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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Der größte Gewinn und Verlust.
133.
Der größte Gewinn und Verlust.

Jesus sprach zu seinen Jüngern: Will MirMatth.
XVI. 24-27

jemand nachfolgen, der verläugne sich selbst,
und nehme sein Kreuz auf sich, und folge Mir
nach. Denn wer sein Leben erhalten will, der
wird es verlieren; Wer aber sein Leben verliert
um Meinetwillen, der wird es finden. Was
hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt
gewönne, und litte Schaden an seiner Seele?
Oder was kann ein Mensch zum Gegenwerthe
seiner Seele geben, (damit er seine Seele wie-
der löse)? Denn es wird der Sohn des Men-
schen in der Herrlichkeit seines Vaters kommen
mit seinen Engeln, und alsdann wird Er einen
jeglichen nach seinen Werken vergelten.

Immer über Zeit und Erde hinaus erhebt Jesus
Christus
seine Jünger. Alles, was ist, ist Ihm Nichts
gegen das, was seyn wird. Das Gegenwärtige ist Ihm
nur Fantom, fliehender Schatten! Das Zukünftige Ge-
wißheit, Wahrheit, Festigkeit. Obgleich mitten in der
sichtbaren Welt, lebte Er dennoch in der unsichtbaren,
als in seinem Elemente -- und in demselben Elemente
sollen seine Jünger leben. Ihm und der Zukunft sol-
len sie alles aufopfern; Alles gegen Ihn und das, was
Er uns in der Zukunft geben und seyn kann, wie nichts
achten. Aller Gewinn des Sichtbaren ist Verlust --
wenn dadurch unser Verlangen und Streben nach un-

sichtba-
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Der größte Gewinn und Verluſt.
133.
Der größte Gewinn und Verluſt.

Jeſus ſprach zu ſeinen Jüngern: Will MirMatth.
XVI. 24-27

jemand nachfolgen, der verläugne ſich ſelbſt,
und nehme ſein Kreuz auf ſich, und folge Mir
nach. Denn wer ſein Leben erhalten will, der
wird es verlieren; Wer aber ſein Leben verliert
um Meinetwillen, der wird es finden. Was
hülfe es dem Menſchen, ſo er die ganze Welt
gewönne, und litte Schaden an ſeiner Seele?
Oder was kann ein Menſch zum Gegenwerthe
ſeiner Seele geben, (damit er ſeine Seele wie-
der löſe)? Denn es wird der Sohn des Men-
ſchen in der Herrlichkeit ſeines Vaters kommen
mit ſeinen Engeln, und alsdann wird Er einen
jeglichen nach ſeinen Werken vergelten.

Immer über Zeit und Erde hinaus erhebt Jeſus
Chriſtus
ſeine Jünger. Alles, was iſt, iſt Ihm Nichts
gegen das, was ſeyn wird. Das Gegenwärtige iſt Ihm
nur Fantom, fliehender Schatten! Das Zukünftige Ge-
wißheit, Wahrheit, Feſtigkeit. Obgleich mitten in der
ſichtbaren Welt, lebte Er dennoch in der unſichtbaren,
als in ſeinem Elemente — und in demſelben Elemente
ſollen ſeine Jünger leben. Ihm und der Zukunft ſol-
len ſie alles aufopfern; Alles gegen Ihn und das, was
Er uns in der Zukunft geben und ſeyn kann, wie nichts
achten. Aller Gewinn des Sichtbaren iſt Verluſt —
wenn dadurch unſer Verlangen und Streben nach un-

ſichtba-
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[227[247]/0255] Der größte Gewinn und Verluſt. 133. Der größte Gewinn und Verluſt. Jeſus ſprach zu ſeinen Jüngern: Will Mir jemand nachfolgen, der verläugne ſich ſelbſt, und nehme ſein Kreuz auf ſich, und folge Mir nach. Denn wer ſein Leben erhalten will, der wird es verlieren; Wer aber ſein Leben verliert um Meinetwillen, der wird es finden. Was hülfe es dem Menſchen, ſo er die ganze Welt gewönne, und litte Schaden an ſeiner Seele? Oder was kann ein Menſch zum Gegenwerthe ſeiner Seele geben, (damit er ſeine Seele wie- der löſe)? Denn es wird der Sohn des Men- ſchen in der Herrlichkeit ſeines Vaters kommen mit ſeinen Engeln, und alsdann wird Er einen jeglichen nach ſeinen Werken vergelten. Matth. XVI. 24-27 Immer über Zeit und Erde hinaus erhebt Jeſus Chriſtus ſeine Jünger. Alles, was iſt, iſt Ihm Nichts gegen das, was ſeyn wird. Das Gegenwärtige iſt Ihm nur Fantom, fliehender Schatten! Das Zukünftige Ge- wißheit, Wahrheit, Feſtigkeit. Obgleich mitten in der ſichtbaren Welt, lebte Er dennoch in der unſichtbaren, als in ſeinem Elemente — und in demſelben Elemente ſollen ſeine Jünger leben. Ihm und der Zukunft ſol- len ſie alles aufopfern; Alles gegen Ihn und das, was Er uns in der Zukunft geben und ſeyn kann, wie nichts achten. Aller Gewinn des Sichtbaren iſt Verluſt — wenn dadurch unſer Verlangen und Streben nach un- ſichtba- P 2

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 227[247]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/255>, abgerufen am 28.11.2024.