Beim Anlassen des gehärteten Stahles nimmt das specifische Ge- wicht desselben wieder zu, und beim Erscheinen der grauen Anlauf- farbe hat dasselbe annähernd das ursprüngliche Maass, welches es vor dem Härten besass, erreicht.
Ist der Stahl an und für sich sehr hart und die stattfindende Ab- kühlung beim Härten sehr bedeutend, so kann infolge der ungleichen Zusammenziehung der äusseren und inneren Theile der Stahl Risse bekommen oder in Stücke zerspringen. Die Gefahr wächst, wenn ein Gegenstand mit sehr verschiedenen Querschnitten gehärtet wird. Statt des kalten Wassers zum Ablöschen wendet man in solchen Fällen schwach erwärmtes oder auch Flüssigkeiten an, welche die Wärme weniger gut als Wasser leiten (z. B. Oel, Seifenwasser, Kalkmilch). Weniger harter Stahl dagegen, welcher der Gefahr des Zerspringens in geringerem Maasse unterworfen ist, lässt sich stärker härten, wenn er in gut wärmeleitenden Flüssigkeiten (schwefelsäurehaltigem Wasser oder dergl.) abgelöscht wird.
Die Veränderungen, welche die Festigkeitseigenschaften durch das Härten erfahren, werden unten Besprechung finden.
6. Die Festigkeitseigenschaften.
Unter den verschiedenen Arten der Festigkeit, welche die Mechanik uns unterscheiden lehrt, kommt beim schmiedbaren Eisen vorzugs- weise die Zerreissungsfestigkeit in Betracht. In Folgendem ist daher auch vorzugsweise auf diese Bezug genommen.
Bei Verwendung der Körper zu Constructionstheilen müssen jedoch auch noch andere, der Festigkeit nahe stehende Eigenschaften berück- sichtigt werden.
Hierher gehört zunächst die Zähigkeit, welche schon auf S. 635 als das Maass des Widerstandes bezeichnet wurde, welchen der Körper nach dem Ueberschreiten der Elasticitätsgrenze dem Zerreissen ent- gegensetzt. Wie die Festigkeit, so wird auch die Zähigkeit eine ver- schiedene sein können, je nachdem der Körper auf Zerreissen, Zer- drücken, Biegen u. s. w. in Anspruch genommen wird. Bei Ermittelung der Zerreissungsfestigkeit pflegt man die Zähigkeit entweder nach der stattgehabten Längenausdehnung des geprüften Stabes vor dem Zer- reissen oder auch nach der Contraction des Stabquerschnittes an der Zerreissungsstelle zu schätzen. Es wurde schon oben erläutert, dass die Zähigkeit gewissermaassen die Grundlage der Dehnbarkeit bilde; je zäher aber ein Körper ist, um so weniger plötzlich wird eine Zer- trümmerung desselben stattfinden können, und desto ungefährlicher werden vorübergehende äussere Einwirkungen -- Erschütterungen u. s. w. -- bleiben.
Um diese Thatsache zu verstehen, braucht man nur zu erwägen, dass für die durch die Zähigkeit eines Materiales bedingte Formver- änderung vor dem Zerreissen eine mechanische Arbeit erforderlich ist, welche durch die stattfindende äussere Einwirkung vollbracht werden muss und für welche deren mechanische Leistung ganz oder theil- weise verbraucht wird, sofern eben jene Einwirkung nur vorüber- gehend war.
Ledebur, Handbuch. 42
Die Festigkeitseigenschaften.
Beim Anlassen des gehärteten Stahles nimmt das specifische Ge- wicht desselben wieder zu, und beim Erscheinen der grauen Anlauf- farbe hat dasselbe annähernd das ursprüngliche Maass, welches es vor dem Härten besass, erreicht.
Ist der Stahl an und für sich sehr hart und die stattfindende Ab- kühlung beim Härten sehr bedeutend, so kann infolge der ungleichen Zusammenziehung der äusseren und inneren Theile der Stahl Risse bekommen oder in Stücke zerspringen. Die Gefahr wächst, wenn ein Gegenstand mit sehr verschiedenen Querschnitten gehärtet wird. Statt des kalten Wassers zum Ablöschen wendet man in solchen Fällen schwach erwärmtes oder auch Flüssigkeiten an, welche die Wärme weniger gut als Wasser leiten (z. B. Oel, Seifenwasser, Kalkmilch). Weniger harter Stahl dagegen, welcher der Gefahr des Zerspringens in geringerem Maasse unterworfen ist, lässt sich stärker härten, wenn er in gut wärmeleitenden Flüssigkeiten (schwefelsäurehaltigem Wasser oder dergl.) abgelöscht wird.
Die Veränderungen, welche die Festigkeitseigenschaften durch das Härten erfahren, werden unten Besprechung finden.
6. Die Festigkeitseigenschaften.
Unter den verschiedenen Arten der Festigkeit, welche die Mechanik uns unterscheiden lehrt, kommt beim schmiedbaren Eisen vorzugs- weise die Zerreissungsfestigkeit in Betracht. In Folgendem ist daher auch vorzugsweise auf diese Bezug genommen.
Bei Verwendung der Körper zu Constructionstheilen müssen jedoch auch noch andere, der Festigkeit nahe stehende Eigenschaften berück- sichtigt werden.
Hierher gehört zunächst die Zähigkeit, welche schon auf S. 635 als das Maass des Widerstandes bezeichnet wurde, welchen der Körper nach dem Ueberschreiten der Elasticitätsgrenze dem Zerreissen ent- gegensetzt. Wie die Festigkeit, so wird auch die Zähigkeit eine ver- schiedene sein können, je nachdem der Körper auf Zerreissen, Zer- drücken, Biegen u. s. w. in Anspruch genommen wird. Bei Ermittelung der Zerreissungsfestigkeit pflegt man die Zähigkeit entweder nach der stattgehabten Längenausdehnung des geprüften Stabes vor dem Zer- reissen oder auch nach der Contraction des Stabquerschnittes an der Zerreissungsstelle zu schätzen. Es wurde schon oben erläutert, dass die Zähigkeit gewissermaassen die Grundlage der Dehnbarkeit bilde; je zäher aber ein Körper ist, um so weniger plötzlich wird eine Zer- trümmerung desselben stattfinden können, und desto ungefährlicher werden vorübergehende äussere Einwirkungen — Erschütterungen u. s. w. — bleiben.
Um diese Thatsache zu verstehen, braucht man nur zu erwägen, dass für die durch die Zähigkeit eines Materiales bedingte Formver- änderung vor dem Zerreissen eine mechanische Arbeit erforderlich ist, welche durch die stattfindende äussere Einwirkung vollbracht werden muss und für welche deren mechanische Leistung ganz oder theil- weise verbraucht wird, sofern eben jene Einwirkung nur vorüber- gehend war.
Ledebur, Handbuch. 42
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Die Festigkeitseigenschaften.
Beim Anlassen des gehärteten Stahles nimmt das specifische Ge-
wicht desselben wieder zu, und beim Erscheinen der grauen Anlauf-
farbe hat dasselbe annähernd das ursprüngliche Maass, welches es vor
dem Härten besass, erreicht.
Ist der Stahl an und für sich sehr hart und die stattfindende Ab-
kühlung beim Härten sehr bedeutend, so kann infolge der ungleichen
Zusammenziehung der äusseren und inneren Theile der Stahl Risse
bekommen oder in Stücke zerspringen. Die Gefahr wächst, wenn ein
Gegenstand mit sehr verschiedenen Querschnitten gehärtet wird. Statt
des kalten Wassers zum Ablöschen wendet man in solchen Fällen
schwach erwärmtes oder auch Flüssigkeiten an, welche die Wärme
weniger gut als Wasser leiten (z. B. Oel, Seifenwasser, Kalkmilch).
Weniger harter Stahl dagegen, welcher der Gefahr des Zerspringens
in geringerem Maasse unterworfen ist, lässt sich stärker härten, wenn
er in gut wärmeleitenden Flüssigkeiten (schwefelsäurehaltigem Wasser
oder dergl.) abgelöscht wird.
Die Veränderungen, welche die Festigkeitseigenschaften durch das
Härten erfahren, werden unten Besprechung finden.
6. Die Festigkeitseigenschaften.
Unter den verschiedenen Arten der Festigkeit, welche die Mechanik
uns unterscheiden lehrt, kommt beim schmiedbaren Eisen vorzugs-
weise die Zerreissungsfestigkeit in Betracht. In Folgendem ist
daher auch vorzugsweise auf diese Bezug genommen.
Bei Verwendung der Körper zu Constructionstheilen müssen jedoch
auch noch andere, der Festigkeit nahe stehende Eigenschaften berück-
sichtigt werden.
Hierher gehört zunächst die Zähigkeit, welche schon auf S. 635
als das Maass des Widerstandes bezeichnet wurde, welchen der Körper
nach dem Ueberschreiten der Elasticitätsgrenze dem Zerreissen ent-
gegensetzt. Wie die Festigkeit, so wird auch die Zähigkeit eine ver-
schiedene sein können, je nachdem der Körper auf Zerreissen, Zer-
drücken, Biegen u. s. w. in Anspruch genommen wird. Bei Ermittelung
der Zerreissungsfestigkeit pflegt man die Zähigkeit entweder nach der
stattgehabten Längenausdehnung des geprüften Stabes vor dem Zer-
reissen oder auch nach der Contraction des Stabquerschnittes an der
Zerreissungsstelle zu schätzen. Es wurde schon oben erläutert, dass
die Zähigkeit gewissermaassen die Grundlage der Dehnbarkeit bilde; je
zäher aber ein Körper ist, um so weniger plötzlich wird eine Zer-
trümmerung desselben stattfinden können, und desto ungefährlicher
werden vorübergehende äussere Einwirkungen — Erschütterungen u. s. w.
— bleiben.
Um diese Thatsache zu verstehen, braucht man nur zu erwägen,
dass für die durch die Zähigkeit eines Materiales bedingte Formver-
änderung vor dem Zerreissen eine mechanische Arbeit erforderlich ist,
welche durch die stattfindende äussere Einwirkung vollbracht werden
muss und für welche deren mechanische Leistung ganz oder theil-
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/717>, abgerufen am 22.12.2024.
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