des Seearsenals. Dieses Etablissement gehörte einstens der ostindi- schen Compagnie; dort rüsteten im XVII. Jahrhundert die berühmten Admirale de Ruyter und de Tromp die siegreichen Flotten aus.
Die Handelsthätigkeit des nördlichen Theiles der Niederlande setzt etwas später ein als die des heutigen Belgien.
So entstand auch Amsterdam erst um 1204, und der damals angelegte Damm (niederländisch Dam) gab der Stadt den Namen und bildet auch in der Gegenwart noch ihren Mittelpunkt.
Gysbrecht II., Herr von Amstel, erbaute damals ein festes Schloss am Dam. Um 1275 erlangte Amsterdam die Zollfreiheit für Holland und Zeeland und im XIV. Jahrhundert nahm es, nachdem 1311 die Vereinigung mit Holland voll- zogen war, viele Brabanter Kaufleute auf.
Und zweihundert Jahre später, 1411, verliessen die Häringe die Küste Schoonens und zogen sich nach der holländischen Küste; die deutsche Hansa war dadurch schwer geschädigt, die Grundlage der Blüthe der an dem Zuider-See ge- legenen Städte Nordhollands gesichert.
Kaiser Maximilian I. verlieh 1490 der Stadt die kaiserliche Krone als Helmschmuck des Stadtwappens. Damals, in der Zeit der grossen Entdeckungen, da die Welt vertheilt wurde, wussten die Holländer zuzugreifen, damals legte Amsterdam den Grund zu seiner nachherigen Bedeutung für den europäischen Handel, und seine Verhältnisse wurden nach der Losreissung Nordhollands von dem niederländischen Reiche der Habsburger so gut entwickelt, dass die Stadt 1585 unvermittelt an Stelle Antwerpens die Leitung des Welthandels antreten konnte. Von Moriz von Oranien begünstigt, dehnte sich Amsterdam von 1585--1595 fast um das Doppelte aus.
Durch die rücksichtslose Sperrung der Schelde sicherte man sich vor dem Wiederaufleben des nun spanischen Antwerpen, dessen reichste und tüchtigste Kaufleute nach Amsterdam zogen. In wenigen Jahren war die Handelssuprematie der Generalstaaten organisirt und durch die Gründung der holländisch-ostindischen Compagnie am 20. März 1602 besiegelt; die Hälfte der Antheile der Gesellschaft blieb Amsterdam vorbehalten.
Durch Philipp II. von dem Besuche des Gewürzmarktes von Lissabon aus- geschlossen, gründeten die Holländer mit Hilfe dieser Compagnie ein eigenes Colonialreich in Indien, das in verkleinertem Umfange heute noch fortblüht, einen grossen Theil des holländischen Handels nährt und, Dank einer musterhaften Ver- waltung seit jenen Tagen Holland ungezählte Millionen eingetragen hat.
Die niederländisch-westindische Compagnie von 1621 regelte den Verkehr mit Westafrika, den in der Gegenwart noch zahlreiche holländische Factoreien betreiben und der durch die Gründung der Neuen afrikanischen Handelsgesell- schaft weiter entwickelt wird.
Von dem grossen Reich der Compagnie in Amerika sind nur Surinam und einige Inselgruppen im Besitze der Holländer geblieben.
Auch in England, in Nordeuropa, in der Levante und im Gebiete des Rheins und Mains dominirte der Einfluss der Holländer.
Amsterdam war der Mittelpunkt dieses Welthandels, der Sitz zahlreicher Fabriken, Assecuranzen und Geldinstitute, unter denen die 1609 gegründete Giro- bank hervorragte.
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Amsterdam.
des Seearsenals. Dieses Etablissement gehörte einstens der ostindi- schen Compagnie; dort rüsteten im XVII. Jahrhundert die berühmten Admirale de Ruyter und de Tromp die siegreichen Flotten aus.
Die Handelsthätigkeit des nördlichen Theiles der Niederlande setzt etwas später ein als die des heutigen Belgien.
So entstand auch Amsterdam erst um 1204, und der damals angelegte Damm (niederländisch Dam) gab der Stadt den Namen und bildet auch in der Gegenwart noch ihren Mittelpunkt.
Gysbrecht II., Herr von Amstel, erbaute damals ein festes Schloss am Dam. Um 1275 erlangte Amsterdam die Zollfreiheit für Holland und Zeeland und im XIV. Jahrhundert nahm es, nachdem 1311 die Vereinigung mit Holland voll- zogen war, viele Brabanter Kaufleute auf.
Und zweihundert Jahre später, 1411, verliessen die Häringe die Küste Schoonens und zogen sich nach der holländischen Küste; die deutsche Hansa war dadurch schwer geschädigt, die Grundlage der Blüthe der an dem Zuider-See ge- legenen Städte Nordhollands gesichert.
Kaiser Maximilian I. verlieh 1490 der Stadt die kaiserliche Krone als Helmschmuck des Stadtwappens. Damals, in der Zeit der grossen Entdeckungen, da die Welt vertheilt wurde, wussten die Holländer zuzugreifen, damals legte Amsterdam den Grund zu seiner nachherigen Bedeutung für den europäischen Handel, und seine Verhältnisse wurden nach der Losreissung Nordhollands von dem niederländischen Reiche der Habsburger so gut entwickelt, dass die Stadt 1585 unvermittelt an Stelle Antwerpens die Leitung des Welthandels antreten konnte. Von Moriz von Oranien begünstigt, dehnte sich Amsterdam von 1585—1595 fast um das Doppelte aus.
Durch die rücksichtslose Sperrung der Schelde sicherte man sich vor dem Wiederaufleben des nun spanischen Antwerpen, dessen reichste und tüchtigste Kaufleute nach Amsterdam zogen. In wenigen Jahren war die Handelssuprematie der Generalstaaten organisirt und durch die Gründung der holländisch-ostindischen Compagnie am 20. März 1602 besiegelt; die Hälfte der Antheile der Gesellschaft blieb Amsterdam vorbehalten.
Durch Philipp II. von dem Besuche des Gewürzmarktes von Lissabon aus- geschlossen, gründeten die Holländer mit Hilfe dieser Compagnie ein eigenes Colonialreich in Indien, das in verkleinertem Umfange heute noch fortblüht, einen grossen Theil des holländischen Handels nährt und, Dank einer musterhaften Ver- waltung seit jenen Tagen Holland ungezählte Millionen eingetragen hat.
Die niederländisch-westindische Compagnie von 1621 regelte den Verkehr mit Westafrika, den in der Gegenwart noch zahlreiche holländische Factoreien betreiben und der durch die Gründung der Neuen afrikanischen Handelsgesell- schaft weiter entwickelt wird.
Von dem grossen Reich der Compagnie in Amerika sind nur Surinam und einige Inselgruppen im Besitze der Holländer geblieben.
Auch in England, in Nordeuropa, in der Levante und im Gebiete des Rheins und Mains dominirte der Einfluss der Holländer.
Amsterdam war der Mittelpunkt dieses Welthandels, der Sitz zahlreicher Fabriken, Assecuranzen und Geldinstitute, unter denen die 1609 gegründete Giro- bank hervorragte.
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Admirale de Ruyter und de Tromp die siegreichen Flotten aus.
Die Handelsthätigkeit des nördlichen Theiles der Niederlande setzt etwas
später ein als die des heutigen Belgien.
So entstand auch Amsterdam erst um 1204, und der damals angelegte
Damm (niederländisch Dam) gab der Stadt den Namen und bildet auch in der
Gegenwart noch ihren Mittelpunkt.
Gysbrecht II., Herr von Amstel, erbaute damals ein festes Schloss am Dam.
Um 1275 erlangte Amsterdam die Zollfreiheit für Holland und Zeeland und im
XIV. Jahrhundert nahm es, nachdem 1311 die Vereinigung mit Holland voll-
zogen war, viele Brabanter Kaufleute auf.
Und zweihundert Jahre später, 1411, verliessen die Häringe die Küste
Schoonens und zogen sich nach der holländischen Küste; die deutsche Hansa war
dadurch schwer geschädigt, die Grundlage der Blüthe der an dem Zuider-See ge-
legenen Städte Nordhollands gesichert.
Kaiser Maximilian I. verlieh 1490 der Stadt die kaiserliche Krone als
Helmschmuck des Stadtwappens. Damals, in der Zeit der grossen Entdeckungen,
da die Welt vertheilt wurde, wussten die Holländer zuzugreifen, damals legte
Amsterdam den Grund zu seiner nachherigen Bedeutung für den europäischen
Handel, und seine Verhältnisse wurden nach der Losreissung Nordhollands von
dem niederländischen Reiche der Habsburger so gut entwickelt, dass die Stadt
1585 unvermittelt an Stelle Antwerpens die Leitung des Welthandels antreten
konnte. Von Moriz von Oranien begünstigt, dehnte sich Amsterdam von 1585—1595
fast um das Doppelte aus.
Durch die rücksichtslose Sperrung der Schelde sicherte man sich vor dem
Wiederaufleben des nun spanischen Antwerpen, dessen reichste und tüchtigste
Kaufleute nach Amsterdam zogen. In wenigen Jahren war die Handelssuprematie
der Generalstaaten organisirt und durch die Gründung der holländisch-ostindischen
Compagnie am 20. März 1602 besiegelt; die Hälfte der Antheile der Gesellschaft
blieb Amsterdam vorbehalten.
Durch Philipp II. von dem Besuche des Gewürzmarktes von Lissabon aus-
geschlossen, gründeten die Holländer mit Hilfe dieser Compagnie ein eigenes
Colonialreich in Indien, das in verkleinertem Umfange heute noch fortblüht, einen
grossen Theil des holländischen Handels nährt und, Dank einer musterhaften Ver-
waltung seit jenen Tagen Holland ungezählte Millionen eingetragen hat.
Die niederländisch-westindische Compagnie von 1621 regelte den Verkehr
mit Westafrika, den in der Gegenwart noch zahlreiche holländische Factoreien
betreiben und der durch die Gründung der Neuen afrikanischen Handelsgesell-
schaft weiter entwickelt wird.
Von dem grossen Reich der Compagnie in Amerika sind nur Surinam
und einige Inselgruppen im Besitze der Holländer geblieben.
Auch in England, in Nordeuropa, in der Levante und im Gebiete des
Rheins und Mains dominirte der Einfluss der Holländer.
Amsterdam war der Mittelpunkt dieses Welthandels, der Sitz zahlreicher
Fabriken, Assecuranzen und Geldinstitute, unter denen die 1609 gegründete Giro-
bank hervorragte.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/719>, abgerufen am 23.11.2024.
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