Abschaffung der Gebühren auf dem Nordseecanal hat den Hafen sehr billig gemacht, die 1892 zu erhoffende Vollendung des sogenannten Merwedecanals von Amsterdam südwärts über Utrecht zum Leck und zur Merwede sichert ihm eine bequeme Wasserstrasse zum Rhein und damit eine wohlfeilere Verbindung zu einem grossen Theile seines Handelsgebietes, als die Eisenbahnen sind. Mit stolzen Hoff- nungen mag die Hauptstadt der Niederlande der Zukunft ihres Handels entgegen- sehen, der in der Hauptsache auf den niederländischen Colonien in Ostindien und auf dem deutschen Hinterlande beruht. Die Vermehrung der regelmässigen Dampfschiffsverbindungen Amsterdams zeigt, dass man dem neuen Wasserweg zum
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Reiche Ausländer übertrugen ihr Vermögen nach Holland, weil die Am-
sterdamer Bankeinlagen arrestfrei waren.
Die Vorherrschaft im Handel, in erster Linie im Zwischenhandel, verlor
das menschenarme Holland seit der Navigationsacte Cromwell’s allmälig an Eng-
land, aber ein hervorragender internationaler Geld- und Diamantenmarkt ist
Amsterdam noch in unseren Tagen, obwohl die französische Revolution seinem
Reichthume und jenem des Landes schwere Wunden geschlagen hat.
Nach dem Sturze der batavischen Republik (1806) wurde Amsterdam 1808
die Residenz des Königs Ludwig Napoleon.
[Abbildung Westlicher Theil des Hafens von Amsterdam (Massstab 1 : 43.100;
Sonden in Metern).
A Zufahrt zum Nordseecanal, B Zufahrt nach Amsterdam, C Zijcanal, D Petroleumhafen, E Scheepslig-
plaats (Liegeplätze) für Schiffe, G Fluthafen, H Westerdock, H1 Suezcanal-Anlegeplätze, J Holz-
hafen (Hout H.), K Königsdock, L Westercanal, M Realengracht, N Eilandsgracht, O Brouwersgracht,
P Inselkirche, Q westl. Friedhof, R Wilhelmsthor, S westl. Stationsinsel. ]
Als 1815 der Weltfriede hergestellt war, wurde Amsterdam durch den Bau
des grossen nordholländischen Canals und später des Nordseecanals mit grossen
Geldopfern vor dem Schicksale bewahrt, ebenfalls eine der todten Städte an
der Zuidersee zu werden, wie Hoorn oder Enkhuizen.
Die Abschaffung der Gebühren auf dem Nordseecanal hat den Hafen sehr
billig gemacht, die 1892 zu erhoffende Vollendung des sogenannten Merwedecanals von
Amsterdam südwärts über Utrecht zum Leck und zur Merwede sichert ihm eine
bequeme Wasserstrasse zum Rhein und damit eine wohlfeilere Verbindung zu einem
grossen Theile seines Handelsgebietes, als die Eisenbahnen sind. Mit stolzen Hoff-
nungen mag die Hauptstadt der Niederlande der Zukunft ihres Handels entgegen-
sehen, der in der Hauptsache auf den niederländischen Colonien in Ostindien und
auf dem deutschen Hinterlande beruht. Die Vermehrung der regelmässigen
Dampfschiffsverbindungen Amsterdams zeigt, dass man dem neuen Wasserweg zum
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/720>, abgerufen am 23.11.2024.
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