napoleonischen und jetzt savoischen Italiens zu verschiedenen Zeiten den Platz am Top der schlanken Cedernmasten ein.
Von der herrlichen Centralgruppe der eben skizzirten ehrwür- digen Monumente, die an den Dogenpalast sich anschliessen, fällt der Blick zunächst auf den von Hunderten von Fahrzeugen belebten Canal grande, der die Stadt in einer Doppelwindung als breite Verkehrs- strasse durchzieht. Linker Hand auf dem Thurme des Zollamtes weiset eine goldene Fortuna, auf gewaltiger Kugel schwebend, den Eingang zum Canale. Den breiten Wasserweg, die grossartige Pulsader, zieren die herrlichen Patricierpaläste der einstigen Venezia felix.
Die erlauchtesten Namen der venetianischen Geschichte sind hier durch hervorragende, den verschiedenen Kunstperioden angehörende Monumentalbauten verewigt. Der Canal grande ist dadurch zu einer reichen Gallerie architektonischer Meisterwerke geworden, welche durch den prächtigen Marmorbogen der Rialto-Brücke in räumlich gleiche Theile geschieden wird.
Wie die überwiegende Mehrheit der venetianischen Gebäude, ruht auch die Rialto-Brücke auf einem Fundament von eingerammten Pfählen; 12.000 Eichenstämme tragen die ungeheuere Last des stolzen Bau- werkes, das 1588--1591 entstanden ist. Unter den 378 meist stei- nernen venetianischen Brücken, welche die 117 Inseln der Stadt mit- einander verbinden, haben die Rialto-Brücke (Ponte di Rialto) und die Seufzerbrücke (Ponte dei sospiri), welch letztere aus dem Dogenpalast in die Gefängnisse führt, einen unverlöschbaren Weltruf erlangt, und die Volksmuse war und ist unerschöpflich, beide zu besingen; diese im tragischen, jene im romantischen Sinne.
Im Süden des mächtigen Stadtkernes von Venedig lagern, durch den breiten Canal della Giudecca von ihr geschieden, die beiden Inseln S. Giorgio Maggiore und Giudecca; auf ersterer erhebt sich gegenüber der Piazzetta in edlen majestätischen Formen das classische Bauwerk der Kuppelkirche S. Giorgio Maggiore, eines der imposantesten Meister- stücke des Andreo Palladio (1580). In der mit Kunstschätzen ausge- statteten, und zum anstossenden Benedictinerkloster gehörenden Kirche tagte im Jahre 1800 das Conclave, in welchem Pius VII. zum Papste erwählt wurde.
Die überwältigende Fülle der prächtigen altehrwürdigen Bau- werke, welche von hieraus mit einem Blicke zu überschauen sind, und in welchen ausnahmslos noch immer der frische Pulsschlag des Lebens wogt, drängt unwillkürlich den Gedanken wieder in die Vergangen- heit der Stadt zurück, die von keiner zerstörenden Katastrophe zu
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 6
Venedig.
napoleonischen und jetzt savoischen Italiens zu verschiedenen Zeiten den Platz am Top der schlanken Cedernmasten ein.
Von der herrlichen Centralgruppe der eben skizzirten ehrwür- digen Monumente, die an den Dogenpalast sich anschliessen, fällt der Blick zunächst auf den von Hunderten von Fahrzeugen belebten Canal grande, der die Stadt in einer Doppelwindung als breite Verkehrs- strasse durchzieht. Linker Hand auf dem Thurme des Zollamtes weiset eine goldene Fortuna, auf gewaltiger Kugel schwebend, den Eingang zum Canale. Den breiten Wasserweg, die grossartige Pulsader, zieren die herrlichen Patricierpaläste der einstigen Venezia felix.
Die erlauchtesten Namen der venetianischen Geschichte sind hier durch hervorragende, den verschiedenen Kunstperioden angehörende Monumentalbauten verewigt. Der Canal grande ist dadurch zu einer reichen Gallerie architektonischer Meisterwerke geworden, welche durch den prächtigen Marmorbogen der Rialto-Brücke in räumlich gleiche Theile geschieden wird.
Wie die überwiegende Mehrheit der venetianischen Gebäude, ruht auch die Rialto-Brücke auf einem Fundament von eingerammten Pfählen; 12.000 Eichenstämme tragen die ungeheuere Last des stolzen Bau- werkes, das 1588—1591 entstanden ist. Unter den 378 meist stei- nernen venetianischen Brücken, welche die 117 Inseln der Stadt mit- einander verbinden, haben die Rialto-Brücke (Ponte di Rialto) und die Seufzerbrücke (Ponte dei sospiri), welch letztere aus dem Dogenpalast in die Gefängnisse führt, einen unverlöschbaren Weltruf erlangt, und die Volksmuse war und ist unerschöpflich, beide zu besingen; diese im tragischen, jene im romantischen Sinne.
Im Süden des mächtigen Stadtkernes von Venedig lagern, durch den breiten Canal della Giudecca von ihr geschieden, die beiden Inseln S. Giorgio Maggiore und Giudecca; auf ersterer erhebt sich gegenüber der Piazzetta in edlen majestätischen Formen das classische Bauwerk der Kuppelkirche S. Giorgio Maggiore, eines der imposantesten Meister- stücke des Andreo Palladio (1580). In der mit Kunstschätzen ausge- statteten, und zum anstossenden Benedictinerkloster gehörenden Kirche tagte im Jahre 1800 das Conclave, in welchem Pius VII. zum Papste erwählt wurde.
Die überwältigende Fülle der prächtigen altehrwürdigen Bau- werke, welche von hieraus mit einem Blicke zu überschauen sind, und in welchen ausnahmslos noch immer der frische Pulsschlag des Lebens wogt, drängt unwillkürlich den Gedanken wieder in die Vergangen- heit der Stadt zurück, die von keiner zerstörenden Katastrophe zu
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 6
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Venedig.
napoleonischen und jetzt savoischen Italiens zu verschiedenen Zeiten
den Platz am Top der schlanken Cedernmasten ein.
Von der herrlichen Centralgruppe der eben skizzirten ehrwür-
digen Monumente, die an den Dogenpalast sich anschliessen, fällt der
Blick zunächst auf den von Hunderten von Fahrzeugen belebten Canal
grande, der die Stadt in einer Doppelwindung als breite Verkehrs-
strasse durchzieht. Linker Hand auf dem Thurme des Zollamtes weiset
eine goldene Fortuna, auf gewaltiger Kugel schwebend, den Eingang
zum Canale. Den breiten Wasserweg, die grossartige Pulsader, zieren
die herrlichen Patricierpaläste der einstigen Venezia felix.
Die erlauchtesten Namen der venetianischen Geschichte sind hier
durch hervorragende, den verschiedenen Kunstperioden angehörende
Monumentalbauten verewigt. Der Canal grande ist dadurch zu einer
reichen Gallerie architektonischer Meisterwerke geworden, welche durch
den prächtigen Marmorbogen der Rialto-Brücke in räumlich gleiche
Theile geschieden wird.
Wie die überwiegende Mehrheit der venetianischen Gebäude, ruht
auch die Rialto-Brücke auf einem Fundament von eingerammten Pfählen;
12.000 Eichenstämme tragen die ungeheuere Last des stolzen Bau-
werkes, das 1588—1591 entstanden ist. Unter den 378 meist stei-
nernen venetianischen Brücken, welche die 117 Inseln der Stadt mit-
einander verbinden, haben die Rialto-Brücke (Ponte di Rialto) und die
Seufzerbrücke (Ponte dei sospiri), welch letztere aus dem Dogenpalast
in die Gefängnisse führt, einen unverlöschbaren Weltruf erlangt, und
die Volksmuse war und ist unerschöpflich, beide zu besingen; diese
im tragischen, jene im romantischen Sinne.
Im Süden des mächtigen Stadtkernes von Venedig lagern, durch
den breiten Canal della Giudecca von ihr geschieden, die beiden Inseln
S. Giorgio Maggiore und Giudecca; auf ersterer erhebt sich gegenüber
der Piazzetta in edlen majestätischen Formen das classische Bauwerk
der Kuppelkirche S. Giorgio Maggiore, eines der imposantesten Meister-
stücke des Andreo Palladio (1580). In der mit Kunstschätzen ausge-
statteten, und zum anstossenden Benedictinerkloster gehörenden Kirche
tagte im Jahre 1800 das Conclave, in welchem Pius VII. zum Papste
erwählt wurde.
Die überwältigende Fülle der prächtigen altehrwürdigen Bau-
werke, welche von hieraus mit einem Blicke zu überschauen sind, und
in welchen ausnahmslos noch immer der frische Pulsschlag des Lebens
wogt, drängt unwillkürlich den Gedanken wieder in die Vergangen-
heit der Stadt zurück, die von keiner zerstörenden Katastrophe zu
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 6
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/61>, abgerufen am 25.11.2024.
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