rede immer nicht von allen -- in der Real-Zoto- logie, welche doch große Wissenschaft der Verbal- Zotologie voraussezt, gebracht haben, mag fol- gendes Geschichtchen beweisen.
Im Jahr 1778 verließ ein gewisser von H... die Universität Göttingen, wo er nichts ge- lernt, aber doch zum Ersatz für Professoren und Philister, große Summen verzehrt hatte. Dieser H.... gab den Tag vor seinem Abzug einen Schmauß, wozu auch ich eingeladen wurde. Ohn- gefähr dreißig Personen wurden herrlich tractirt, nachdem aber alle beysammen waren, trat Hr. H... auf, und erklärte, daß jeder, welcher vor dem allgemeinen Aufbruch auch nur aus der Stube gehen würde, für einen Hunzfott gehalten werden sollte. Auf jeder andern Universität würde ein solches Hunzfottsetzen Unwillen und vielleicht gar Ausbruch des Unwillens in der ganzen Gesell- schaft verursacht haben, aber die Herren Göttinger applaudirten den witzigen Einfall; damit aber das strenge Gebot, nicht zur Thüre hinaus zu gehen, desto besser möchte gehalten werden, mußte Con- rad, der Bediente, die Thüre verschließen, welche er nur dann öffnete, wenn Chocolade, Wein, Punsch, Essen und d. gl. hineingebracht werden mußte. Weder Nachtstuhl noch Nachttopf war zu sehen, alle Necessitäten mußten entweder zum Fenster hinaus, oder in die Stube gemacht
rede immer nicht von allen — in der Real-Zoto- logie, welche doch große Wiſſenſchaft der Verbal- Zotologie vorausſezt, gebracht haben, mag fol- gendes Geſchichtchen beweiſen.
Im Jahr 1778 verließ ein gewiſſer von H... die Univerſitaͤt Goͤttingen, wo er nichts ge- lernt, aber doch zum Erſatz fuͤr Profeſſoren und Philiſter, große Summen verzehrt hatte. Dieſer H.... gab den Tag vor ſeinem Abzug einen Schmauß, wozu auch ich eingeladen wurde. Ohn- gefaͤhr dreißig Perſonen wurden herrlich tractirt, nachdem aber alle beyſammen waren, trat Hr. H... auf, und erklaͤrte, daß jeder, welcher vor dem allgemeinen Aufbruch auch nur aus der Stube gehen wuͤrde, fuͤr einen Hunzfott gehalten werden ſollte. Auf jeder andern Univerſitaͤt wuͤrde ein ſolches Hunzfottſetzen Unwillen und vielleicht gar Ausbruch des Unwillens in der ganzen Geſell- ſchaft verurſacht haben, aber die Herren Goͤttinger applaudirten den witzigen Einfall; damit aber das ſtrenge Gebot, nicht zur Thuͤre hinaus zu gehen, deſto beſſer moͤchte gehalten werden, mußte Con- rad, der Bediente, die Thuͤre verſchließen, welche er nur dann oͤffnete, wenn Chocolade, Wein, Punſch, Eſſen und d. gl. hineingebracht werden mußte. Weder Nachtſtuhl noch Nachttopf war zu ſehen, alle Neceſſitaͤten mußten entweder zum Fenſter hinaus, oder in die Stube gemacht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0117"n="109"/>
rede immer nicht von allen — in der Real-Zoto-<lb/>
logie, welche doch große Wiſſenſchaft der Verbal-<lb/>
Zotologie vorausſezt, gebracht haben, mag fol-<lb/>
gendes Geſchichtchen beweiſen.</p><lb/><p>Im Jahr 1778 verließ ein gewiſſer von<lb/>
H... die Univerſitaͤt Goͤttingen, wo er nichts ge-<lb/>
lernt, aber doch zum Erſatz fuͤr Profeſſoren und<lb/>
Philiſter, große Summen verzehrt hatte. Dieſer<lb/>
H.... gab den Tag vor ſeinem Abzug einen<lb/>
Schmauß, wozu auch ich eingeladen wurde. Ohn-<lb/>
gefaͤhr dreißig Perſonen wurden herrlich tractirt,<lb/>
nachdem aber alle beyſammen waren, trat Hr. H...<lb/>
auf, und erklaͤrte, daß jeder, welcher vor dem<lb/>
allgemeinen Aufbruch auch nur aus der Stube gehen<lb/>
wuͤrde, fuͤr einen Hunzfott gehalten werden ſollte.<lb/>
Auf jeder andern Univerſitaͤt wuͤrde ein <hirendition="#g">ſolches<lb/>
Hunzfottſetzen</hi> Unwillen und vielleicht gar<lb/>
Ausbruch des Unwillens in der <hirendition="#g">ganzen</hi> Geſell-<lb/>ſchaft verurſacht haben, aber die Herren Goͤttinger<lb/>
applaudirten den witzigen Einfall; damit aber das<lb/>ſtrenge Gebot, nicht zur Thuͤre hinaus zu gehen,<lb/>
deſto beſſer moͤchte gehalten werden, mußte Con-<lb/>
rad, der Bediente, die Thuͤre verſchließen,<lb/>
welche er nur dann oͤffnete, wenn Chocolade,<lb/>
Wein, Punſch, Eſſen und d. gl. hineingebracht<lb/>
werden mußte. Weder Nachtſtuhl noch Nachttopf<lb/>
war zu ſehen, alle Neceſſitaͤten mußten entweder<lb/>
zum Fenſter hinaus, oder in die Stube gemacht<lb/></p></div></body></text></TEI>
[109/0117]
rede immer nicht von allen — in der Real-Zoto-
logie, welche doch große Wiſſenſchaft der Verbal-
Zotologie vorausſezt, gebracht haben, mag fol-
gendes Geſchichtchen beweiſen.
Im Jahr 1778 verließ ein gewiſſer von
H... die Univerſitaͤt Goͤttingen, wo er nichts ge-
lernt, aber doch zum Erſatz fuͤr Profeſſoren und
Philiſter, große Summen verzehrt hatte. Dieſer
H.... gab den Tag vor ſeinem Abzug einen
Schmauß, wozu auch ich eingeladen wurde. Ohn-
gefaͤhr dreißig Perſonen wurden herrlich tractirt,
nachdem aber alle beyſammen waren, trat Hr. H...
auf, und erklaͤrte, daß jeder, welcher vor dem
allgemeinen Aufbruch auch nur aus der Stube gehen
wuͤrde, fuͤr einen Hunzfott gehalten werden ſollte.
Auf jeder andern Univerſitaͤt wuͤrde ein ſolches
Hunzfottſetzen Unwillen und vielleicht gar
Ausbruch des Unwillens in der ganzen Geſell-
ſchaft verurſacht haben, aber die Herren Goͤttinger
applaudirten den witzigen Einfall; damit aber das
ſtrenge Gebot, nicht zur Thuͤre hinaus zu gehen,
deſto beſſer moͤchte gehalten werden, mußte Con-
rad, der Bediente, die Thuͤre verſchließen,
welche er nur dann oͤffnete, wenn Chocolade,
Wein, Punſch, Eſſen und d. gl. hineingebracht
werden mußte. Weder Nachtſtuhl noch Nachttopf
war zu ſehen, alle Neceſſitaͤten mußten entweder
zum Fenſter hinaus, oder in die Stube gemacht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/117>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.