ex professe seine Welt so gebauet, daß sich sein System zu derselben, und zu allen von ihm daraus hergeleiteten Folgen schicken möch- te. Allein wo stehet es denn, daß die Welt bey der Schöpfung so beschaffen gewesen. Jst dieses nicht ein bloßes Postulatum von dem Herrn Moro? Daß die Welt aus Was- ser entstanden, wird niemand läugnen: daß aber die Spuhren der Veränderung des Erd- bodens, welche wir antreffen; daß alle Thäler Berge und Hügel ihr Daseyn der ersten Her- vorbringung und Auswickelung der Erde sollen zu dancken haben, ist keine Folge. Um so mehr, da hundert und noch mehr Er- fahrungen diesen Vorgeben, entgegen stehen. Noch weniger hat er uns gehörig nachgewie- sen, wie die Scheidung des trockenen von den flüßigen geschehen, wie hoch das süße Wasser Anfangs über den Erdboden gestan- den, wie viel davon weggefallen gewesen, als solches den zweyten Schöpfungstag nur noch 175 Klaftern hoch gestanden, noch weniger, wo dieses weggefallene Wasser hingekommen. Alle diese Meynungen sind also willkührlich von ihm angenommene Sätze. Wie hätte die Welt unter einer so großen Menge Wasser erhärten, und zu einer Steinrinde werden kön- nen? Woraus beweiset er uns die angegebene Höhe von 175 Klaftern? Gewiß aus der Höhe der höchsten Berge; Allein wo wird er ihre wahre Höhe hermessen, da er selbst sagt, die Erd-
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ex profeſſe ſeine Welt ſo gebauet, daß ſich ſein Syſtem zu derſelben, und zu allen von ihm daraus hergeleiteten Folgen ſchicken moͤch- te. Allein wo ſtehet es denn, daß die Welt bey der Schoͤpfung ſo beſchaffen geweſen. Jſt dieſes nicht ein bloßes Poſtulatum von dem Herrn Moro? Daß die Welt aus Waſ- ſer entſtanden, wird niemand laͤugnen: daß aber die Spuhren der Veraͤnderung des Erd- bodens, welche wir antreffen; daß alle Thaͤler Berge und Huͤgel ihr Daſeyn der erſten Her- vorbringung und Auswickelung der Erde ſollen zu dancken haben, iſt keine Folge. Um ſo mehr, da hundert und noch mehr Er- fahrungen dieſen Vorgeben, entgegen ſtehen. Noch weniger hat er uns gehoͤrig nachgewie- ſen, wie die Scheidung des trockenen von den fluͤßigen geſchehen, wie hoch das ſuͤße Waſſer Anfangs uͤber den Erdboden geſtan- den, wie viel davon weggefallen geweſen, als ſolches den zweyten Schoͤpfungstag nur noch 175 Klaftern hoch geſtanden, noch weniger, wo dieſes weggefallene Waſſer hingekommen. Alle dieſe Meynungen ſind alſo willkuͤhrlich von ihm angenommene Saͤtze. Wie haͤtte die Welt unter einer ſo großen Menge Waſſer erhaͤrten, und zu einer Steinrinde werden koͤn- nen? Woraus beweiſet er uns die angegebene Hoͤhe von 175 Klaftern? Gewiß aus der Hoͤhe der hoͤchſten Berge; Allein wo wird er ihre wahre Hoͤhe hermeſſen, da er ſelbſt ſagt, die Erd-
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ex profeſſe ſeine Welt ſo gebauet, daß ſich ſein
Syſtem zu derſelben, und zu allen von ihm
daraus hergeleiteten Folgen ſchicken moͤch-
te. Allein wo ſtehet es denn, daß die Welt
bey der Schoͤpfung ſo beſchaffen geweſen.
Jſt dieſes nicht ein bloßes Poſtulatum von
dem Herrn Moro? Daß die Welt aus Waſ-
ſer entſtanden, wird niemand laͤugnen: daß
aber die Spuhren der Veraͤnderung des Erd-
bodens, welche wir antreffen; daß alle Thaͤler
Berge und Huͤgel ihr Daſeyn der erſten Her-
vorbringung und Auswickelung der Erde
ſollen zu dancken haben, iſt keine Folge.
Um ſo mehr, da hundert und noch mehr Er-
fahrungen dieſen Vorgeben, entgegen ſtehen.
Noch weniger hat er uns gehoͤrig nachgewie-
ſen, wie die Scheidung des trockenen von
den fluͤßigen geſchehen, wie hoch das ſuͤße
Waſſer Anfangs uͤber den Erdboden geſtan-
den, wie viel davon weggefallen geweſen, als
ſolches den zweyten Schoͤpfungstag nur noch
175 Klaftern hoch geſtanden, noch weniger,
wo dieſes weggefallene Waſſer hingekommen.
Alle dieſe Meynungen ſind alſo willkuͤhrlich
von ihm angenommene Saͤtze. Wie haͤtte die
Welt unter einer ſo großen Menge Waſſer
erhaͤrten, und zu einer Steinrinde werden koͤn-
nen? Woraus beweiſet er uns die angegebene
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der hoͤchſten Berge; Allein wo wird er ihre
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Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_versuch_1756/124>, abgerufen am 16.02.2025.
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