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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Le Havre.

Aus älterer Zeit stammt die Kathedrale Notre-Dame, welche
in der Zeit von 1574 bis 1636 in einem aus Gothik und Re-
naissance gemischten Styl nach den Plänen des Nicolas Duchemin
aufgeführt wurde. Sie wendet das Hauptportal gegen die Rue de
Paris. Die Kirche enthält einige sehenswerthe ältere Bilder und
Sculpturen, ihre Glasmalereien, welche unter anderem Episoden aus
der Geschichte Havres darstellen, sind jedoch Werke der neuesten Zeit.

Aelterer Zeit gehören ferner die Kirche Saint-Francois (XVI.
und XVII. Jahrhundert), Saint-Michel (XVII. Jahrhundert) und die
1856 im romanischen Styl reconstruirte Kirche Saint-Nicolas an
Letztere entstand an der Stelle der alten Eglise de Leure. Alle an-
deren Gotteshäuser der Stadt, einschliesslich der protestantischen
und amerikanischen Kirchen, der anglikanischen und skandinavi-
schen Tempel und der Synagoge wurden in der neueren Zeit erbaut.

Erwähnt sei noch die in Sainte-Adresse 1857 durch Fräulein
Helene Marquis aus Paris gestiftete Chapelle de Notre-Dame des
Flots, die zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort für Seeleute ge-
worden ist und von der Höhe hinausblickt weit in die unendliche
See. In der Nähe des schmucken Kirchleins errichtete die Gattin
des auf der See gestorbenen Generals Lefevre-Desnouettes demselben
ein weit sichtbares Denkmal, welches seiner Form wegen Pain de
Sucre (Zuckerhut) genannt wird und abseits des pietätvollen Ge-
dankens auch bestimmt gewesen sein soll, den Seefahrern als Leit-
marke zu dienen. So haben zwei Frauen in Saint-Adresse ihren
edlen Herzensregungen bleibend Ausdruck zu geben gewusst.

Unter den wissenschaftlichen Sammlungen wäre noch das natur-
historische Museum zu nennen, welches im alten Justizpalaste (gebaut
1758) untergebracht wurde und nebst anderem eine sehr reiche
Muschelsammlung besitzt.

Die 40.000 Bände und seltene Manuscripte sowie eine reiche
Medaillensammlung enthaltende Bibliothek, das städtische Museum
und dessen Bildergallerie und die bereits vorne erwähnten wissen-
schaftlichen Anstalten zeigen, dass die emporblühende Stadt auf dem
Gebiete der geistigen Bestrebungen ebenso vorwärts schreitet, wie auf
jenem der materiellen Entwicklung.

Die ersten Anläufe zur Errichtung eines Hafens in Havre de Grace -- so
hiess ehemals der unbedeutende Ort an der Seinemündung, an dessen Stelle die
heutige Stadt entstanden ist -- erfolgten 1517 unter König Franz I., welcher
der Stadt zahlreiche Privilegien gewährte. Die Bevölkerungszahl hob sich dadurch
zusehends. Der damals entstandene Hafen wurde in der Folge immer mehr er-
weitert und befestigt; namentlich waren es Richelieu und Colbert, welche zur

Le Hâvre.

Aus älterer Zeit stammt die Kathedrale Notre-Dame, welche
in der Zeit von 1574 bis 1636 in einem aus Gothik und Re-
naissance gemischten Styl nach den Plänen des Nicolas Duchemin
aufgeführt wurde. Sie wendet das Hauptportal gegen die Rue de
Paris. Die Kirche enthält einige sehenswerthe ältere Bilder und
Sculpturen, ihre Glasmalereien, welche unter anderem Episoden aus
der Geschichte Hâvres darstellen, sind jedoch Werke der neuesten Zeit.

Aelterer Zeit gehören ferner die Kirche Saint-François (XVI.
und XVII. Jahrhundert), Saint-Michel (XVII. Jahrhundert) und die
1856 im romanischen Styl reconstruirte Kirche Saint-Nicolas an
Letztere entstand an der Stelle der alten Église de Leure. Alle an-
deren Gotteshäuser der Stadt, einschliesslich der protestantischen
und amerikanischen Kirchen, der anglikanischen und skandinavi-
schen Tempel und der Synagoge wurden in der neueren Zeit erbaut.

Erwähnt sei noch die in Sainte-Adresse 1857 durch Fräulein
Hélène Marquis aus Paris gestiftete Chapelle de Notre-Dame des
Flots, die zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort für Seeleute ge-
worden ist und von der Höhe hinausblickt weit in die unendliche
See. In der Nähe des schmucken Kirchleins errichtete die Gattin
des auf der See gestorbenen Generals Lefévre-Desnouettes demselben
ein weit sichtbares Denkmal, welches seiner Form wegen Pain de
Sucre (Zuckerhut) genannt wird und abseits des pietätvollen Ge-
dankens auch bestimmt gewesen sein soll, den Seefahrern als Leit-
marke zu dienen. So haben zwei Frauen in Saint-Adresse ihren
edlen Herzensregungen bleibend Ausdruck zu geben gewusst.

Unter den wissenschaftlichen Sammlungen wäre noch das natur-
historische Museum zu nennen, welches im alten Justizpalaste (gebaut
1758) untergebracht wurde und nebst anderem eine sehr reiche
Muschelsammlung besitzt.

Die 40.000 Bände und seltene Manuscripte sowie eine reiche
Medaillensammlung enthaltende Bibliothek, das städtische Museum
und dessen Bildergallerie und die bereits vorne erwähnten wissen-
schaftlichen Anstalten zeigen, dass die emporblühende Stadt auf dem
Gebiete der geistigen Bestrebungen ebenso vorwärts schreitet, wie auf
jenem der materiellen Entwicklung.

Die ersten Anläufe zur Errichtung eines Hafens in Hâvre de Grâce — so
hiess ehemals der unbedeutende Ort an der Seinemündung, an dessen Stelle die
heutige Stadt entstanden ist — erfolgten 1517 unter König Franz I., welcher
der Stadt zahlreiche Privilegien gewährte. Die Bevölkerungszahl hob sich dadurch
zusehends. Der damals entstandene Hafen wurde in der Folge immer mehr er-
weitert und befestigt; namentlich waren es Richelieu und Colbert, welche zur

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[607/0627] Le Hâvre. Aus älterer Zeit stammt die Kathedrale Notre-Dame, welche in der Zeit von 1574 bis 1636 in einem aus Gothik und Re- naissance gemischten Styl nach den Plänen des Nicolas Duchemin aufgeführt wurde. Sie wendet das Hauptportal gegen die Rue de Paris. Die Kirche enthält einige sehenswerthe ältere Bilder und Sculpturen, ihre Glasmalereien, welche unter anderem Episoden aus der Geschichte Hâvres darstellen, sind jedoch Werke der neuesten Zeit. Aelterer Zeit gehören ferner die Kirche Saint-François (XVI. und XVII. Jahrhundert), Saint-Michel (XVII. Jahrhundert) und die 1856 im romanischen Styl reconstruirte Kirche Saint-Nicolas an Letztere entstand an der Stelle der alten Église de Leure. Alle an- deren Gotteshäuser der Stadt, einschliesslich der protestantischen und amerikanischen Kirchen, der anglikanischen und skandinavi- schen Tempel und der Synagoge wurden in der neueren Zeit erbaut. Erwähnt sei noch die in Sainte-Adresse 1857 durch Fräulein Hélène Marquis aus Paris gestiftete Chapelle de Notre-Dame des Flots, die zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort für Seeleute ge- worden ist und von der Höhe hinausblickt weit in die unendliche See. In der Nähe des schmucken Kirchleins errichtete die Gattin des auf der See gestorbenen Generals Lefévre-Desnouettes demselben ein weit sichtbares Denkmal, welches seiner Form wegen Pain de Sucre (Zuckerhut) genannt wird und abseits des pietätvollen Ge- dankens auch bestimmt gewesen sein soll, den Seefahrern als Leit- marke zu dienen. So haben zwei Frauen in Saint-Adresse ihren edlen Herzensregungen bleibend Ausdruck zu geben gewusst. Unter den wissenschaftlichen Sammlungen wäre noch das natur- historische Museum zu nennen, welches im alten Justizpalaste (gebaut 1758) untergebracht wurde und nebst anderem eine sehr reiche Muschelsammlung besitzt. Die 40.000 Bände und seltene Manuscripte sowie eine reiche Medaillensammlung enthaltende Bibliothek, das städtische Museum und dessen Bildergallerie und die bereits vorne erwähnten wissen- schaftlichen Anstalten zeigen, dass die emporblühende Stadt auf dem Gebiete der geistigen Bestrebungen ebenso vorwärts schreitet, wie auf jenem der materiellen Entwicklung. Die ersten Anläufe zur Errichtung eines Hafens in Hâvre de Grâce — so hiess ehemals der unbedeutende Ort an der Seinemündung, an dessen Stelle die heutige Stadt entstanden ist — erfolgten 1517 unter König Franz I., welcher der Stadt zahlreiche Privilegien gewährte. Die Bevölkerungszahl hob sich dadurch zusehends. Der damals entstandene Hafen wurde in der Folge immer mehr er- weitert und befestigt; namentlich waren es Richelieu und Colbert, welche zur

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/627>, abgerufen am 23.11.2024.