des Schöpfers auch im geringsten nichts be- nehmen, wenn man auch vor wahr annimmt, daß die Materie, aus welcher in denen an- geführten sechs Tagewercken, die Theile der Welt hervorgebracht worden, schon vorher geschaffen gewesen. Wie dieser neuerschaf- ne Erdboden ausgesehen habe, ist nun zwar nicht möglich genau zu bestimmen, es schei- net aber doch, daß man aus denen, in der Folge der Zeit an denselben geschehenen Ver- änderungen mit Wahrscheinlichkeit schlüssen könne, wie er ohngefehr ausgesehen. Wir wollen uns nicht besonders in die Meinungen verschiedener alter und neuer Naturkündiger einlassen, als welche so mancherley sind, daß man an denen meisten gleich am ersten Anse- hen wahrnimmt, wie starck eine lebhafte Ein- bildung bey deren Erfindung in dem Gehirne derer Versasser gewürcket habe. Die Chine- ser halten davor, die Erde sey anfänglich schwammig und locker gewesen, daher solche auch ohne Arbeit alle Früchte und Gewächse hervorgebracht habe. Noch andere meinen, der Erdboden sey Anfangs eben und ohne alle Berge gewesen, als welche erst durch die all- gemeine grosse Ueberschwemmung, oder auch durch andere Veränderungen entstanden wären. Allein diese Meinung ist gantz un- gegründet, weil solchergestalt erstlich gantz neue Theile des Erdbodens entstanden wären, welche Anfangs gemangelt, folglich die erst
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des Schoͤpfers auch im geringſten nichts be- nehmen, wenn man auch vor wahr annimmt, daß die Materie, aus welcher in denen an- gefuͤhrten ſechs Tagewercken, die Theile der Welt hervorgebracht worden, ſchon vorher geſchaffen geweſen. Wie dieſer neuerſchaf- ne Erdboden ausgeſehen habe, iſt nun zwar nicht moͤglich genau zu beſtimmen, es ſchei- net aber doch, daß man aus denen, in der Folge der Zeit an denſelben geſchehenen Ver- aͤnderungen mit Wahrſcheinlichkeit ſchluͤſſen koͤnne, wie er ohngefehr ausgeſehen. Wir wollen uns nicht beſonders in die Meinungen verſchiedener alter und neuer Naturkuͤndiger einlaſſen, als welche ſo mancherley ſind, daß man an denen meiſten gleich am erſten Anſe- hen wahrnimmt, wie ſtarck eine lebhafte Ein- bildung bey deren Erfindung in dem Gehirne derer Verſaſſer gewuͤrcket habe. Die Chine- ſer halten davor, die Erde ſey anfaͤnglich ſchwammig und locker geweſen, daher ſolche auch ohne Arbeit alle Fruͤchte und Gewaͤchſe hervorgebracht habe. Noch andere meinen, der Erdboden ſey Anfangs eben und ohne alle Berge geweſen, als welche erſt durch die all- gemeine groſſe Ueberſchwemmung, oder auch durch andere Veraͤnderungen entſtanden waͤren. Allein dieſe Meinung iſt gantz un- gegruͤndet, weil ſolchergeſtalt erſtlich gantz neue Theile des Erdbodens entſtanden waͤren, welche Anfangs gemangelt, folglich die erſt
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des Schoͤpfers auch im geringſten nichts be-
nehmen, wenn man auch vor wahr annimmt,
daß die Materie, aus welcher in denen an-
gefuͤhrten ſechs Tagewercken, die Theile der
Welt hervorgebracht worden, ſchon vorher
geſchaffen geweſen. Wie dieſer neuerſchaf-
ne Erdboden ausgeſehen habe, iſt nun zwar
nicht moͤglich genau zu beſtimmen, es ſchei-
net aber doch, daß man aus denen, in der
Folge der Zeit an denſelben geſchehenen Ver-
aͤnderungen mit Wahrſcheinlichkeit ſchluͤſſen
koͤnne, wie er ohngefehr ausgeſehen. Wir
wollen uns nicht beſonders in die Meinungen
verſchiedener alter und neuer Naturkuͤndiger
einlaſſen, als welche ſo mancherley ſind, daß
man an denen meiſten gleich am erſten Anſe-
hen wahrnimmt, wie ſtarck eine lebhafte Ein-
bildung bey deren Erfindung in dem Gehirne
derer Verſaſſer gewuͤrcket habe. Die Chine-
ſer halten davor, die Erde ſey anfaͤnglich
ſchwammig und locker geweſen, daher ſolche
auch ohne Arbeit alle Fruͤchte und Gewaͤchſe
hervorgebracht habe. Noch andere meinen,
der Erdboden ſey Anfangs eben und ohne alle
Berge geweſen, als welche erſt durch die all-
gemeine groſſe Ueberſchwemmung, oder auch
durch andere Veraͤnderungen entſtanden
waͤren. Allein dieſe Meinung iſt gantz un-
gegruͤndet, weil ſolchergeſtalt erſtlich gantz
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Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_versuch_1756/87>, abgerufen am 21.11.2024.
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