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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

Wie schon erwähnt, war Havre früher nur Vorhafen für Rouen,
welches die kleinen, nicht tief gehenden Schiffe der früheren Jahr-
hunderte ganz bequem anlaufen konnten.

Das grosse und reiche Rouen, erbaut in günstiger Lage am
rechten Ufer der unteren Seine, war einst nicht nur die Hauptstadt,
sondern auch die Handelsmetropole der Normandie.

Seine alte Handelsstellung als Hafen des Seinegebietes hat es an
das jüngere Havre abgetreten. Aber bei dem Reichthume dieses Theiles
von Frankreich hat sich Rouen nach der Tonnenzahl der hier ver-
kehrenden Seeschiffe doch noch immer in dem Range des fünften
Hafens Frankreichs, nach dem Werthe seines Handels als sechster
Platz (1888) behauptet.

In der Hauptsache beruht die Bedeutung der Stadt auf ihrer
Stellung als einer der ersten Fabriksstädte Frankreichs, an die sich
bis Paris hin (126 km) Fabriksgebiete an Fabriksgebiete reihen.

Der stärkste Verkehr des in jeder Weise gut eingerichteten
Hafens, der ein eigenes Holz- und ein Petroleumbassin besitzt, geht nach
den englischen Häfen London, Hull, Goole und Liverpool; England
legt ein grosses Gewicht auf den Markt von Rouen. Ferner bestehen
Linien nach Bordeaux und den nordspanischen Plätzen.

Selbstverständlich geniesst Rouen auch die Vortheile der Nähe
von Havre, von wo so viele überseeische Linien ausgehen. Dies er-
klärt auch die grosse Bedeutung des Absatzgebietes von Indochina
für Rouen.

Die Tiefeverhältnisse der Seine sind einer weiteren Entwicklung
des Seeverkehres nicht besonders günstig, dafür gehen Flussdampfer
aufwärts bis Paris. Paris als Seehafen, was einflussreiche Kreise an-
streben, würde den Handel von Rouen zu einem reinen Localhandel herab-
drücken. Von Rouen und Umgebung gehen fünf Eisenbahnlinien aus,
die wichtigsten führen nach Havre, Amiens und Paris.

Beginnen wir mit einer kurzen Darlegung der Industrie von Rouen.

Rouen nimmt heute in allen Zweigen der Baumwollindustrie Frank-
reichs dieselbe Stellung ein, die früher Mühlhausen hatte. Die feinen Baumwoll-
stoffe dieses Platzes werden geradezu Rouennerien genannt. Eine Specialität sind
die Taschentücher.

Wichtig ist die Lederindustrie, grossartig die Spiritusindustrie, welche auf
der Einfuhr von Mais beruht. Man begreift daher die Aufregung, welche jede
Nachricht auf die Einführung eines Zolles auf Mais in Rouen hervorruft.

Zu nennen sind ferner die Industrien in Seifen, in Chemikalien und in
Maschinen. In der letzteren sind erwähnenswerth die Construction von Gaskraft-
maschinen und Schiffsmaschinen.


Der atlantische Ocean.

Wie schon erwähnt, war Hâvre früher nur Vorhafen für Rouen,
welches die kleinen, nicht tief gehenden Schiffe der früheren Jahr-
hunderte ganz bequem anlaufen konnten.

Das grosse und reiche Rouen, erbaut in günstiger Lage am
rechten Ufer der unteren Seine, war einst nicht nur die Hauptstadt,
sondern auch die Handelsmetropole der Normandie.

Seine alte Handelsstellung als Hafen des Seinegebietes hat es an
das jüngere Hâvre abgetreten. Aber bei dem Reichthume dieses Theiles
von Frankreich hat sich Rouen nach der Tonnenzahl der hier ver-
kehrenden Seeschiffe doch noch immer in dem Range des fünften
Hafens Frankreichs, nach dem Werthe seines Handels als sechster
Platz (1888) behauptet.

In der Hauptsache beruht die Bedeutung der Stadt auf ihrer
Stellung als einer der ersten Fabriksstädte Frankreichs, an die sich
bis Paris hin (126 km) Fabriksgebiete an Fabriksgebiete reihen.

Der stärkste Verkehr des in jeder Weise gut eingerichteten
Hafens, der ein eigenes Holz- und ein Petroleumbassin besitzt, geht nach
den englischen Häfen London, Hull, Goole und Liverpool; England
legt ein grosses Gewicht auf den Markt von Rouen. Ferner bestehen
Linien nach Bordeaux und den nordspanischen Plätzen.

Selbstverständlich geniesst Rouen auch die Vortheile der Nähe
von Hâvre, von wo so viele überseeische Linien ausgehen. Dies er-
klärt auch die grosse Bedeutung des Absatzgebietes von Indochina
für Rouen.

Die Tiefeverhältnisse der Seine sind einer weiteren Entwicklung
des Seeverkehres nicht besonders günstig, dafür gehen Flussdampfer
aufwärts bis Paris. Paris als Seehafen, was einflussreiche Kreise an-
streben, würde den Handel von Rouen zu einem reinen Localhandel herab-
drücken. Von Rouen und Umgebung gehen fünf Eisenbahnlinien aus,
die wichtigsten führen nach Hâvre, Amiens und Paris.

Beginnen wir mit einer kurzen Darlegung der Industrie von Rouen.

Rouen nimmt heute in allen Zweigen der Baumwollindustrie Frank-
reichs dieselbe Stellung ein, die früher Mühlhausen hatte. Die feinen Baumwoll-
stoffe dieses Platzes werden geradezu Rouennerien genannt. Eine Specialität sind
die Taschentücher.

Wichtig ist die Lederindustrie, grossartig die Spiritusindustrie, welche auf
der Einfuhr von Mais beruht. Man begreift daher die Aufregung, welche jede
Nachricht auf die Einführung eines Zolles auf Mais in Rouen hervorruft.

Zu nennen sind ferner die Industrien in Seifen, in Chemikalien und in
Maschinen. In der letzteren sind erwähnenswerth die Construction von Gaskraft-
maschinen und Schiffsmaschinen.


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[620/0640] Der atlantische Ocean. Wie schon erwähnt, war Hâvre früher nur Vorhafen für Rouen, welches die kleinen, nicht tief gehenden Schiffe der früheren Jahr- hunderte ganz bequem anlaufen konnten. Das grosse und reiche Rouen, erbaut in günstiger Lage am rechten Ufer der unteren Seine, war einst nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die Handelsmetropole der Normandie. Seine alte Handelsstellung als Hafen des Seinegebietes hat es an das jüngere Hâvre abgetreten. Aber bei dem Reichthume dieses Theiles von Frankreich hat sich Rouen nach der Tonnenzahl der hier ver- kehrenden Seeschiffe doch noch immer in dem Range des fünften Hafens Frankreichs, nach dem Werthe seines Handels als sechster Platz (1888) behauptet. In der Hauptsache beruht die Bedeutung der Stadt auf ihrer Stellung als einer der ersten Fabriksstädte Frankreichs, an die sich bis Paris hin (126 km) Fabriksgebiete an Fabriksgebiete reihen. Der stärkste Verkehr des in jeder Weise gut eingerichteten Hafens, der ein eigenes Holz- und ein Petroleumbassin besitzt, geht nach den englischen Häfen London, Hull, Goole und Liverpool; England legt ein grosses Gewicht auf den Markt von Rouen. Ferner bestehen Linien nach Bordeaux und den nordspanischen Plätzen. Selbstverständlich geniesst Rouen auch die Vortheile der Nähe von Hâvre, von wo so viele überseeische Linien ausgehen. Dies er- klärt auch die grosse Bedeutung des Absatzgebietes von Indochina für Rouen. Die Tiefeverhältnisse der Seine sind einer weiteren Entwicklung des Seeverkehres nicht besonders günstig, dafür gehen Flussdampfer aufwärts bis Paris. Paris als Seehafen, was einflussreiche Kreise an- streben, würde den Handel von Rouen zu einem reinen Localhandel herab- drücken. Von Rouen und Umgebung gehen fünf Eisenbahnlinien aus, die wichtigsten führen nach Hâvre, Amiens und Paris. Beginnen wir mit einer kurzen Darlegung der Industrie von Rouen. Rouen nimmt heute in allen Zweigen der Baumwollindustrie Frank- reichs dieselbe Stellung ein, die früher Mühlhausen hatte. Die feinen Baumwoll- stoffe dieses Platzes werden geradezu Rouennerien genannt. Eine Specialität sind die Taschentücher. Wichtig ist die Lederindustrie, grossartig die Spiritusindustrie, welche auf der Einfuhr von Mais beruht. Man begreift daher die Aufregung, welche jede Nachricht auf die Einführung eines Zolles auf Mais in Rouen hervorruft. Zu nennen sind ferner die Industrien in Seifen, in Chemikalien und in Maschinen. In der letzteren sind erwähnenswerth die Construction von Gaskraft- maschinen und Schiffsmaschinen.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/640>, abgerufen am 23.11.2024.