Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht; welche um den König waren, vorzüglich
fürchtete ich, ein gewisser Theologe, dessen Per-
sonnage dem Monarchen wichtig scheinen mußte,
mögte mir einen üblen Gefallen thun, aus reiner
Menschenliebe nämlich, wie sichs von selbst ver-
steht. Es ist eine gar herrliche Sache um die
Gesetze und die Moral: wer klug ist, kann immer
seinen Leidenschaften Gehör geben, und findet doch
immer gute Gründe zur Entschuldigung, und zur
Beschönigung der unbilligsten Dinge findet man
Gesetze. Sollte man wohl folgenden Vorfall glau-
ben? Und doch hat sich die Sache gerade so zuge-
tragen, wie ich sie erzähle.

Ein gewisser Student der Rechte, aus Schle-
sien gebürtig, suchte vor einiger Zeit, etwan vor
sechs Monaten, um den Freytisch nach: man
machte ihm Hoffnung dazu, und er stellte sich zum
Examen. Weder gegen seine Kenntnisse, welche
gar nicht gemein sind, noch gegen seine Lebensart,
welche sehr regelmäßig und gesittet ist, konnte das
Geringste eingewendet werden, und doch erhielt
er den ihm zugesagten Freytisch nicht, weil er --
katholisch war. Wenn etwan ein Pastor
Götz zu Hamburg, ein Professor Seiler in Erlan-
gen, oder ein Bechtold in Gießen so einen Grund
das Beneficium zu versagen, angeführt hätten,
wollte ich kein Wort sagen: denn bey diesen Leuten

nicht; welche um den Koͤnig waren, vorzuͤglich
fuͤrchtete ich, ein gewiſſer Theologe, deſſen Per-
ſonnage dem Monarchen wichtig ſcheinen mußte,
moͤgte mir einen uͤblen Gefallen thun, aus reiner
Menſchenliebe naͤmlich, wie ſichs von ſelbſt ver-
ſteht. Es iſt eine gar herrliche Sache um die
Geſetze und die Moral: wer klug iſt, kann immer
ſeinen Leidenſchaften Gehoͤr geben, und findet doch
immer gute Gruͤnde zur Entſchuldigung, und zur
Beſchoͤnigung der unbilligſten Dinge findet man
Geſetze. Sollte man wohl folgenden Vorfall glau-
ben? Und doch hat ſich die Sache gerade ſo zuge-
tragen, wie ich ſie erzaͤhle.

Ein gewiſſer Student der Rechte, aus Schle-
ſien gebuͤrtig, ſuchte vor einiger Zeit, etwan vor
ſechs Monaten, um den Freytiſch nach: man
machte ihm Hoffnung dazu, und er ſtellte ſich zum
Examen. Weder gegen ſeine Kenntniſſe, welche
gar nicht gemein ſind, noch gegen ſeine Lebensart,
welche ſehr regelmaͤßig und geſittet iſt, konnte das
Geringſte eingewendet werden, und doch erhielt
er den ihm zugeſagten Freytiſch nicht, weil er —
katholiſch war. Wenn etwan ein Paſtor
Goͤtz zu Hamburg, ein Profeſſor Seiler in Erlan-
gen, oder ein Bechtold in Gießen ſo einen Grund
das Beneficium zu verſagen, angefuͤhrt haͤtten,
wollte ich kein Wort ſagen: denn bey dieſen Leuten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="140"/>
nicht; welche um den Ko&#x0364;nig waren, vorzu&#x0364;glich<lb/>
fu&#x0364;rchtete ich, ein gewi&#x017F;&#x017F;er Theologe, de&#x017F;&#x017F;en Per-<lb/>
&#x017F;onnage dem Monarchen wichtig &#x017F;cheinen mußte,<lb/>
mo&#x0364;gte mir einen u&#x0364;blen Gefallen thun, aus reiner<lb/>
Men&#x017F;chenliebe na&#x0364;mlich, wie &#x017F;ichs von &#x017F;elb&#x017F;t ver-<lb/>
&#x017F;teht. Es i&#x017F;t eine gar herrliche Sache um die<lb/>
Ge&#x017F;etze und die Moral: wer klug i&#x017F;t, kann immer<lb/>
&#x017F;einen Leiden&#x017F;chaften Geho&#x0364;r geben, und findet doch<lb/>
immer gute Gru&#x0364;nde zur Ent&#x017F;chuldigung, und zur<lb/>
Be&#x017F;cho&#x0364;nigung der unbillig&#x017F;ten Dinge findet man<lb/>
Ge&#x017F;etze. Sollte man wohl folgenden Vorfall glau-<lb/>
ben? Und doch hat &#x017F;ich die Sache gerade &#x017F;o zuge-<lb/>
tragen, wie ich &#x017F;ie erza&#x0364;hle.</p><lb/>
        <p>Ein gewi&#x017F;&#x017F;er Student der Rechte, aus Schle-<lb/>
&#x017F;ien gebu&#x0364;rtig, &#x017F;uchte vor einiger Zeit, etwan vor<lb/>
&#x017F;echs Monaten, um den Freyti&#x017F;ch nach: man<lb/>
machte ihm Hoffnung dazu, und er &#x017F;tellte &#x017F;ich zum<lb/>
Examen. Weder gegen &#x017F;eine Kenntni&#x017F;&#x017F;e, welche<lb/>
gar nicht gemein &#x017F;ind, noch gegen &#x017F;eine Lebensart,<lb/>
welche &#x017F;ehr regelma&#x0364;ßig und ge&#x017F;ittet i&#x017F;t, konnte das<lb/>
Gering&#x017F;te eingewendet werden, und doch erhielt<lb/>
er den ihm zuge&#x017F;agten Freyti&#x017F;ch nicht, weil er &#x2014;<lb/><hi rendition="#g">katholi&#x017F;ch</hi> war. Wenn etwan ein Pa&#x017F;tor<lb/>
Go&#x0364;tz zu Hamburg, ein Profe&#x017F;&#x017F;or Seiler in Erlan-<lb/>
gen, oder ein Bechtold in Gießen &#x017F;o einen Grund<lb/>
das Beneficium zu ver&#x017F;agen, angefu&#x0364;hrt ha&#x0364;tten,<lb/>
wollte ich kein Wort &#x017F;agen: denn bey die&#x017F;en Leuten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0148] nicht; welche um den Koͤnig waren, vorzuͤglich fuͤrchtete ich, ein gewiſſer Theologe, deſſen Per- ſonnage dem Monarchen wichtig ſcheinen mußte, moͤgte mir einen uͤblen Gefallen thun, aus reiner Menſchenliebe naͤmlich, wie ſichs von ſelbſt ver- ſteht. Es iſt eine gar herrliche Sache um die Geſetze und die Moral: wer klug iſt, kann immer ſeinen Leidenſchaften Gehoͤr geben, und findet doch immer gute Gruͤnde zur Entſchuldigung, und zur Beſchoͤnigung der unbilligſten Dinge findet man Geſetze. Sollte man wohl folgenden Vorfall glau- ben? Und doch hat ſich die Sache gerade ſo zuge- tragen, wie ich ſie erzaͤhle. Ein gewiſſer Student der Rechte, aus Schle- ſien gebuͤrtig, ſuchte vor einiger Zeit, etwan vor ſechs Monaten, um den Freytiſch nach: man machte ihm Hoffnung dazu, und er ſtellte ſich zum Examen. Weder gegen ſeine Kenntniſſe, welche gar nicht gemein ſind, noch gegen ſeine Lebensart, welche ſehr regelmaͤßig und geſittet iſt, konnte das Geringſte eingewendet werden, und doch erhielt er den ihm zugeſagten Freytiſch nicht, weil er — katholiſch war. Wenn etwan ein Paſtor Goͤtz zu Hamburg, ein Profeſſor Seiler in Erlan- gen, oder ein Bechtold in Gießen ſo einen Grund das Beneficium zu verſagen, angefuͤhrt haͤtten, wollte ich kein Wort ſagen: denn bey dieſen Leuten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/148
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/148>, abgerufen am 27.04.2024.