Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Darstellung des Flusseisens.
auch gattirt man mehrere Roheisensorten. Da Phosphor im Martinofen
mit Quarzboden nicht abgeschieden wird, muss hierauf Rücksicht ge-
nommen werden, damit der Phosphorgehalt des erfolgenden Flusseisens
nicht zu hoch ausfalle. Die Verwendung des letzteren muss hierfür
entscheidend sein. Eigentlicher Stahl verträgt, wie bekannt, nur sehr
wenig Phosphor; Eisenbahnschienen enthalten, zumal wenn sie mangan-
reich sind, mitunter 0.15 Proc. Phosphor oder noch etwas mehr.

In Oefen mit basischem Herdboden dagegen wird der Phosphor
abgeschieden, sofern man durch Zuschlag von Kalkstein die Bildung
einer stark basischen Schlacke befördert, und man verarbeitet hier
Roheisensorten mit bisweilen mehr als 1.5 Proc. Phosphor. Dem
eingesetzten Roheisen pflegt man in diesem Falle schon etwas Kalk-
stein zuzusetzen und zwar etwa 6 Proc. vom Gewichte des ganzen
Einsatzes.

Ist das Roheisen vollständig geschmolzen und stark erhitzt, so
beginnt nun das Einsetzen des schmiedbaren Eisens. Das Verhältniss
zwischen der Menge desselben und der Menge des eingesetzten Roh-
eisens muss, wie schon hervorgehoben wurde, von der Oxydations-
wirkung des Ofens, der chemischen Zusammensetzung beider Eisen-
gattungen und der beabsichtigten Zusammensetzung des darzustellenden
Eisens abhängig sein.

Verwendet man ein mangan- und siliciumreiches Roheisen und
hat man nicht Ursache, mit der Verwendung schmiedbaren Eisens
sparsam zu sein und aus diesem Grunde absichtlich stark oxydirend
zu arbeiten, so beträgt der Roheiseneinsatz häufig weniger als 10 Proc.
des ganzen Einsatzes; bei Verwendung weissstrahligen siliciumarmen
Roheisens mit etwa 2 Proc. Mangan pflegt man etwa 25 Theile Roh-
eisen neben 75 Theilen schmiedbarem Eisen einzusetzen; erfordern
aber die örtlichen Verhältnisse, d. i. die Preisverhältnisse zwischen dem
zur Verwendung stehenden Roheisen und schmiedbarem Eisen, mög-
lichste Sparsamkeit bei Verwendung des letzteren, so geht man mit
dem Roheisensatze mitunter auf 50--60 Proc. hinauf, besonders wenn
man kohlenstoffreicheres Eisen darzustellen beabsichtigt.

Die Verarbeitung eines nur aus Roheisen ohne schmiedbares Eisen
bestehenden Einsatzes durch Zusatz einer entsprechenden Menge von
Erzen oder anderen Eisenoxyden würde zwar theoretisch möglich sein;
der praktischen Durchführung eines solchen Verfahrens stellt sich jedoch
die Schwierigkeit entgegen, dass das kieselsäurereiche Herdfutter stark
durch die sich bildenden eisenreichen Schlacken angegriffen wird; auch
würde die Zeitdauer des Processes verlängert und der Brennstoffver-
brauch erhöht werden. Auch die Anwendung basischer Materialien zur
Herstellung des Herdfutters ist bis jetzt nicht im Stande gewesen, dem-
selben in solchen Fällen eine ausreichend lange Haltbarkeit zu sichern.
Kalk geht mit Eisenoxyd eine in Weissgluth schmelzbare Verbindung
ein (S. 191); ein Ofenfutter aus Magnesia zerfiel nach einigen Tagen
des Betriebes zu Pulver. 1)

Eine andere Methode, den Zusatz einer grösseren Roheisenmenge

1) Vergl. unter Literatur: Odelsterna, Notizen u. s. w.

Die Darstellung des Flusseisens.
auch gattirt man mehrere Roheisensorten. Da Phosphor im Martinofen
mit Quarzboden nicht abgeschieden wird, muss hierauf Rücksicht ge-
nommen werden, damit der Phosphorgehalt des erfolgenden Flusseisens
nicht zu hoch ausfalle. Die Verwendung des letzteren muss hierfür
entscheidend sein. Eigentlicher Stahl verträgt, wie bekannt, nur sehr
wenig Phosphor; Eisenbahnschienen enthalten, zumal wenn sie mangan-
reich sind, mitunter 0.15 Proc. Phosphor oder noch etwas mehr.

In Oefen mit basischem Herdboden dagegen wird der Phosphor
abgeschieden, sofern man durch Zuschlag von Kalkstein die Bildung
einer stark basischen Schlacke befördert, und man verarbeitet hier
Roheisensorten mit bisweilen mehr als 1.5 Proc. Phosphor. Dem
eingesetzten Roheisen pflegt man in diesem Falle schon etwas Kalk-
stein zuzusetzen und zwar etwa 6 Proc. vom Gewichte des ganzen
Einsatzes.

Ist das Roheisen vollständig geschmolzen und stark erhitzt, so
beginnt nun das Einsetzen des schmiedbaren Eisens. Das Verhältniss
zwischen der Menge desselben und der Menge des eingesetzten Roh-
eisens muss, wie schon hervorgehoben wurde, von der Oxydations-
wirkung des Ofens, der chemischen Zusammensetzung beider Eisen-
gattungen und der beabsichtigten Zusammensetzung des darzustellenden
Eisens abhängig sein.

Verwendet man ein mangan- und siliciumreiches Roheisen und
hat man nicht Ursache, mit der Verwendung schmiedbaren Eisens
sparsam zu sein und aus diesem Grunde absichtlich stark oxydirend
zu arbeiten, so beträgt der Roheiseneinsatz häufig weniger als 10 Proc.
des ganzen Einsatzes; bei Verwendung weissstrahligen siliciumarmen
Roheisens mit etwa 2 Proc. Mangan pflegt man etwa 25 Theile Roh-
eisen neben 75 Theilen schmiedbarem Eisen einzusetzen; erfordern
aber die örtlichen Verhältnisse, d. i. die Preisverhältnisse zwischen dem
zur Verwendung stehenden Roheisen und schmiedbarem Eisen, mög-
lichste Sparsamkeit bei Verwendung des letzteren, so geht man mit
dem Roheisensatze mitunter auf 50—60 Proc. hinauf, besonders wenn
man kohlenstoffreicheres Eisen darzustellen beabsichtigt.

Die Verarbeitung eines nur aus Roheisen ohne schmiedbares Eisen
bestehenden Einsatzes durch Zusatz einer entsprechenden Menge von
Erzen oder anderen Eisenoxyden würde zwar theoretisch möglich sein;
der praktischen Durchführung eines solchen Verfahrens stellt sich jedoch
die Schwierigkeit entgegen, dass das kieselsäurereiche Herdfutter stark
durch die sich bildenden eisenreichen Schlacken angegriffen wird; auch
würde die Zeitdauer des Processes verlängert und der Brennstoffver-
brauch erhöht werden. Auch die Anwendung basischer Materialien zur
Herstellung des Herdfutters ist bis jetzt nicht im Stande gewesen, dem-
selben in solchen Fällen eine ausreichend lange Haltbarkeit zu sichern.
Kalk geht mit Eisenoxyd eine in Weissgluth schmelzbare Verbindung
ein (S. 191); ein Ofenfutter aus Magnesia zerfiel nach einigen Tagen
des Betriebes zu Pulver. 1)

Eine andere Methode, den Zusatz einer grösseren Roheisenmenge

1) Vergl. unter Literatur: Odelsterna, Notizen u. s. w.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0950" n="866"/><fw place="top" type="header">Die Darstellung des Flusseisens.</fw><lb/>
auch gattirt man mehrere Roheisensorten. Da Phosphor im Martinofen<lb/>
mit Quarzboden nicht abgeschieden wird, muss hierauf Rücksicht ge-<lb/>
nommen werden, damit der Phosphorgehalt des erfolgenden Flusseisens<lb/>
nicht zu hoch ausfalle. Die Verwendung des letzteren muss hierfür<lb/>
entscheidend sein. Eigentlicher Stahl verträgt, wie bekannt, nur sehr<lb/>
wenig Phosphor; Eisenbahnschienen enthalten, zumal wenn sie mangan-<lb/>
reich sind, mitunter 0.<hi rendition="#sub">15</hi> Proc. Phosphor oder noch etwas mehr.</p><lb/>
              <p>In Oefen mit basischem Herdboden dagegen wird der Phosphor<lb/>
abgeschieden, sofern man durch Zuschlag von Kalkstein die Bildung<lb/>
einer stark basischen Schlacke befördert, und man verarbeitet hier<lb/>
Roheisensorten mit bisweilen mehr als 1.<hi rendition="#sub">5</hi> Proc. Phosphor. Dem<lb/>
eingesetzten Roheisen pflegt man in diesem Falle schon etwas Kalk-<lb/>
stein zuzusetzen und zwar etwa 6 Proc. vom Gewichte des ganzen<lb/>
Einsatzes.</p><lb/>
              <p>Ist das Roheisen vollständig geschmolzen und stark erhitzt, so<lb/>
beginnt nun das Einsetzen des schmiedbaren Eisens. Das Verhältniss<lb/>
zwischen der Menge desselben und der Menge des eingesetzten Roh-<lb/>
eisens muss, wie schon hervorgehoben wurde, von der Oxydations-<lb/>
wirkung des Ofens, der chemischen Zusammensetzung beider Eisen-<lb/>
gattungen und der beabsichtigten Zusammensetzung des darzustellenden<lb/>
Eisens abhängig sein.</p><lb/>
              <p>Verwendet man ein mangan- und siliciumreiches Roheisen und<lb/>
hat man nicht Ursache, mit der Verwendung schmiedbaren Eisens<lb/>
sparsam zu sein und aus diesem Grunde absichtlich stark oxydirend<lb/>
zu arbeiten, so beträgt der Roheiseneinsatz häufig weniger als 10 Proc.<lb/>
des ganzen Einsatzes; bei Verwendung weissstrahligen siliciumarmen<lb/>
Roheisens mit etwa 2 Proc. Mangan pflegt man etwa 25 Theile Roh-<lb/>
eisen neben 75 Theilen schmiedbarem Eisen einzusetzen; erfordern<lb/>
aber die örtlichen Verhältnisse, d. i. die Preisverhältnisse zwischen dem<lb/>
zur Verwendung stehenden Roheisen und schmiedbarem Eisen, mög-<lb/>
lichste Sparsamkeit bei Verwendung des letzteren, so geht man mit<lb/>
dem Roheisensatze mitunter auf 50&#x2014;60 Proc. hinauf, besonders wenn<lb/>
man kohlenstoffreicheres Eisen darzustellen beabsichtigt.</p><lb/>
              <p>Die Verarbeitung eines nur aus Roheisen ohne schmiedbares Eisen<lb/>
bestehenden Einsatzes durch Zusatz einer entsprechenden Menge von<lb/>
Erzen oder anderen Eisenoxyden würde zwar theoretisch möglich sein;<lb/>
der praktischen Durchführung eines solchen Verfahrens stellt sich jedoch<lb/>
die Schwierigkeit entgegen, dass das kieselsäurereiche Herdfutter stark<lb/>
durch die sich bildenden eisenreichen Schlacken angegriffen wird; auch<lb/>
würde die Zeitdauer des Processes verlängert und der Brennstoffver-<lb/>
brauch erhöht werden. Auch die Anwendung basischer Materialien zur<lb/>
Herstellung des Herdfutters ist bis jetzt nicht im Stande gewesen, dem-<lb/>
selben in solchen Fällen eine ausreichend lange Haltbarkeit zu sichern.<lb/>
Kalk geht mit Eisenoxyd eine in Weissgluth schmelzbare Verbindung<lb/>
ein (S. 191); ein Ofenfutter aus Magnesia zerfiel nach einigen Tagen<lb/>
des Betriebes zu Pulver. <note place="foot" n="1)">Vergl. unter Literatur: <hi rendition="#g">Odelsterna</hi>, Notizen u. s. w.</note></p><lb/>
              <p>Eine andere Methode, den Zusatz einer grösseren Roheisenmenge<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[866/0950] Die Darstellung des Flusseisens. auch gattirt man mehrere Roheisensorten. Da Phosphor im Martinofen mit Quarzboden nicht abgeschieden wird, muss hierauf Rücksicht ge- nommen werden, damit der Phosphorgehalt des erfolgenden Flusseisens nicht zu hoch ausfalle. Die Verwendung des letzteren muss hierfür entscheidend sein. Eigentlicher Stahl verträgt, wie bekannt, nur sehr wenig Phosphor; Eisenbahnschienen enthalten, zumal wenn sie mangan- reich sind, mitunter 0.15 Proc. Phosphor oder noch etwas mehr. In Oefen mit basischem Herdboden dagegen wird der Phosphor abgeschieden, sofern man durch Zuschlag von Kalkstein die Bildung einer stark basischen Schlacke befördert, und man verarbeitet hier Roheisensorten mit bisweilen mehr als 1.5 Proc. Phosphor. Dem eingesetzten Roheisen pflegt man in diesem Falle schon etwas Kalk- stein zuzusetzen und zwar etwa 6 Proc. vom Gewichte des ganzen Einsatzes. Ist das Roheisen vollständig geschmolzen und stark erhitzt, so beginnt nun das Einsetzen des schmiedbaren Eisens. Das Verhältniss zwischen der Menge desselben und der Menge des eingesetzten Roh- eisens muss, wie schon hervorgehoben wurde, von der Oxydations- wirkung des Ofens, der chemischen Zusammensetzung beider Eisen- gattungen und der beabsichtigten Zusammensetzung des darzustellenden Eisens abhängig sein. Verwendet man ein mangan- und siliciumreiches Roheisen und hat man nicht Ursache, mit der Verwendung schmiedbaren Eisens sparsam zu sein und aus diesem Grunde absichtlich stark oxydirend zu arbeiten, so beträgt der Roheiseneinsatz häufig weniger als 10 Proc. des ganzen Einsatzes; bei Verwendung weissstrahligen siliciumarmen Roheisens mit etwa 2 Proc. Mangan pflegt man etwa 25 Theile Roh- eisen neben 75 Theilen schmiedbarem Eisen einzusetzen; erfordern aber die örtlichen Verhältnisse, d. i. die Preisverhältnisse zwischen dem zur Verwendung stehenden Roheisen und schmiedbarem Eisen, mög- lichste Sparsamkeit bei Verwendung des letzteren, so geht man mit dem Roheisensatze mitunter auf 50—60 Proc. hinauf, besonders wenn man kohlenstoffreicheres Eisen darzustellen beabsichtigt. Die Verarbeitung eines nur aus Roheisen ohne schmiedbares Eisen bestehenden Einsatzes durch Zusatz einer entsprechenden Menge von Erzen oder anderen Eisenoxyden würde zwar theoretisch möglich sein; der praktischen Durchführung eines solchen Verfahrens stellt sich jedoch die Schwierigkeit entgegen, dass das kieselsäurereiche Herdfutter stark durch die sich bildenden eisenreichen Schlacken angegriffen wird; auch würde die Zeitdauer des Processes verlängert und der Brennstoffver- brauch erhöht werden. Auch die Anwendung basischer Materialien zur Herstellung des Herdfutters ist bis jetzt nicht im Stande gewesen, dem- selben in solchen Fällen eine ausreichend lange Haltbarkeit zu sichern. Kalk geht mit Eisenoxyd eine in Weissgluth schmelzbare Verbindung ein (S. 191); ein Ofenfutter aus Magnesia zerfiel nach einigen Tagen des Betriebes zu Pulver. 1) Eine andere Methode, den Zusatz einer grösseren Roheisenmenge 1) Vergl. unter Literatur: Odelsterna, Notizen u. s. w.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/950
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 866. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/950>, abgerufen am 18.05.2024.