folglich auch nicht gelernt, Aufsehen zu meinem Vortheil zu machen, daher bin ich auch immer zu- rück geblieben, und komme wahrscheinlich erst daun in eine ruhige Lage, wenn man mich zu Grabe trägt.
Ueber das fehlgeschlagene Glück, welches ich mit meinem Hannchen zu genießen hoffte, tröstet mich meine leidige Erfahrung. Ich sehe nämlich, daß tausend Ehen, wo nicht unglücklicher, doch auch um kein Haar besser sind als die meinige. Wer hieß mich auch heyrathen? Ein Mensch, der nicht jährlich auf einige hundert Thaler gewiße Rech- nung machen kann, muß, wenn er klug ist, an kein Weib denken. Doch es ist einmal geschehen, und il faut faire bonne mine a mauvais jeu: ich werde die Launen meiner Frau tragen, poltern mitunter und doch am Ende gedultig thun, wenn sie auch bis in Ewigkeit fortfahren sollte, bey allem meinem Bitten und Schelten, den Kammerfensterladen zu- zumachen, und das Mittagsessen erst um ein Uhr auf den Tisch zu bringen. Gut ist übrigens, daß mein Hannchen kein Buch schreiben kann: denn sonst schriebe sie vielleicht auch ihre Lebensgeschich- te, und da würde ich vielleicht noch schlimmer weg- kommen, als in der Literaturzeitung und in der deutschen Bibliothek.
folglich auch nicht gelernt, Aufſehen zu meinem Vortheil zu machen, daher bin ich auch immer zu- ruͤck geblieben, und komme wahrſcheinlich erſt daun in eine ruhige Lage, wenn man mich zu Grabe traͤgt.
Ueber das fehlgeſchlagene Gluͤck, welches ich mit meinem Hannchen zu genießen hoffte, troͤſtet mich meine leidige Erfahrung. Ich ſehe naͤmlich, daß tauſend Ehen, wo nicht ungluͤcklicher, doch auch um kein Haar beſſer ſind als die meinige. Wer hieß mich auch heyrathen? Ein Menſch, der nicht jaͤhrlich auf einige hundert Thaler gewiße Rech- nung machen kann, muß, wenn er klug iſt, an kein Weib denken. Doch es iſt einmal geſchehen, und il faut faire bonne mine à mauvais jeu: ich werde die Launen meiner Frau tragen, poltern mitunter und doch am Ende gedultig thun, wenn ſie auch bis in Ewigkeit fortfahren ſollte, bey allem meinem Bitten und Schelten, den Kammerfenſterladen zu- zumachen, und das Mittagseſſen erſt um ein Uhr auf den Tiſch zu bringen. Gut iſt uͤbrigens, daß mein Hannchen kein Buch ſchreiben kann: denn ſonſt ſchriebe ſie vielleicht auch ihre Lebensgeſchich- te, und da wuͤrde ich vielleicht noch ſchlimmer weg- kommen, als in der Literaturzeitung und in der deutſchen Bibliothek.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0323"n="315"/>
folglich auch nicht gelernt, Aufſehen zu meinem<lb/>
Vortheil zu machen, daher bin ich auch immer zu-<lb/>
ruͤck geblieben, und komme wahrſcheinlich erſt daun<lb/>
in eine ruhige Lage, wenn man mich zu Grabe<lb/>
traͤgt.</p><lb/><p>Ueber das fehlgeſchlagene Gluͤck, welches ich<lb/>
mit meinem Hannchen zu genießen hoffte, troͤſtet<lb/>
mich meine leidige Erfahrung. Ich ſehe naͤmlich,<lb/>
daß tauſend Ehen, wo nicht ungluͤcklicher, doch<lb/>
auch um kein Haar beſſer ſind als die meinige.<lb/>
Wer hieß mich auch heyrathen? Ein Menſch, der<lb/>
nicht jaͤhrlich auf einige hundert Thaler gewiße Rech-<lb/>
nung machen kann, muß, wenn er klug iſt, an kein<lb/>
Weib denken. Doch es iſt einmal geſchehen, und<lb/><hirendition="#aq">il faut faire bonne mine à mauvais jeu:</hi> ich werde<lb/>
die Launen meiner Frau tragen, poltern mitunter<lb/>
und doch am Ende gedultig thun, wenn ſie auch<lb/>
bis in Ewigkeit fortfahren ſollte, bey allem meinem<lb/>
Bitten und Schelten, den Kammerfenſterladen zu-<lb/>
zumachen, und das Mittagseſſen erſt um ein Uhr<lb/>
auf den Tiſch zu bringen. Gut iſt uͤbrigens, daß<lb/>
mein Hannchen kein Buch ſchreiben kann: denn<lb/>ſonſt ſchriebe ſie vielleicht auch ihre Lebensgeſchich-<lb/>
te, und da wuͤrde ich vielleicht noch ſchlimmer weg-<lb/>
kommen, als in der Literaturzeitung und in der<lb/>
deutſchen Bibliothek.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[315/0323]
folglich auch nicht gelernt, Aufſehen zu meinem
Vortheil zu machen, daher bin ich auch immer zu-
ruͤck geblieben, und komme wahrſcheinlich erſt daun
in eine ruhige Lage, wenn man mich zu Grabe
traͤgt.
Ueber das fehlgeſchlagene Gluͤck, welches ich
mit meinem Hannchen zu genießen hoffte, troͤſtet
mich meine leidige Erfahrung. Ich ſehe naͤmlich,
daß tauſend Ehen, wo nicht ungluͤcklicher, doch
auch um kein Haar beſſer ſind als die meinige.
Wer hieß mich auch heyrathen? Ein Menſch, der
nicht jaͤhrlich auf einige hundert Thaler gewiße Rech-
nung machen kann, muß, wenn er klug iſt, an kein
Weib denken. Doch es iſt einmal geſchehen, und
il faut faire bonne mine à mauvais jeu: ich werde
die Launen meiner Frau tragen, poltern mitunter
und doch am Ende gedultig thun, wenn ſie auch
bis in Ewigkeit fortfahren ſollte, bey allem meinem
Bitten und Schelten, den Kammerfenſterladen zu-
zumachen, und das Mittagseſſen erſt um ein Uhr
auf den Tiſch zu bringen. Gut iſt uͤbrigens, daß
mein Hannchen kein Buch ſchreiben kann: denn
ſonſt ſchriebe ſie vielleicht auch ihre Lebensgeſchich-
te, und da wuͤrde ich vielleicht noch ſchlimmer weg-
kommen, als in der Literaturzeitung und in der
deutſchen Bibliothek.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/323>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.