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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Schlagprobe. Zerreissprobe.
Phosphor rissen oft schon beim ersten Schlage, ertrugen dagegen aus
nur 1.5 m Fallhöhe 4--11 Schläge; Staffordshireblech mit 0.24 Proc.
Phosphor brach schon beim ersten Schlage aus 1 m Höhe. 1)

Die Wurfprobe wird mitunter (besonders beim Herdfrischfeuer-
betriebe) zur Prüfung von Stangeneisen angewendet. Ein Arbeiter hebt
die zu prüfende Stange, welche eine Länge von 3--4 m haben kann,
mit gestreckten Armen über den Scheitel empor und wirft sie in hori-
zontaler Lage mit voller Wucht quer auf die schmale Bahn eines am
Boden aufgestellten gusseisernen Amboses; und zwar mehrmals nach
einander mit verschiedenen Stellen. Kaltbrüchiges oder schlecht ge-
schweisstes Eisen zerspringt hierbei.

e) Zerreissprobe. Dieselbe bezweckt die Ermittelung der Zer-
reissungsfestigkeit des zu untersuchenden Eisens sowie der sonstigen
zu dieser in Beziehung stehenden Eigenschaften (Ausdehnungsfähigkeit,
Elasticität u. s. w.). Sie ist wichtig in allen Fällen, wo das Eisen auf
Zerreissungsfestigkeit in Anspruch genommen wird und wo durch den
Bruch ein grösserer Unglücksfall herbeigeführt werden kann; und da
zu der Zerreissungsfestigkeit des schmiedbaren Eisens auch die relative
(Durchbiegungs-) Festigkeit in naher Beziehung zu stehen pflegt, eine
Prüfung auf erstere aber in Rücksicht auf die grosse Biegsamkeit
dünnerer Stäbe aus schmiedbarem Eisen gewöhnlich leichter durch-
führbar ist als letztere, so pflegt man die Zerreissprobe überhaupt da
anzuwenden, wo eine gewisse Festigkeit des Eisens unumgänglich noth-
wendig ist, damit der aus demselben dargestellte Gebrauchsgegenstand
-- die Eisenbahnschiene, der Träger, der Dampfkessel u. s. w. --
seinen Zweck ohne Gefahr für Leben und Gesundheit der Menschen
erfülle.

Zur Ausführung der Zerreissprobe ist eine Festigkeitsprobirma-
schine erforderlich, welche in ziemlich verschiedener Weise eingerichtet
sein kann. 2) Der auszuübende Druck wird entweder durch allmähliche
Gewichtsbelastung hervorgebracht und durch ein Hebelsystem verviel-
fältigt; oder man benutzt hydraulischen Druck.

Da jede derartige Maschine nur für eine bestimmte Maximal-
belastung eingerichtet sein kann, so kommt es darauf an, wenn stärkere
Eisensorten probirt werden sollen, Probirstücke aus denselben von
solchen Querschnittsabmessungen herzustellen, als der Leistungsfähigkeit
der Maschine entspricht. Schmieden oder Auswalzen des Probestückes
auf jene Abmessungen muss jedoch in Rücksicht auf die früher be-
sprochenen Einflüsse dieser Arbeiten auf die Festigkeitseigenschaften
des Eisens ausgeschlossen sein, sofern man genaue Ergebnisse über
das Maass dieser Eigenschaften bei dem ursprünglich vorhandenen
Eisenstücke erhalten will; es ist vielmehr erforderlich, auf der Dreh-
bank oder Hobelmaschine das Probestück aus dem vollen Eisen heraus-
zuarbeiten.

1) v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung in Paris im Jahre
1878, S. 172.
2) Näheres über die Einrichtung solcher in der Praxis bewährter Probir-
maschinen unter Literatur.
43*

Schlagprobe. Zerreissprobe.
Phosphor rissen oft schon beim ersten Schlage, ertrugen dagegen aus
nur 1.5 m Fallhöhe 4—11 Schläge; Staffordshireblech mit 0.24 Proc.
Phosphor brach schon beim ersten Schlage aus 1 m Höhe. 1)

Die Wurfprobe wird mitunter (besonders beim Herdfrischfeuer-
betriebe) zur Prüfung von Stangeneisen angewendet. Ein Arbeiter hebt
die zu prüfende Stange, welche eine Länge von 3—4 m haben kann,
mit gestreckten Armen über den Scheitel empor und wirft sie in hori-
zontaler Lage mit voller Wucht quer auf die schmale Bahn eines am
Boden aufgestellten gusseisernen Amboses; und zwar mehrmals nach
einander mit verschiedenen Stellen. Kaltbrüchiges oder schlecht ge-
schweisstes Eisen zerspringt hierbei.

e) Zerreissprobe. Dieselbe bezweckt die Ermittelung der Zer-
reissungsfestigkeit des zu untersuchenden Eisens sowie der sonstigen
zu dieser in Beziehung stehenden Eigenschaften (Ausdehnungsfähigkeit,
Elasticität u. s. w.). Sie ist wichtig in allen Fällen, wo das Eisen auf
Zerreissungsfestigkeit in Anspruch genommen wird und wo durch den
Bruch ein grösserer Unglücksfall herbeigeführt werden kann; und da
zu der Zerreissungsfestigkeit des schmiedbaren Eisens auch die relative
(Durchbiegungs-) Festigkeit in naher Beziehung zu stehen pflegt, eine
Prüfung auf erstere aber in Rücksicht auf die grosse Biegsamkeit
dünnerer Stäbe aus schmiedbarem Eisen gewöhnlich leichter durch-
führbar ist als letztere, so pflegt man die Zerreissprobe überhaupt da
anzuwenden, wo eine gewisse Festigkeit des Eisens unumgänglich noth-
wendig ist, damit der aus demselben dargestellte Gebrauchsgegenstand
— die Eisenbahnschiene, der Träger, der Dampfkessel u. s. w. —
seinen Zweck ohne Gefahr für Leben und Gesundheit der Menschen
erfülle.

Zur Ausführung der Zerreissprobe ist eine Festigkeitsprobirma-
schine erforderlich, welche in ziemlich verschiedener Weise eingerichtet
sein kann. 2) Der auszuübende Druck wird entweder durch allmähliche
Gewichtsbelastung hervorgebracht und durch ein Hebelsystem verviel-
fältigt; oder man benutzt hydraulischen Druck.

Da jede derartige Maschine nur für eine bestimmte Maximal-
belastung eingerichtet sein kann, so kommt es darauf an, wenn stärkere
Eisensorten probirt werden sollen, Probirstücke aus denselben von
solchen Querschnittsabmessungen herzustellen, als der Leistungsfähigkeit
der Maschine entspricht. Schmieden oder Auswalzen des Probestückes
auf jene Abmessungen muss jedoch in Rücksicht auf die früher be-
sprochenen Einflüsse dieser Arbeiten auf die Festigkeitseigenschaften
des Eisens ausgeschlossen sein, sofern man genaue Ergebnisse über
das Maass dieser Eigenschaften bei dem ursprünglich vorhandenen
Eisenstücke erhalten will; es ist vielmehr erforderlich, auf der Dreh-
bank oder Hobelmaschine das Probestück aus dem vollen Eisen heraus-
zuarbeiten.

1) v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung in Paris im Jahre
1878, S. 172.
2) Näheres über die Einrichtung solcher in der Praxis bewährter Probir-
maschinen unter Literatur.
43*
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[667/0735] Schlagprobe. Zerreissprobe. Phosphor rissen oft schon beim ersten Schlage, ertrugen dagegen aus nur 1.5 m Fallhöhe 4—11 Schläge; Staffordshireblech mit 0.24 Proc. Phosphor brach schon beim ersten Schlage aus 1 m Höhe. 1) Die Wurfprobe wird mitunter (besonders beim Herdfrischfeuer- betriebe) zur Prüfung von Stangeneisen angewendet. Ein Arbeiter hebt die zu prüfende Stange, welche eine Länge von 3—4 m haben kann, mit gestreckten Armen über den Scheitel empor und wirft sie in hori- zontaler Lage mit voller Wucht quer auf die schmale Bahn eines am Boden aufgestellten gusseisernen Amboses; und zwar mehrmals nach einander mit verschiedenen Stellen. Kaltbrüchiges oder schlecht ge- schweisstes Eisen zerspringt hierbei. e) Zerreissprobe. Dieselbe bezweckt die Ermittelung der Zer- reissungsfestigkeit des zu untersuchenden Eisens sowie der sonstigen zu dieser in Beziehung stehenden Eigenschaften (Ausdehnungsfähigkeit, Elasticität u. s. w.). Sie ist wichtig in allen Fällen, wo das Eisen auf Zerreissungsfestigkeit in Anspruch genommen wird und wo durch den Bruch ein grösserer Unglücksfall herbeigeführt werden kann; und da zu der Zerreissungsfestigkeit des schmiedbaren Eisens auch die relative (Durchbiegungs-) Festigkeit in naher Beziehung zu stehen pflegt, eine Prüfung auf erstere aber in Rücksicht auf die grosse Biegsamkeit dünnerer Stäbe aus schmiedbarem Eisen gewöhnlich leichter durch- führbar ist als letztere, so pflegt man die Zerreissprobe überhaupt da anzuwenden, wo eine gewisse Festigkeit des Eisens unumgänglich noth- wendig ist, damit der aus demselben dargestellte Gebrauchsgegenstand — die Eisenbahnschiene, der Träger, der Dampfkessel u. s. w. — seinen Zweck ohne Gefahr für Leben und Gesundheit der Menschen erfülle. Zur Ausführung der Zerreissprobe ist eine Festigkeitsprobirma- schine erforderlich, welche in ziemlich verschiedener Weise eingerichtet sein kann. 2) Der auszuübende Druck wird entweder durch allmähliche Gewichtsbelastung hervorgebracht und durch ein Hebelsystem verviel- fältigt; oder man benutzt hydraulischen Druck. Da jede derartige Maschine nur für eine bestimmte Maximal- belastung eingerichtet sein kann, so kommt es darauf an, wenn stärkere Eisensorten probirt werden sollen, Probirstücke aus denselben von solchen Querschnittsabmessungen herzustellen, als der Leistungsfähigkeit der Maschine entspricht. Schmieden oder Auswalzen des Probestückes auf jene Abmessungen muss jedoch in Rücksicht auf die früher be- sprochenen Einflüsse dieser Arbeiten auf die Festigkeitseigenschaften des Eisens ausgeschlossen sein, sofern man genaue Ergebnisse über das Maass dieser Eigenschaften bei dem ursprünglich vorhandenen Eisenstücke erhalten will; es ist vielmehr erforderlich, auf der Dreh- bank oder Hobelmaschine das Probestück aus dem vollen Eisen heraus- zuarbeiten. 1) v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung in Paris im Jahre 1878, S. 172. 2) Näheres über die Einrichtung solcher in der Praxis bewährter Probir- maschinen unter Literatur. 43*

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/735>, abgerufen am 26.06.2024.