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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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bis gegen ein Uhr. Auf dem Nachhausegang war
Premßler sehr aufgeräumt, und da Gebhards La-
den noch offen war, traten wir ein, und machten
einen Schnapps. Das Gespräch kam auf sein
Mädchen, und Premßler äusserte, daß er sie ganz
vergessen habe, es sey einfältig, sich an ein Mäd-
chen zu drängen, zu welchem man nicht mit Be-
quemlichkeit kommen könne. Wir gingen hierauf
fort, und jeder begab sich nach Haus. Den fol-
genden Tag -- es war ein Montag -- begegnete
mir Premßler um eilf Uhr Vormittags, und fragte
mich, ob ich mit auf den Keller gehn wolle? Ich
schlug es aus, weil ich nothwendig sonstwohin ge-
hen mußte.

Gleich nach zwölf Uhr kam das Gerücht, der
Chirurgus Premßler habe sich selbst erschossen.
Ich erschrack, und um mich von der Wahrheit der
Sache zu überzeugen, lief ich hin, und fand mei-
nen Freund in seinem Blute liegen. Er hatte sich
mit einer bloßen Ladung Pulver in den Mund ge-
schossen.

Daß er schon lange mit dem Gedanken, sich
selbst zu tödten, müsse umgegangen seyn, erhellet
daher, daß er sich schon vierzehn Tage vorher die
Jagdflinte, womit er sich entleibte, von einem
Studenten, Namens Ballo, geborgt hatte. Auf
seinem Tische fand man einen Brief an Hn. Ein-

bis gegen ein Uhr. Auf dem Nachhauſegang war
Premßler ſehr aufgeraͤumt, und da Gebhards La-
den noch offen war, traten wir ein, und machten
einen Schnapps. Das Geſpraͤch kam auf ſein
Maͤdchen, und Premßler aͤuſſerte, daß er ſie ganz
vergeſſen habe, es ſey einfaͤltig, ſich an ein Maͤd-
chen zu draͤngen, zu welchem man nicht mit Be-
quemlichkeit kommen koͤnne. Wir gingen hierauf
fort, und jeder begab ſich nach Haus. Den fol-
genden Tag — es war ein Montag — begegnete
mir Premßler um eilf Uhr Vormittags, und fragte
mich, ob ich mit auf den Keller gehn wolle? Ich
ſchlug es aus, weil ich nothwendig ſonſtwohin ge-
hen mußte.

Gleich nach zwoͤlf Uhr kam das Geruͤcht, der
Chirurgus Premßler habe ſich ſelbſt erſchoſſen.
Ich erſchrack, und um mich von der Wahrheit der
Sache zu uͤberzeugen, lief ich hin, und fand mei-
nen Freund in ſeinem Blute liegen. Er hatte ſich
mit einer bloßen Ladung Pulver in den Mund ge-
ſchoſſen.

Daß er ſchon lange mit dem Gedanken, ſich
ſelbſt zu toͤdten, muͤſſe umgegangen ſeyn, erhellet
daher, daß er ſich ſchon vierzehn Tage vorher die
Jagdflinte, womit er ſich entleibte, von einem
Studenten, Namens Ballo, geborgt hatte. Auf
ſeinem Tiſche fand man einen Brief an Hn. Ein-

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[168/0176] bis gegen ein Uhr. Auf dem Nachhauſegang war Premßler ſehr aufgeraͤumt, und da Gebhards La- den noch offen war, traten wir ein, und machten einen Schnapps. Das Geſpraͤch kam auf ſein Maͤdchen, und Premßler aͤuſſerte, daß er ſie ganz vergeſſen habe, es ſey einfaͤltig, ſich an ein Maͤd- chen zu draͤngen, zu welchem man nicht mit Be- quemlichkeit kommen koͤnne. Wir gingen hierauf fort, und jeder begab ſich nach Haus. Den fol- genden Tag — es war ein Montag — begegnete mir Premßler um eilf Uhr Vormittags, und fragte mich, ob ich mit auf den Keller gehn wolle? Ich ſchlug es aus, weil ich nothwendig ſonſtwohin ge- hen mußte. Gleich nach zwoͤlf Uhr kam das Geruͤcht, der Chirurgus Premßler habe ſich ſelbſt erſchoſſen. Ich erſchrack, und um mich von der Wahrheit der Sache zu uͤberzeugen, lief ich hin, und fand mei- nen Freund in ſeinem Blute liegen. Er hatte ſich mit einer bloßen Ladung Pulver in den Mund ge- ſchoſſen. Daß er ſchon lange mit dem Gedanken, ſich ſelbſt zu toͤdten, muͤſſe umgegangen ſeyn, erhellet daher, daß er ſich ſchon vierzehn Tage vorher die Jagdflinte, womit er ſich entleibte, von einem Studenten, Namens Ballo, geborgt hatte. Auf ſeinem Tiſche fand man einen Brief an Hn. Ein-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/176>, abgerufen am 07.05.2024.