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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Form und der Bau des Hochofens. Die Windformen.
als in einem engeren mit zurückstehenden Formen; ja, der Umstand,
dass die Widerstände in dem weiteren Gestelle geringer sind als in
einem engeren, wird jenes Vordringen des Windes und die gleich-
mässige Vertheilung desselben noch erleichtern. Man erlangt also durch
Vorschieben der Formen auch bei Anwendung weiterer Gestelle, deren
Vorzüge früher erörtert wurden, wenigstens theilweise die Vortheile,
welche man früher durch enge Gestelle zu erreichen strebte, ohne deren
grosse Nachtheile mit in Kauf nehmen zu müssen.

Natürlicherweise giebt es auch in dieser Beziehung eine Grenze,
welche nicht ohne Nachtheil für die Leistungsfähigkeit, den Brennstoff-
verbrauch und die Gleichmässigkeit des Schmelzganges eines Hochofens
überschritten werden darf. Diese Grenze ist von der Form und Grösse
des Ofens, von der Windpressung und Windtemperatur, von der Be-
schaffenheit der Schmelzmaterialien abhängig. Nach Cochrane 1) stei-
gerte sich bei einem Ofen, dessen Gestelldurchmesser 2.44 m war,
während die Formen um 305 mm in denselben hineinragten, die Wochen-
production von 483 t auf 599 t, nachdem man die Formen soweit zu-
rückgezogen hatte, dass sie nur noch 150 mm hineinragten. Der Brenn-
stoffverbrauch per Woche nahm hierbei nur von 603 auf 630 t zu, war
also, auf die Gewichtseinheit dargestellten Roheisens bezogen, ebenfalls
entschieden günstiger, nachdem die Formen zurückgezogen worden waren.

Bei kleineren Hochöfen setzt man die Formen häufig unmittelbar
in die entsprechend grössere Formöffnung ein und schliesst den rings
herum bleibenden Raum mit feuerfester Masse; bei grösseren Hochöfen
dagegen und insbesondere bei vorgeschobenen Formen benutzt man
einen Rahmen zur Befestigung der letzteren, welcher selbst mit Wasser
gekühlt und zum Auswechseln eingerichtet ist. Die obigen Abbildungen
Fig. 95 und 96 lassen zwei verschiedene Einrichtungen dieses Rahmens
oder Kastens erkennen. Bei Fig. 95 besteht derselbe aus Gusseisen mit
eingegossenen schmiedeeisernen Rohren, welche ihn in verschiedenen
Windungen durchziehen und durch welche ununterbrochen Wasser ge-
leitet wird. Die unten mitgetheilten Abbildungen Fig. 97--99 lassen
noch deutlicher die Construction eines solchen Kühlkastens erkennen.
Damit der Kasten leicht ausgewechselt werden kann, macht man die
zur Aufnahme desselben bestimmte Oeffnung im Gestell etwa 70 mm
höher und 55 mm breiter als die Abmessungen des Kastens betragen
und mauert nach beendigtem Einsetzen den Zwischenraum mit feuer-
festen Steinen aus. Die hintere Seite des Kastens schliesst mit der
inneren Fläche des Gestelles ab.

Bei der Form Fig. 96 besteht der Kasten aus Schmiedeeisen, ist
hinten offen und wird wie die Form selbst durch eingespritztes Wasser
kühl erhalten, welches bei d zufliesst und bei c gemeinschaftlich mit
dem Kühlwasser der Form abfliesst.

Die Schlackenformen. Trotz der bereits erwähnten Vortheile, welche
die Anwendung einer geschlossenen Brust bei Eisenhochöfen gewährt,
war diese Einrichtung bis zur Mitte der sechziger Jahre nur sehr ver-
einzelt und zwar bei Holzkohlenhochöfen, welche bei leichtflüssiger
Schlacke weisses Roheisen darstellten, in Anwendung. Der Grund hierfür

1) Vergl. Literatur.

Die Form und der Bau des Hochofens. Die Windformen.
als in einem engeren mit zurückstehenden Formen; ja, der Umstand,
dass die Widerstände in dem weiteren Gestelle geringer sind als in
einem engeren, wird jenes Vordringen des Windes und die gleich-
mässige Vertheilung desselben noch erleichtern. Man erlangt also durch
Vorschieben der Formen auch bei Anwendung weiterer Gestelle, deren
Vorzüge früher erörtert wurden, wenigstens theilweise die Vortheile,
welche man früher durch enge Gestelle zu erreichen strebte, ohne deren
grosse Nachtheile mit in Kauf nehmen zu müssen.

Natürlicherweise giebt es auch in dieser Beziehung eine Grenze,
welche nicht ohne Nachtheil für die Leistungsfähigkeit, den Brennstoff-
verbrauch und die Gleichmässigkeit des Schmelzganges eines Hochofens
überschritten werden darf. Diese Grenze ist von der Form und Grösse
des Ofens, von der Windpressung und Windtemperatur, von der Be-
schaffenheit der Schmelzmaterialien abhängig. Nach Cochrane 1) stei-
gerte sich bei einem Ofen, dessen Gestelldurchmesser 2.44 m war,
während die Formen um 305 mm in denselben hineinragten, die Wochen-
production von 483 t auf 599 t, nachdem man die Formen soweit zu-
rückgezogen hatte, dass sie nur noch 150 mm hineinragten. Der Brenn-
stoffverbrauch per Woche nahm hierbei nur von 603 auf 630 t zu, war
also, auf die Gewichtseinheit dargestellten Roheisens bezogen, ebenfalls
entschieden günstiger, nachdem die Formen zurückgezogen worden waren.

Bei kleineren Hochöfen setzt man die Formen häufig unmittelbar
in die entsprechend grössere Formöffnung ein und schliesst den rings
herum bleibenden Raum mit feuerfester Masse; bei grösseren Hochöfen
dagegen und insbesondere bei vorgeschobenen Formen benutzt man
einen Rahmen zur Befestigung der letzteren, welcher selbst mit Wasser
gekühlt und zum Auswechseln eingerichtet ist. Die obigen Abbildungen
Fig. 95 und 96 lassen zwei verschiedene Einrichtungen dieses Rahmens
oder Kastens erkennen. Bei Fig. 95 besteht derselbe aus Gusseisen mit
eingegossenen schmiedeeisernen Rohren, welche ihn in verschiedenen
Windungen durchziehen und durch welche ununterbrochen Wasser ge-
leitet wird. Die unten mitgetheilten Abbildungen Fig. 97—99 lassen
noch deutlicher die Construction eines solchen Kühlkastens erkennen.
Damit der Kasten leicht ausgewechselt werden kann, macht man die
zur Aufnahme desselben bestimmte Oeffnung im Gestell etwa 70 mm
höher und 55 mm breiter als die Abmessungen des Kastens betragen
und mauert nach beendigtem Einsetzen den Zwischenraum mit feuer-
festen Steinen aus. Die hintere Seite des Kastens schliesst mit der
inneren Fläche des Gestelles ab.

Bei der Form Fig. 96 besteht der Kasten aus Schmiedeeisen, ist
hinten offen und wird wie die Form selbst durch eingespritztes Wasser
kühl erhalten, welches bei d zufliesst und bei c gemeinschaftlich mit
dem Kühlwasser der Form abfliesst.

Die Schlackenformen. Trotz der bereits erwähnten Vortheile, welche
die Anwendung einer geschlossenen Brust bei Eisenhochöfen gewährt,
war diese Einrichtung bis zur Mitte der sechziger Jahre nur sehr ver-
einzelt und zwar bei Holzkohlenhochöfen, welche bei leichtflüssiger
Schlacke weisses Roheisen darstellten, in Anwendung. Der Grund hierfür

1) Vergl. Literatur.
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[361/0415] Die Form und der Bau des Hochofens. Die Windformen. als in einem engeren mit zurückstehenden Formen; ja, der Umstand, dass die Widerstände in dem weiteren Gestelle geringer sind als in einem engeren, wird jenes Vordringen des Windes und die gleich- mässige Vertheilung desselben noch erleichtern. Man erlangt also durch Vorschieben der Formen auch bei Anwendung weiterer Gestelle, deren Vorzüge früher erörtert wurden, wenigstens theilweise die Vortheile, welche man früher durch enge Gestelle zu erreichen strebte, ohne deren grosse Nachtheile mit in Kauf nehmen zu müssen. Natürlicherweise giebt es auch in dieser Beziehung eine Grenze, welche nicht ohne Nachtheil für die Leistungsfähigkeit, den Brennstoff- verbrauch und die Gleichmässigkeit des Schmelzganges eines Hochofens überschritten werden darf. Diese Grenze ist von der Form und Grösse des Ofens, von der Windpressung und Windtemperatur, von der Be- schaffenheit der Schmelzmaterialien abhängig. Nach Cochrane 1) stei- gerte sich bei einem Ofen, dessen Gestelldurchmesser 2.44 m war, während die Formen um 305 mm in denselben hineinragten, die Wochen- production von 483 t auf 599 t, nachdem man die Formen soweit zu- rückgezogen hatte, dass sie nur noch 150 mm hineinragten. Der Brenn- stoffverbrauch per Woche nahm hierbei nur von 603 auf 630 t zu, war also, auf die Gewichtseinheit dargestellten Roheisens bezogen, ebenfalls entschieden günstiger, nachdem die Formen zurückgezogen worden waren. Bei kleineren Hochöfen setzt man die Formen häufig unmittelbar in die entsprechend grössere Formöffnung ein und schliesst den rings herum bleibenden Raum mit feuerfester Masse; bei grösseren Hochöfen dagegen und insbesondere bei vorgeschobenen Formen benutzt man einen Rahmen zur Befestigung der letzteren, welcher selbst mit Wasser gekühlt und zum Auswechseln eingerichtet ist. Die obigen Abbildungen Fig. 95 und 96 lassen zwei verschiedene Einrichtungen dieses Rahmens oder Kastens erkennen. Bei Fig. 95 besteht derselbe aus Gusseisen mit eingegossenen schmiedeeisernen Rohren, welche ihn in verschiedenen Windungen durchziehen und durch welche ununterbrochen Wasser ge- leitet wird. Die unten mitgetheilten Abbildungen Fig. 97—99 lassen noch deutlicher die Construction eines solchen Kühlkastens erkennen. Damit der Kasten leicht ausgewechselt werden kann, macht man die zur Aufnahme desselben bestimmte Oeffnung im Gestell etwa 70 mm höher und 55 mm breiter als die Abmessungen des Kastens betragen und mauert nach beendigtem Einsetzen den Zwischenraum mit feuer- festen Steinen aus. Die hintere Seite des Kastens schliesst mit der inneren Fläche des Gestelles ab. Bei der Form Fig. 96 besteht der Kasten aus Schmiedeeisen, ist hinten offen und wird wie die Form selbst durch eingespritztes Wasser kühl erhalten, welches bei d zufliesst und bei c gemeinschaftlich mit dem Kühlwasser der Form abfliesst. Die Schlackenformen. Trotz der bereits erwähnten Vortheile, welche die Anwendung einer geschlossenen Brust bei Eisenhochöfen gewährt, war diese Einrichtung bis zur Mitte der sechziger Jahre nur sehr ver- einzelt und zwar bei Holzkohlenhochöfen, welche bei leichtflüssiger Schlacke weisses Roheisen darstellten, in Anwendung. Der Grund hierfür 1) Vergl. Literatur.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/415>, abgerufen am 19.05.2024.