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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
bis zu welcher Anlauffarbe der übrigens fertige Gegenstand (in den
meisten Fällen ein Werkzeug zur Metall-, Holz- oder Steinbearbeitung)
angelassen werden kann.

Es ist kaum zu bezweifeln, dass die eigentliche Ursache des
Härtens und Anlassens in den Veränderungen zu suchen ist, welche
die Legirung des Eisens mit dem Kohlenstoff erleidet, wenn in einem
Falle plötzliche Abkühlung des glühenden Stahles, in dem andern
Falle allmähliche Erwärmung des gehärteten Stahles herbeigeführt wird.
Die chemischen Untersuchungen Caron's, Rinman's u. A. über die
abweichenden Formen des Kohlenstoffs im gehärteten und ungehärteten
Stahle, sowie die Schlussfolgerungen, welche sich aus jenen Unter-
suchungen für die Theorie des Härtens und Anlassens ziehen lassen,
wurden bereits auf S. 237 und 238 besprochen.

Durch das Härten des Stahles wird das specifische Gewicht des-
selben verringert. Der durch die Erhitzung ausgedehnte Körper kann
sich offenbar bei der plötzlichen Abkühlung nicht so rasch zusammen-
ziehen, als er seine Wärme verliert, und sobald die Abkühlung beendet
ist, muss auch die Zusammenziehung aufhören; die Abmessungen
bleiben grösser als vor dem Härten. Ein gehärteter Stempel passt nicht
mehr in eine Oeffnung, in welche er vorher genau hineingepasst war;
ein gehärteter Draht geht nicht mehr durch eine Oeffnung, durch welche
er sich vor dem Härten hindurchziehen liess. Es verdient jedoch Be-
achtung, dass diese Vergrösserung nur bei den Querschnittsabmessungen,
nicht auch bei der Längenabmessung eines stabförmigen Gegenstandes
wahrnehmbar ist; letztere wird sogar, wie Caron zuerst nachwies,
beim Härten verkürzt. Aus eben diesem Grunde wird ein Stahlring
kleiner im Durchmesser, wenn man ihn härtet.

Das Maass jener Verringerung des specifischen Gewichtes beziehent-
lich der Vergrösserung der Querschnittsabmessungen beim Härten ist
im Allgemeinen um so bedeutender, je härter der Stahl ist und je
stärker er vor dem Härten erhitzt wurde. Metcalf und Langley,
welche verschieden harte Stahlsorten theils stärker, theils weniger stark
erhitzten und dann härteten, fanden dabei folgende Aenderungen der
specifischen Gewichte1):

[Tabelle]

1) Zeitschr. d. berg- u. hüttenm. Vereins für Steiermark und Kärnten 1880,
S. 109.

Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
bis zu welcher Anlauffarbe der übrigens fertige Gegenstand (in den
meisten Fällen ein Werkzeug zur Metall-, Holz- oder Steinbearbeitung)
angelassen werden kann.

Es ist kaum zu bezweifeln, dass die eigentliche Ursache des
Härtens und Anlassens in den Veränderungen zu suchen ist, welche
die Legirung des Eisens mit dem Kohlenstoff erleidet, wenn in einem
Falle plötzliche Abkühlung des glühenden Stahles, in dem andern
Falle allmähliche Erwärmung des gehärteten Stahles herbeigeführt wird.
Die chemischen Untersuchungen Caron’s, Rinman’s u. A. über die
abweichenden Formen des Kohlenstoffs im gehärteten und ungehärteten
Stahle, sowie die Schlussfolgerungen, welche sich aus jenen Unter-
suchungen für die Theorie des Härtens und Anlassens ziehen lassen,
wurden bereits auf S. 237 und 238 besprochen.

Durch das Härten des Stahles wird das specifische Gewicht des-
selben verringert. Der durch die Erhitzung ausgedehnte Körper kann
sich offenbar bei der plötzlichen Abkühlung nicht so rasch zusammen-
ziehen, als er seine Wärme verliert, und sobald die Abkühlung beendet
ist, muss auch die Zusammenziehung aufhören; die Abmessungen
bleiben grösser als vor dem Härten. Ein gehärteter Stempel passt nicht
mehr in eine Oeffnung, in welche er vorher genau hineingepasst war;
ein gehärteter Draht geht nicht mehr durch eine Oeffnung, durch welche
er sich vor dem Härten hindurchziehen liess. Es verdient jedoch Be-
achtung, dass diese Vergrösserung nur bei den Querschnittsabmessungen,
nicht auch bei der Längenabmessung eines stabförmigen Gegenstandes
wahrnehmbar ist; letztere wird sogar, wie Caron zuerst nachwies,
beim Härten verkürzt. Aus eben diesem Grunde wird ein Stahlring
kleiner im Durchmesser, wenn man ihn härtet.

Das Maass jener Verringerung des specifischen Gewichtes beziehent-
lich der Vergrösserung der Querschnittsabmessungen beim Härten ist
im Allgemeinen um so bedeutender, je härter der Stahl ist und je
stärker er vor dem Härten erhitzt wurde. Metcalf und Langley,
welche verschieden harte Stahlsorten theils stärker, theils weniger stark
erhitzten und dann härteten, fanden dabei folgende Aenderungen der
specifischen Gewichte1):

[Tabelle]

1) Zeitschr. d. berg- u. hüttenm. Vereins für Steiermark und Kärnten 1880,
S. 109.
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[648/0716] Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens. bis zu welcher Anlauffarbe der übrigens fertige Gegenstand (in den meisten Fällen ein Werkzeug zur Metall-, Holz- oder Steinbearbeitung) angelassen werden kann. Es ist kaum zu bezweifeln, dass die eigentliche Ursache des Härtens und Anlassens in den Veränderungen zu suchen ist, welche die Legirung des Eisens mit dem Kohlenstoff erleidet, wenn in einem Falle plötzliche Abkühlung des glühenden Stahles, in dem andern Falle allmähliche Erwärmung des gehärteten Stahles herbeigeführt wird. Die chemischen Untersuchungen Caron’s, Rinman’s u. A. über die abweichenden Formen des Kohlenstoffs im gehärteten und ungehärteten Stahle, sowie die Schlussfolgerungen, welche sich aus jenen Unter- suchungen für die Theorie des Härtens und Anlassens ziehen lassen, wurden bereits auf S. 237 und 238 besprochen. Durch das Härten des Stahles wird das specifische Gewicht des- selben verringert. Der durch die Erhitzung ausgedehnte Körper kann sich offenbar bei der plötzlichen Abkühlung nicht so rasch zusammen- ziehen, als er seine Wärme verliert, und sobald die Abkühlung beendet ist, muss auch die Zusammenziehung aufhören; die Abmessungen bleiben grösser als vor dem Härten. Ein gehärteter Stempel passt nicht mehr in eine Oeffnung, in welche er vorher genau hineingepasst war; ein gehärteter Draht geht nicht mehr durch eine Oeffnung, durch welche er sich vor dem Härten hindurchziehen liess. Es verdient jedoch Be- achtung, dass diese Vergrösserung nur bei den Querschnittsabmessungen, nicht auch bei der Längenabmessung eines stabförmigen Gegenstandes wahrnehmbar ist; letztere wird sogar, wie Caron zuerst nachwies, beim Härten verkürzt. Aus eben diesem Grunde wird ein Stahlring kleiner im Durchmesser, wenn man ihn härtet. Das Maass jener Verringerung des specifischen Gewichtes beziehent- lich der Vergrösserung der Querschnittsabmessungen beim Härten ist im Allgemeinen um so bedeutender, je härter der Stahl ist und je stärker er vor dem Härten erhitzt wurde. Metcalf und Langley, welche verschieden harte Stahlsorten theils stärker, theils weniger stark erhitzten und dann härteten, fanden dabei folgende Aenderungen der specifischen Gewichte 1): 1) Zeitschr. d. berg- u. hüttenm. Vereins für Steiermark und Kärnten 1880, S. 109.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/716>, abgerufen am 18.06.2024.