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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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rede immer nicht von allen -- in der Real-Zoto-
logie, welche doch große Wissenschaft der Verbal-
Zotologie voraussezt, gebracht haben, mag fol-
gendes Geschichtchen beweisen.

Im Jahr 1778 verließ ein gewisser von
H... die Universität Göttingen, wo er nichts ge-
lernt, aber doch zum Ersatz für Professoren und
Philister, große Summen verzehrt hatte. Dieser
H.... gab den Tag vor seinem Abzug einen
Schmauß, wozu auch ich eingeladen wurde. Ohn-
gefähr dreißig Personen wurden herrlich tractirt,
nachdem aber alle beysammen waren, trat Hr. H...
auf, und erklärte, daß jeder, welcher vor dem
allgemeinen Aufbruch auch nur aus der Stube gehen
würde, für einen Hunzfott gehalten werden sollte.
Auf jeder andern Universität würde ein solches
Hunzfottsetzen
Unwillen und vielleicht gar
Ausbruch des Unwillens in der ganzen Gesell-
schaft verursacht haben, aber die Herren Göttinger
applaudirten den witzigen Einfall; damit aber das
strenge Gebot, nicht zur Thüre hinaus zu gehen,
desto besser möchte gehalten werden, mußte Con-
rad, der Bediente, die Thüre verschließen,
welche er nur dann öffnete, wenn Chocolade,
Wein, Punsch, Essen und d. gl. hineingebracht
werden mußte. Weder Nachtstuhl noch Nachttopf
war zu sehen, alle Necessitäten mußten entweder
zum Fenster hinaus, oder in die Stube gemacht

rede immer nicht von allen — in der Real-Zoto-
logie, welche doch große Wiſſenſchaft der Verbal-
Zotologie vorausſezt, gebracht haben, mag fol-
gendes Geſchichtchen beweiſen.

Im Jahr 1778 verließ ein gewiſſer von
H... die Univerſitaͤt Goͤttingen, wo er nichts ge-
lernt, aber doch zum Erſatz fuͤr Profeſſoren und
Philiſter, große Summen verzehrt hatte. Dieſer
H.... gab den Tag vor ſeinem Abzug einen
Schmauß, wozu auch ich eingeladen wurde. Ohn-
gefaͤhr dreißig Perſonen wurden herrlich tractirt,
nachdem aber alle beyſammen waren, trat Hr. H...
auf, und erklaͤrte, daß jeder, welcher vor dem
allgemeinen Aufbruch auch nur aus der Stube gehen
wuͤrde, fuͤr einen Hunzfott gehalten werden ſollte.
Auf jeder andern Univerſitaͤt wuͤrde ein ſolches
Hunzfottſetzen
Unwillen und vielleicht gar
Ausbruch des Unwillens in der ganzen Geſell-
ſchaft verurſacht haben, aber die Herren Goͤttinger
applaudirten den witzigen Einfall; damit aber das
ſtrenge Gebot, nicht zur Thuͤre hinaus zu gehen,
deſto beſſer moͤchte gehalten werden, mußte Con-
rad, der Bediente, die Thuͤre verſchließen,
welche er nur dann oͤffnete, wenn Chocolade,
Wein, Punſch, Eſſen und d. gl. hineingebracht
werden mußte. Weder Nachtſtuhl noch Nachttopf
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[109/0117] rede immer nicht von allen — in der Real-Zoto- logie, welche doch große Wiſſenſchaft der Verbal- Zotologie vorausſezt, gebracht haben, mag fol- gendes Geſchichtchen beweiſen. Im Jahr 1778 verließ ein gewiſſer von H... die Univerſitaͤt Goͤttingen, wo er nichts ge- lernt, aber doch zum Erſatz fuͤr Profeſſoren und Philiſter, große Summen verzehrt hatte. Dieſer H.... gab den Tag vor ſeinem Abzug einen Schmauß, wozu auch ich eingeladen wurde. Ohn- gefaͤhr dreißig Perſonen wurden herrlich tractirt, nachdem aber alle beyſammen waren, trat Hr. H... auf, und erklaͤrte, daß jeder, welcher vor dem allgemeinen Aufbruch auch nur aus der Stube gehen wuͤrde, fuͤr einen Hunzfott gehalten werden ſollte. Auf jeder andern Univerſitaͤt wuͤrde ein ſolches Hunzfottſetzen Unwillen und vielleicht gar Ausbruch des Unwillens in der ganzen Geſell- ſchaft verurſacht haben, aber die Herren Goͤttinger applaudirten den witzigen Einfall; damit aber das ſtrenge Gebot, nicht zur Thuͤre hinaus zu gehen, deſto beſſer moͤchte gehalten werden, mußte Con- rad, der Bediente, die Thuͤre verſchließen, welche er nur dann oͤffnete, wenn Chocolade, Wein, Punſch, Eſſen und d. gl. hineingebracht werden mußte. Weder Nachtſtuhl noch Nachttopf war zu ſehen, alle Neceſſitaͤten mußten entweder zum Fenſter hinaus, oder in die Stube gemacht

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/117>, abgerufen am 27.04.2024.