dament solcher Verbindungen, hört das mutuum auf, gute Nacht Jungfer Freundschaft! Daher sind alle Theorien und Moralien, welche Cicero und Carraccioli, und alle zwischen jenem gros- sen und diesem kleinen Büchermacher stehende Schriftsteller bloß Hirngespinnste, denen die Er- fahrung widerspricht. Eben indem ich dieß schrei- be, läßt mir ein Freund, den ich aufforderte mir beyzustehen, freundschaftlichst sagen, er sey mir nichts schuldig; ich möge ihm nicht mehr kommen. Er hat Recht! und ich wäre ein Narre, wenn ich mich über erkaltete Freundschaft beschwe- ren, oder gar ärgern wollte.
Ob ich aber gleich keine Aussichten habe, und ein Feind aller Projecten bin, so habe ich doch noch nicht allen Muth verlohren, und vielleicht zeigt mir das Schicksal noch einen ungesuchten Weg, worauf es sich besser gehen läßt, als auf dem ge- genwärtigen. Dieser Band meiner Lebensgeschichte ist aber grade nicht so beschaffen, daß ich hoffen könnte, meine Lage dadurch besser zu machen, er kann mir unmöglich einen Gönner bringen, aber manche Feinde muß er mir machen. Aber mei- ne Theorie über Feindschaft ist der über Freund- schaft vollkommen gleich: ich achte weder eine noch die andre. Ich biete mich nie theurer aus, als ich werth bin, und habe die Kunst nicht studiert,
dament ſolcher Verbindungen, hoͤrt das mutuum auf, gute Nacht Jungfer Freundſchaft! Daher ſind alle Theorien und Moralien, welche Cicero und Carraccioli, und alle zwiſchen jenem groſ- ſen und dieſem kleinen Buͤchermacher ſtehende Schriftſteller bloß Hirngeſpinnſte, denen die Er- fahrung widerſpricht. Eben indem ich dieß ſchrei- be, laͤßt mir ein Freund, den ich aufforderte mir beyzuſtehen, freundſchaftlichſt ſagen, er ſey mir nichts ſchuldig; ich moͤge ihm nicht mehr kommen. Er hat Recht! und ich waͤre ein Narre, wenn ich mich uͤber erkaltete Freundſchaft beſchwe- ren, oder gar aͤrgern wollte.
Ob ich aber gleich keine Ausſichten habe, und ein Feind aller Projecten bin, ſo habe ich doch noch nicht allen Muth verlohren, und vielleicht zeigt mir das Schickſal noch einen ungeſuchten Weg, worauf es ſich beſſer gehen laͤßt, als auf dem ge- genwaͤrtigen. Dieſer Band meiner Lebensgeſchichte iſt aber grade nicht ſo beſchaffen, daß ich hoffen koͤnnte, meine Lage dadurch beſſer zu machen, er kann mir unmoͤglich einen Goͤnner bringen, aber manche Feinde muß er mir machen. Aber mei- ne Theorie uͤber Feindſchaft iſt der uͤber Freund- ſchaft vollkommen gleich: ich achte weder eine noch die andre. Ich biete mich nie theurer aus, als ich werth bin, und habe die Kunſt nicht ſtudiert,
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dament ſolcher Verbindungen, hoͤrt das mutuum
auf, gute Nacht Jungfer Freundſchaft! Daher
ſind alle Theorien und Moralien, welche Cicero
und Carraccioli, und alle zwiſchen jenem groſ-
ſen und dieſem kleinen Buͤchermacher ſtehende
Schriftſteller bloß Hirngeſpinnſte, denen die Er-
fahrung widerſpricht. Eben indem ich dieß ſchrei-
be, laͤßt mir ein Freund, den ich aufforderte mir
beyzuſtehen, freundſchaftlichſt ſagen, er ſey mir
nichts ſchuldig; ich moͤge ihm nicht mehr
kommen. Er hat Recht! und ich waͤre ein Narre,
wenn ich mich uͤber erkaltete Freundſchaft beſchwe-
ren, oder gar aͤrgern wollte.
Ob ich aber gleich keine Ausſichten habe, und
ein Feind aller Projecten bin, ſo habe ich doch noch
nicht allen Muth verlohren, und vielleicht zeigt
mir das Schickſal noch einen ungeſuchten Weg,
worauf es ſich beſſer gehen laͤßt, als auf dem ge-
genwaͤrtigen. Dieſer Band meiner Lebensgeſchichte
iſt aber grade nicht ſo beſchaffen, daß ich hoffen
koͤnnte, meine Lage dadurch beſſer zu machen, er
kann mir unmoͤglich einen Goͤnner bringen, aber
manche Feinde muß er mir machen. Aber mei-
ne Theorie uͤber Feindſchaft iſt der uͤber Freund-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/322>, abgerufen am 24.11.2024.
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