Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Darstellung des Flusseisens.
scher Körper (Melasse, Mehl oder dergleichen) die nöthige Bildsamkeit
verleiht. 1)

Die Herstellung der Gussformen aus den erwähnten Materialien
geschieht im Wesentlichen in derselben Weise wie die Herstellung der
Gussformen in den Eisengiessereien. Eine Beschreibung des betreffen-
den, rein mechanischen Verfahrens gehört nicht in den Rahmen des
vorliegenden Werkes und kann in jedem Handbuche der Eisengiesserei
nachgesehen werden.

Wie schon oben angedeutet wurde und leicht sich erklärt, wächst
die Schwierigkeit der Herstellung brauchbarer Gussformen mit der
Schmelztemperatur des zum Gusse bestimmten Metalles; die Schmelz-
temperatur aber steigt, wie bekannt, in demselben Maasse, wie der
Kohlenstoffgehalt abnimmt. Während für die kohlenstoffreichsten, dem
Roheisen nahe stehenden Stahlsorten thatsächlich eben solche Guss-
formen wie zum Giessen des Gusseisens sich benutzen lassen und man
aus solchem Stahle sogar Abgüsse in gewöhnlichem, nicht getrocknetem
Formsande darstellt, sind für kohlenstoffärmeres, weniger hartes aber
auch weniger sprödes Eisen nur Gussformen brauchbar, welche den
höchsten Grad von Unschmelzbarkeit besitzen. In den ersten Jahr-
zehnten, nachdem man gelernt hatte, Gusswaaren aus schmiedbarem
Eisen durch unmittelbares Eingiessen desselben in Formen zu erzeugen,
beschränkte man aus jener Ursache die Anwendung des Verfahrens
auf die Verarbeitung des eigentlichen Stahles, dessen Kohlenstoffgehalt
selten erheblich weniger als 1 Procent zu betragen pflegte; erst in
neuerer Zeit hat man die Technik des Schmelzens sowohl2) als der Her-
stellung der Gussformen soweit vervollkommnet, um auch kohlenstoff-
ärmeres Eisen zu Gusswaaren verarbeiten zu können.

Jene Gussformen aus bildsamem Materiale aber, welche für den
besprochenen Zweck unentbehrlich sind, lassen sich nur für einen ein-
maligen Guss benutzen. Beim Gusse selbst wie bei der Schwindung
des Metalles und dem Herausnehmen des Abgusses werden sie be-
schädigt, und für jeden neuen Guss müssen sie -- wie es ja auch bei
der Herstellung von Abgüssen aus anderen Metallen in derartigen
Gussformen der Fall ist -- neu hergestellt werden.

Der zuletzt erwähnte Uebelstand der Gussformen aus bildsamem
Materiale -- ihre nur einmalige Benutzungsfähigkeit -- ist bei der
zweiten Gruppe von Gussformen vermieden, welche aus festem Guss-
eisen oder auch aus Stahl gegossen werden. Wie schon erörtert wurde,
ermöglichen sie nur die Herstellung ganz einfach gestalteter Abgüsse,
deren Zusammenziehung nach dem Gusse nicht durch die Wände der
Gussform behindert ist und deren Querschnittsabmessungen reichlich

1) H. D. Cowing in Cleveland (V. St.) liess sich die Anwendung dieses Mate-
riales patentiren. D. R. P. Nr. 10114.
2) Es kommt hier in Betracht, dass bei der Herstellung des Formgusses eine
oft starke Ueberhitzung des Metalles über seinen Schmelzpunkt hinaus erforderlich ist,
damit es geeignet sei, die gewöhnlich ziemlich schwachen Querschnitte der Guss-
formen, ohne vorzeitig zu erstarren, auszufüllen; und jene Ueberhitzung muss um
so beträchtlicher sein, damit noch vor dem Giessen das für die Erzielung dichter
Abgüsse förderliche Abstehen (S. 817) möglich sei.

Die Darstellung des Flusseisens.
scher Körper (Melasse, Mehl oder dergleichen) die nöthige Bildsamkeit
verleiht. 1)

Die Herstellung der Gussformen aus den erwähnten Materialien
geschieht im Wesentlichen in derselben Weise wie die Herstellung der
Gussformen in den Eisengiessereien. Eine Beschreibung des betreffen-
den, rein mechanischen Verfahrens gehört nicht in den Rahmen des
vorliegenden Werkes und kann in jedem Handbuche der Eisengiesserei
nachgesehen werden.

Wie schon oben angedeutet wurde und leicht sich erklärt, wächst
die Schwierigkeit der Herstellung brauchbarer Gussformen mit der
Schmelztemperatur des zum Gusse bestimmten Metalles; die Schmelz-
temperatur aber steigt, wie bekannt, in demselben Maasse, wie der
Kohlenstoffgehalt abnimmt. Während für die kohlenstoffreichsten, dem
Roheisen nahe stehenden Stahlsorten thatsächlich eben solche Guss-
formen wie zum Giessen des Gusseisens sich benutzen lassen und man
aus solchem Stahle sogar Abgüsse in gewöhnlichem, nicht getrocknetem
Formsande darstellt, sind für kohlenstoffärmeres, weniger hartes aber
auch weniger sprödes Eisen nur Gussformen brauchbar, welche den
höchsten Grad von Unschmelzbarkeit besitzen. In den ersten Jahr-
zehnten, nachdem man gelernt hatte, Gusswaaren aus schmiedbarem
Eisen durch unmittelbares Eingiessen desselben in Formen zu erzeugen,
beschränkte man aus jener Ursache die Anwendung des Verfahrens
auf die Verarbeitung des eigentlichen Stahles, dessen Kohlenstoffgehalt
selten erheblich weniger als 1 Procent zu betragen pflegte; erst in
neuerer Zeit hat man die Technik des Schmelzens sowohl2) als der Her-
stellung der Gussformen soweit vervollkommnet, um auch kohlenstoff-
ärmeres Eisen zu Gusswaaren verarbeiten zu können.

Jene Gussformen aus bildsamem Materiale aber, welche für den
besprochenen Zweck unentbehrlich sind, lassen sich nur für einen ein-
maligen Guss benutzen. Beim Gusse selbst wie bei der Schwindung
des Metalles und dem Herausnehmen des Abgusses werden sie be-
schädigt, und für jeden neuen Guss müssen sie — wie es ja auch bei
der Herstellung von Abgüssen aus anderen Metallen in derartigen
Gussformen der Fall ist — neu hergestellt werden.

Der zuletzt erwähnte Uebelstand der Gussformen aus bildsamem
Materiale — ihre nur einmalige Benutzungsfähigkeit — ist bei der
zweiten Gruppe von Gussformen vermieden, welche aus festem Guss-
eisen oder auch aus Stahl gegossen werden. Wie schon erörtert wurde,
ermöglichen sie nur die Herstellung ganz einfach gestalteter Abgüsse,
deren Zusammenziehung nach dem Gusse nicht durch die Wände der
Gussform behindert ist und deren Querschnittsabmessungen reichlich

1) H. D. Cowing in Cleveland (V. St.) liess sich die Anwendung dieses Mate-
riales patentiren. D. R. P. Nr. 10114.
2) Es kommt hier in Betracht, dass bei der Herstellung des Formgusses eine
oft starke Ueberhitzung des Metalles über seinen Schmelzpunkt hinaus erforderlich ist,
damit es geeignet sei, die gewöhnlich ziemlich schwachen Querschnitte der Guss-
formen, ohne vorzeitig zu erstarren, auszufüllen; und jene Ueberhitzung muss um
so beträchtlicher sein, damit noch vor dem Giessen das für die Erzielung dichter
Abgüsse förderliche Abstehen (S. 817) möglich sei.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0912" n="832"/><fw place="top" type="header">Die Darstellung des Flusseisens.</fw><lb/>
scher Körper (Melasse, Mehl oder dergleichen) die nöthige Bildsamkeit<lb/>
verleiht. <note place="foot" n="1)">H. D. <hi rendition="#g">Cowing</hi> in Cleveland (V. St.) liess sich die Anwendung dieses Mate-<lb/>
riales patentiren. D. R. P. Nr. 10114.</note></p><lb/>
            <p>Die Herstellung der Gussformen aus den erwähnten Materialien<lb/>
geschieht im Wesentlichen in derselben Weise wie die Herstellung der<lb/>
Gussformen in den Eisengiessereien. Eine Beschreibung des betreffen-<lb/>
den, rein mechanischen Verfahrens gehört nicht in den Rahmen des<lb/>
vorliegenden Werkes und kann in jedem Handbuche der Eisengiesserei<lb/>
nachgesehen werden.</p><lb/>
            <p>Wie schon oben angedeutet wurde und leicht sich erklärt, wächst<lb/>
die Schwierigkeit der Herstellung brauchbarer Gussformen mit der<lb/>
Schmelztemperatur des zum Gusse bestimmten Metalles; die Schmelz-<lb/>
temperatur aber steigt, wie bekannt, in demselben Maasse, wie der<lb/>
Kohlenstoffgehalt abnimmt. Während für die kohlenstoffreichsten, dem<lb/>
Roheisen nahe stehenden Stahlsorten thatsächlich eben solche Guss-<lb/>
formen wie zum Giessen des Gusseisens sich benutzen lassen und man<lb/>
aus solchem Stahle sogar Abgüsse in gewöhnlichem, nicht getrocknetem<lb/>
Formsande darstellt, sind für kohlenstoffärmeres, weniger hartes aber<lb/>
auch weniger sprödes Eisen nur Gussformen brauchbar, welche den<lb/>
höchsten Grad von Unschmelzbarkeit besitzen. In den ersten Jahr-<lb/>
zehnten, nachdem man gelernt hatte, Gusswaaren aus schmiedbarem<lb/>
Eisen durch unmittelbares Eingiessen desselben in Formen zu erzeugen,<lb/>
beschränkte man aus jener Ursache die Anwendung des Verfahrens<lb/>
auf die Verarbeitung des eigentlichen Stahles, dessen Kohlenstoffgehalt<lb/>
selten erheblich weniger als 1 Procent zu betragen pflegte; erst in<lb/>
neuerer Zeit hat man die Technik des Schmelzens sowohl<note place="foot" n="2)">Es kommt hier in Betracht, dass bei der Herstellung des Formgusses eine<lb/>
oft starke Ueberhitzung des Metalles über seinen Schmelzpunkt hinaus erforderlich ist,<lb/>
damit es geeignet sei, die gewöhnlich ziemlich schwachen Querschnitte der Guss-<lb/>
formen, ohne vorzeitig zu erstarren, auszufüllen; und jene Ueberhitzung muss um<lb/>
so beträchtlicher sein, damit noch <hi rendition="#g">vor</hi> dem Giessen das für die Erzielung dichter<lb/>
Abgüsse förderliche Abstehen (S. 817) möglich sei.</note> als der Her-<lb/>
stellung der Gussformen soweit vervollkommnet, um auch kohlenstoff-<lb/>
ärmeres Eisen zu Gusswaaren verarbeiten zu können.</p><lb/>
            <p>Jene Gussformen aus bildsamem Materiale aber, welche für den<lb/>
besprochenen Zweck unentbehrlich sind, lassen sich nur für einen ein-<lb/>
maligen Guss benutzen. Beim Gusse selbst wie bei der Schwindung<lb/>
des Metalles und dem Herausnehmen des Abgusses werden sie be-<lb/>
schädigt, und für jeden neuen Guss müssen sie &#x2014; wie es ja auch bei<lb/>
der Herstellung von Abgüssen aus anderen Metallen in derartigen<lb/>
Gussformen der Fall ist &#x2014; neu hergestellt werden.</p><lb/>
            <p>Der zuletzt erwähnte Uebelstand der Gussformen aus bildsamem<lb/>
Materiale &#x2014; ihre nur einmalige Benutzungsfähigkeit &#x2014; ist bei der<lb/>
zweiten Gruppe von Gussformen vermieden, welche aus festem Guss-<lb/>
eisen oder auch aus Stahl gegossen werden. Wie schon erörtert wurde,<lb/>
ermöglichen sie nur die Herstellung ganz einfach gestalteter Abgüsse,<lb/>
deren Zusammenziehung nach dem Gusse nicht durch die Wände der<lb/>
Gussform behindert ist und deren Querschnittsabmessungen reichlich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[832/0912] Die Darstellung des Flusseisens. scher Körper (Melasse, Mehl oder dergleichen) die nöthige Bildsamkeit verleiht. 1) Die Herstellung der Gussformen aus den erwähnten Materialien geschieht im Wesentlichen in derselben Weise wie die Herstellung der Gussformen in den Eisengiessereien. Eine Beschreibung des betreffen- den, rein mechanischen Verfahrens gehört nicht in den Rahmen des vorliegenden Werkes und kann in jedem Handbuche der Eisengiesserei nachgesehen werden. Wie schon oben angedeutet wurde und leicht sich erklärt, wächst die Schwierigkeit der Herstellung brauchbarer Gussformen mit der Schmelztemperatur des zum Gusse bestimmten Metalles; die Schmelz- temperatur aber steigt, wie bekannt, in demselben Maasse, wie der Kohlenstoffgehalt abnimmt. Während für die kohlenstoffreichsten, dem Roheisen nahe stehenden Stahlsorten thatsächlich eben solche Guss- formen wie zum Giessen des Gusseisens sich benutzen lassen und man aus solchem Stahle sogar Abgüsse in gewöhnlichem, nicht getrocknetem Formsande darstellt, sind für kohlenstoffärmeres, weniger hartes aber auch weniger sprödes Eisen nur Gussformen brauchbar, welche den höchsten Grad von Unschmelzbarkeit besitzen. In den ersten Jahr- zehnten, nachdem man gelernt hatte, Gusswaaren aus schmiedbarem Eisen durch unmittelbares Eingiessen desselben in Formen zu erzeugen, beschränkte man aus jener Ursache die Anwendung des Verfahrens auf die Verarbeitung des eigentlichen Stahles, dessen Kohlenstoffgehalt selten erheblich weniger als 1 Procent zu betragen pflegte; erst in neuerer Zeit hat man die Technik des Schmelzens sowohl 2) als der Her- stellung der Gussformen soweit vervollkommnet, um auch kohlenstoff- ärmeres Eisen zu Gusswaaren verarbeiten zu können. Jene Gussformen aus bildsamem Materiale aber, welche für den besprochenen Zweck unentbehrlich sind, lassen sich nur für einen ein- maligen Guss benutzen. Beim Gusse selbst wie bei der Schwindung des Metalles und dem Herausnehmen des Abgusses werden sie be- schädigt, und für jeden neuen Guss müssen sie — wie es ja auch bei der Herstellung von Abgüssen aus anderen Metallen in derartigen Gussformen der Fall ist — neu hergestellt werden. Der zuletzt erwähnte Uebelstand der Gussformen aus bildsamem Materiale — ihre nur einmalige Benutzungsfähigkeit — ist bei der zweiten Gruppe von Gussformen vermieden, welche aus festem Guss- eisen oder auch aus Stahl gegossen werden. Wie schon erörtert wurde, ermöglichen sie nur die Herstellung ganz einfach gestalteter Abgüsse, deren Zusammenziehung nach dem Gusse nicht durch die Wände der Gussform behindert ist und deren Querschnittsabmessungen reichlich 1) H. D. Cowing in Cleveland (V. St.) liess sich die Anwendung dieses Mate- riales patentiren. D. R. P. Nr. 10114. 2) Es kommt hier in Betracht, dass bei der Herstellung des Formgusses eine oft starke Ueberhitzung des Metalles über seinen Schmelzpunkt hinaus erforderlich ist, damit es geeignet sei, die gewöhnlich ziemlich schwachen Querschnitte der Guss- formen, ohne vorzeitig zu erstarren, auszufüllen; und jene Ueberhitzung muss um so beträchtlicher sein, damit noch vor dem Giessen das für die Erzielung dichter Abgüsse förderliche Abstehen (S. 817) möglich sei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/912
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/912>, abgerufen am 18.05.2024.