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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Siemensprocess.
Lage gleichmässig vertheilt, so lässt man sie erstarren, bringt eine
zweite darauf u. s. f., bis das Schlackenfutter eine Stärke von 150 bis
200 mm erreicht hat. Zuletzt wirft man grössere Brocken Rotheisen-
erz oder eisenreicher Schlacke hinein, so dass sie in dem Futter fest-
schmelzen, diesem aber eine rauhe Aussenfläche ertheilen, welche das
Gleiten der in Verarbeitung befindlichen Erze und Kohlen bei der
Drehung verhüten soll. Dieselben sollen rollen, sich überstürzen und
auf solche Weise sich stets aufs neue mischen. Eine neuere von
Siemens getroffene Einrichtung zu demselben Zwecke ist die An-
bringung von Längsrippen, welche durch Einlegen von wassergekühlten
und mit dem Schlackenfutter überzogenen Eisenröhren gebildet werden.
Die Zeitdauer für die Herstellung des Schlackenfutters ist 24--48.
Stunden.

Als Material für die Eisendarstellung benutzte man in Towcester
theils ein thoniges in der Nähe der Hütte vorkommendes Erz, welches
im gerösteten Zustande etwa 40 Proc. Eisen und mehr als 2 Proc.
Phosphorsäure enthielt, daneben geröstete Kohleneisensteine mit ca.
60 Proc. Eisen und etwas Schweissofenschlacke; auf einem amerikani-
schen Werke (Tyrone forges bei Altona in Pennsylvanien) verwendet
man Brauneisenerze mit 52--58 Proc. Eisen und 0.06--0.16 Proc.
Phosphor. Als Zuschlag dient Kalkstein in solchen Mengen, dass eine
mässig basische Schlacke entsteht. Eine zu kieselsäurereiche Schlacke
würde das Schlackenfutter stark angreifen und eine reichlichere Ver-
schlackung des Eisens befördern; eine allzu basische Schlacke dagegen
ist zu strengflüssig, sondert sich schwierig von dem Eisen und setzt
sich am Ofenfutter fest.

Als Reductionskohle dient Steinkohle; am geeignetsten ist eine
fette, gasreiche Kohle, welche leicht oxydirbar ist und deshalb kräftig
reducirend wirkt. Die Menge des Steinkohlenzusatzes richtet sich nach
dem Eisengehalte der Erze und pflegt ein Sechstel bis ein Viertel des
Erz- und Zuschlagsgewichtes zu betragen.

Die Erze werden auf Erbsen- bis Bohnengrösse, die Kohlen auf
Weizenkorngrösse oder noch feiner zerkleint und das Ganze gemischt.
Das Gesammtgewicht des Einsatzes pflegt bei den neueren, grösseren
Oefen etwa 21/2 t zu betragen, während man den älteren Oefen nur
etwa die Hälfte dieses Einsatzes gab; z. B.

Aelterer Ofen zu Towcester im Jahre 1877:

Geröstetes Towcester-Erz     425 kg
Gerösteter Kohleneisenstein     350 "
Schweissofenschlacke     100 "
Kalkstein     50 "
Steinkohle     275 "
1200 kg.

Neuerer Ofen zu Tyrone im Jahre 1879:

Erz     2000 kg
Schlacke     400 "
Kalkstein     125 "
Steinkohle     325 "
2840 kg.

Der Siemensprocess.
Lage gleichmässig vertheilt, so lässt man sie erstarren, bringt eine
zweite darauf u. s. f., bis das Schlackenfutter eine Stärke von 150 bis
200 mm erreicht hat. Zuletzt wirft man grössere Brocken Rotheisen-
erz oder eisenreicher Schlacke hinein, so dass sie in dem Futter fest-
schmelzen, diesem aber eine rauhe Aussenfläche ertheilen, welche das
Gleiten der in Verarbeitung befindlichen Erze und Kohlen bei der
Drehung verhüten soll. Dieselben sollen rollen, sich überstürzen und
auf solche Weise sich stets aufs neue mischen. Eine neuere von
Siemens getroffene Einrichtung zu demselben Zwecke ist die An-
bringung von Längsrippen, welche durch Einlegen von wassergekühlten
und mit dem Schlackenfutter überzogenen Eisenröhren gebildet werden.
Die Zeitdauer für die Herstellung des Schlackenfutters ist 24—48.
Stunden.

Als Material für die Eisendarstellung benutzte man in Towcester
theils ein thoniges in der Nähe der Hütte vorkommendes Erz, welches
im gerösteten Zustande etwa 40 Proc. Eisen und mehr als 2 Proc.
Phosphorsäure enthielt, daneben geröstete Kohleneisensteine mit ca.
60 Proc. Eisen und etwas Schweissofenschlacke; auf einem amerikani-
schen Werke (Tyrone forges bei Altona in Pennsylvanien) verwendet
man Brauneisenerze mit 52—58 Proc. Eisen und 0.06—0.16 Proc.
Phosphor. Als Zuschlag dient Kalkstein in solchen Mengen, dass eine
mässig basische Schlacke entsteht. Eine zu kieselsäurereiche Schlacke
würde das Schlackenfutter stark angreifen und eine reichlichere Ver-
schlackung des Eisens befördern; eine allzu basische Schlacke dagegen
ist zu strengflüssig, sondert sich schwierig von dem Eisen und setzt
sich am Ofenfutter fest.

Als Reductionskohle dient Steinkohle; am geeignetsten ist eine
fette, gasreiche Kohle, welche leicht oxydirbar ist und deshalb kräftig
reducirend wirkt. Die Menge des Steinkohlenzusatzes richtet sich nach
dem Eisengehalte der Erze und pflegt ein Sechstel bis ein Viertel des
Erz- und Zuschlagsgewichtes zu betragen.

Die Erze werden auf Erbsen- bis Bohnengrösse, die Kohlen auf
Weizenkorngrösse oder noch feiner zerkleint und das Ganze gemischt.
Das Gesammtgewicht des Einsatzes pflegt bei den neueren, grösseren
Oefen etwa 2½ t zu betragen, während man den älteren Oefen nur
etwa die Hälfte dieses Einsatzes gab; z. B.

Aelterer Ofen zu Towcester im Jahre 1877:

Geröstetes Towcester-Erz     425 kg
Gerösteter Kohleneisenstein     350 „
Schweissofenschlacke     100 „
Kalkstein     50 „
Steinkohle     275 „
1200 kg.

Neuerer Ofen zu Tyrone im Jahre 1879:

Erz     2000 kg
Schlacke     400 „
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[751/0823] Der Siemensprocess. Lage gleichmässig vertheilt, so lässt man sie erstarren, bringt eine zweite darauf u. s. f., bis das Schlackenfutter eine Stärke von 150 bis 200 mm erreicht hat. Zuletzt wirft man grössere Brocken Rotheisen- erz oder eisenreicher Schlacke hinein, so dass sie in dem Futter fest- schmelzen, diesem aber eine rauhe Aussenfläche ertheilen, welche das Gleiten der in Verarbeitung befindlichen Erze und Kohlen bei der Drehung verhüten soll. Dieselben sollen rollen, sich überstürzen und auf solche Weise sich stets aufs neue mischen. Eine neuere von Siemens getroffene Einrichtung zu demselben Zwecke ist die An- bringung von Längsrippen, welche durch Einlegen von wassergekühlten und mit dem Schlackenfutter überzogenen Eisenröhren gebildet werden. Die Zeitdauer für die Herstellung des Schlackenfutters ist 24—48. Stunden. Als Material für die Eisendarstellung benutzte man in Towcester theils ein thoniges in der Nähe der Hütte vorkommendes Erz, welches im gerösteten Zustande etwa 40 Proc. Eisen und mehr als 2 Proc. Phosphorsäure enthielt, daneben geröstete Kohleneisensteine mit ca. 60 Proc. Eisen und etwas Schweissofenschlacke; auf einem amerikani- schen Werke (Tyrone forges bei Altona in Pennsylvanien) verwendet man Brauneisenerze mit 52—58 Proc. Eisen und 0.06—0.16 Proc. Phosphor. Als Zuschlag dient Kalkstein in solchen Mengen, dass eine mässig basische Schlacke entsteht. Eine zu kieselsäurereiche Schlacke würde das Schlackenfutter stark angreifen und eine reichlichere Ver- schlackung des Eisens befördern; eine allzu basische Schlacke dagegen ist zu strengflüssig, sondert sich schwierig von dem Eisen und setzt sich am Ofenfutter fest. Als Reductionskohle dient Steinkohle; am geeignetsten ist eine fette, gasreiche Kohle, welche leicht oxydirbar ist und deshalb kräftig reducirend wirkt. Die Menge des Steinkohlenzusatzes richtet sich nach dem Eisengehalte der Erze und pflegt ein Sechstel bis ein Viertel des Erz- und Zuschlagsgewichtes zu betragen. Die Erze werden auf Erbsen- bis Bohnengrösse, die Kohlen auf Weizenkorngrösse oder noch feiner zerkleint und das Ganze gemischt. Das Gesammtgewicht des Einsatzes pflegt bei den neueren, grösseren Oefen etwa 2½ t zu betragen, während man den älteren Oefen nur etwa die Hälfte dieses Einsatzes gab; z. B. Aelterer Ofen zu Towcester im Jahre 1877: Geröstetes Towcester-Erz 425 kg Gerösteter Kohleneisenstein 350 „ Schweissofenschlacke 100 „ Kalkstein 50 „ Steinkohle 275 „ 1200 kg. Neuerer Ofen zu Tyrone im Jahre 1879: Erz 2000 kg Schlacke 400 „ Kalkstein 125 „ Steinkohle 325 „ 2840 kg.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 751. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/823>, abgerufen am 18.06.2024.