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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Flusseisens.

In England pflegt die Zusammensetzung der Einsätze bei diesem
Verfahren ungefähr folgende 1) zu sein:

Graues Roheisen Nr. III     55 Proc.
Schmiedbares Eisen (Abfälle)     17.3 "
Spiegeleisen     5.4 "
Erz     20.0"
97.7 Proc.
Hierzu, nach Beendigung der Oxydation zur Beseitigung
des gelösten Sauerstoffgehaltes, Eisenmangan und
Siliciumeisen     2.3 "
100.0 Proc.

Selbstverständlich ist das reinste Erz für den in Rede stehenden
Zweck das geeignetste. Mit Vorliebe benutzt man auf englischen und
deutschen Eisenwerken die unter dem Namen Moktaerze aus Nord-
afrika eingeführten Rotheisenerze mit etwa 62 Proc. Eisengehalt. 2)

Von dem Eisengehalte dieser Erze wird nur ein Theil durch den
Kohlenstoff-, Silicium- und Mangangehalt des Eisens reducirt, ein
anderer Theil geht in die Schlacke. Nach Kupelwieser wird bei
einem Einsatze von der oben mitgetheilten Zusammensetzung ungefähr
die Hälfte des Eisengehaltes verschlackt. Das ist ein Umstand, durch
den allerdings der Vortheil des Erzzusatzes nicht unwesentlich abge-
schwächt wird und dessen Bedeutung natürlicherweise mit dem Preise
des Erzes steigt. Auf anderen Werken beschränkt man deshalb den
Erzzusatz auf eine geringere Menge und benutzt ihn bei Verarbeitung
siliciumreichen Roheisens hauptsächlich, um das Zurückbleiben eines
Siliciumgehaltes im Bade zu verhüten.

In jedem Falle wird das Erz erst zugesetzt, wenn das gesammte
Eisen vollständig in Fluss gekommen ist. Der Zusatz erfolgt ebenso
wie der des schmiedbaren Eisens in einzelnen kleineren Posten, damit
das Bad nicht allzu sehr abgekühlt und ein heftiges Aufkochen ver-
mieden werde.

Während dieser Arbeit wird das Bad mit eisernen Stangen mit-
unter umgerührt, um das Auflösen der Zusätze und die gleichmässige
Mischung zu befördern. Da die Schmelztemperatur des Metalles steigt,
je mehr der Kohlenstoffgehalt abnimmt, also je mehr schmiedbares
Eisen oder Erz zugesetzt wird, giebt man, je weiter der Process fort-
schreitet, immer kleinere Einsätze mit einem Male, um allzu starke
Abkühlung zu vermeiden, und steigert durch Regelung des Gas- und
Luftzuflusses die Temperatur mehr und mehr. Gegen Ende des Pro-
cesses muss das Metallbad so heiss sein, dass der Rührhaken schon
nach kurzem Durchrühren vorn abgeschmolzen ist.

Wenn der ganze Einsatz geschmolzen, der letzte, aus Eisenman-
gan oder Siliciumeisenmangan bestehende Zusatz aber noch nicht
gegeben ist, nimmt man gewöhnlich eine Probe, um sich von der Be-
schaffenheit des Metalles zu überzeugen. Taucht man eine kalte Eisen-
stange in das Eisenbad und zieht sie bald wieder heraus, so bleibt an
derselben eine Schlackenkruste sitzen, in der sich, wenn man die Stange

1) Oesterr. Ztschr. für Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 295 (Kupelwieser).
2) Vergl. S. 169.
Die Darstellung des Flusseisens.

In England pflegt die Zusammensetzung der Einsätze bei diesem
Verfahren ungefähr folgende 1) zu sein:

Graues Roheisen Nr. III     55 Proc.
Schmiedbares Eisen (Abfälle)     17.3 „
Spiegeleisen     5.4 „
Erz     20.0„
97.7 Proc.
Hierzu, nach Beendigung der Oxydation zur Beseitigung
des gelösten Sauerstoffgehaltes, Eisenmangan und
Siliciumeisen     2.3 „
100.0 Proc.

Selbstverständlich ist das reinste Erz für den in Rede stehenden
Zweck das geeignetste. Mit Vorliebe benutzt man auf englischen und
deutschen Eisenwerken die unter dem Namen Moktaerze aus Nord-
afrika eingeführten Rotheisenerze mit etwa 62 Proc. Eisengehalt. 2)

Von dem Eisengehalte dieser Erze wird nur ein Theil durch den
Kohlenstoff-, Silicium- und Mangangehalt des Eisens reducirt, ein
anderer Theil geht in die Schlacke. Nach Kupelwieser wird bei
einem Einsatze von der oben mitgetheilten Zusammensetzung ungefähr
die Hälfte des Eisengehaltes verschlackt. Das ist ein Umstand, durch
den allerdings der Vortheil des Erzzusatzes nicht unwesentlich abge-
schwächt wird und dessen Bedeutung natürlicherweise mit dem Preise
des Erzes steigt. Auf anderen Werken beschränkt man deshalb den
Erzzusatz auf eine geringere Menge und benutzt ihn bei Verarbeitung
siliciumreichen Roheisens hauptsächlich, um das Zurückbleiben eines
Siliciumgehaltes im Bade zu verhüten.

In jedem Falle wird das Erz erst zugesetzt, wenn das gesammte
Eisen vollständig in Fluss gekommen ist. Der Zusatz erfolgt ebenso
wie der des schmiedbaren Eisens in einzelnen kleineren Posten, damit
das Bad nicht allzu sehr abgekühlt und ein heftiges Aufkochen ver-
mieden werde.

Während dieser Arbeit wird das Bad mit eisernen Stangen mit-
unter umgerührt, um das Auflösen der Zusätze und die gleichmässige
Mischung zu befördern. Da die Schmelztemperatur des Metalles steigt,
je mehr der Kohlenstoffgehalt abnimmt, also je mehr schmiedbares
Eisen oder Erz zugesetzt wird, giebt man, je weiter der Process fort-
schreitet, immer kleinere Einsätze mit einem Male, um allzu starke
Abkühlung zu vermeiden, und steigert durch Regelung des Gas- und
Luftzuflusses die Temperatur mehr und mehr. Gegen Ende des Pro-
cesses muss das Metallbad so heiss sein, dass der Rührhaken schon
nach kurzem Durchrühren vorn abgeschmolzen ist.

Wenn der ganze Einsatz geschmolzen, der letzte, aus Eisenman-
gan oder Siliciumeisenmangan bestehende Zusatz aber noch nicht
gegeben ist, nimmt man gewöhnlich eine Probe, um sich von der Be-
schaffenheit des Metalles zu überzeugen. Taucht man eine kalte Eisen-
stange in das Eisenbad und zieht sie bald wieder heraus, so bleibt an
derselben eine Schlackenkruste sitzen, in der sich, wenn man die Stange

1) Oesterr. Ztschr. für Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 295 (Kupelwieser).
2) Vergl. S. 169.
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[868/0952] Die Darstellung des Flusseisens. In England pflegt die Zusammensetzung der Einsätze bei diesem Verfahren ungefähr folgende 1) zu sein: Graues Roheisen Nr. III 55 Proc. Schmiedbares Eisen (Abfälle) 17.3 „ Spiegeleisen 5.4 „ Erz 20.0„ 97.7 Proc. Hierzu, nach Beendigung der Oxydation zur Beseitigung des gelösten Sauerstoffgehaltes, Eisenmangan und Siliciumeisen 2.3 „ 100.0 Proc. Selbstverständlich ist das reinste Erz für den in Rede stehenden Zweck das geeignetste. Mit Vorliebe benutzt man auf englischen und deutschen Eisenwerken die unter dem Namen Moktaerze aus Nord- afrika eingeführten Rotheisenerze mit etwa 62 Proc. Eisengehalt. 2) Von dem Eisengehalte dieser Erze wird nur ein Theil durch den Kohlenstoff-, Silicium- und Mangangehalt des Eisens reducirt, ein anderer Theil geht in die Schlacke. Nach Kupelwieser wird bei einem Einsatze von der oben mitgetheilten Zusammensetzung ungefähr die Hälfte des Eisengehaltes verschlackt. Das ist ein Umstand, durch den allerdings der Vortheil des Erzzusatzes nicht unwesentlich abge- schwächt wird und dessen Bedeutung natürlicherweise mit dem Preise des Erzes steigt. Auf anderen Werken beschränkt man deshalb den Erzzusatz auf eine geringere Menge und benutzt ihn bei Verarbeitung siliciumreichen Roheisens hauptsächlich, um das Zurückbleiben eines Siliciumgehaltes im Bade zu verhüten. In jedem Falle wird das Erz erst zugesetzt, wenn das gesammte Eisen vollständig in Fluss gekommen ist. Der Zusatz erfolgt ebenso wie der des schmiedbaren Eisens in einzelnen kleineren Posten, damit das Bad nicht allzu sehr abgekühlt und ein heftiges Aufkochen ver- mieden werde. Während dieser Arbeit wird das Bad mit eisernen Stangen mit- unter umgerührt, um das Auflösen der Zusätze und die gleichmässige Mischung zu befördern. Da die Schmelztemperatur des Metalles steigt, je mehr der Kohlenstoffgehalt abnimmt, also je mehr schmiedbares Eisen oder Erz zugesetzt wird, giebt man, je weiter der Process fort- schreitet, immer kleinere Einsätze mit einem Male, um allzu starke Abkühlung zu vermeiden, und steigert durch Regelung des Gas- und Luftzuflusses die Temperatur mehr und mehr. Gegen Ende des Pro- cesses muss das Metallbad so heiss sein, dass der Rührhaken schon nach kurzem Durchrühren vorn abgeschmolzen ist. Wenn der ganze Einsatz geschmolzen, der letzte, aus Eisenman- gan oder Siliciumeisenmangan bestehende Zusatz aber noch nicht gegeben ist, nimmt man gewöhnlich eine Probe, um sich von der Be- schaffenheit des Metalles zu überzeugen. Taucht man eine kalte Eisen- stange in das Eisenbad und zieht sie bald wieder heraus, so bleibt an derselben eine Schlackenkruste sitzen, in der sich, wenn man die Stange 1) Oesterr. Ztschr. für Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 295 (Kupelwieser). 2) Vergl. S. 169.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 868. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/952>, abgerufen am 18.05.2024.