dern Advokaten annehme, als der war, durch dessen Griffel er mich verklaget hat; denn das Kla- geding, welches nach Halle gekommen ist, war gar ein klägliches Klageding, welches Boos wohl selbst könnte fabricirt haben, wenn nicht die vie- len lateinisch seyn sollenden Brocken und der abge- schmakte Styl, die Fabrik eines Advokaten hin- länglich anzeigten.
Weil ich aber doch von Göttingen rede, will ich einen Irrthum widerlegen, den man in Rück- sicht der dasigen Professoren und Studenten schon seit der Errichtung der Universität hegt. Man bil- det sich nämlich ein, die Herren Göttinger seyen Muster der feinen Lebensart, und übertrieben es hierin wohl mehr, als daß sie es woran mangeln ließen. Dieß ist, selbst mit Erlaubniß der Göttin- ger Herren nicht wahr, durchaus nämlich nicht: denn daß es in Göttingen Professoren und Stu- denten von sehr feinen Sitten gab, hab ich selbst erfahren, und zweifle nicht, daß es in diesem Stück seit meiner Zeit noch besser geworden ist. Jedoch gab es einige Professoren daselbst, welche auf dem Katheder fleißig die große Glocke lau- teten und ohngefähr eine Sprache führten, wie die Musketiere auf der Hauptwache. Besonders war ein gewisser Herr Jurist da, welchem es Arms- dick aus dem Maule ging, wenn er Beyspiele
dern Advokaten annehme, als der war, durch deſſen Griffel er mich verklaget hat; denn das Kla- geding, welches nach Halle gekommen iſt, war gar ein klaͤgliches Klageding, welches Boos wohl ſelbſt koͤnnte fabricirt haben, wenn nicht die vie- len lateiniſch ſeyn ſollenden Brocken und der abge- ſchmakte Styl, die Fabrik eines Advokaten hin- laͤnglich anzeigten.
Weil ich aber doch von Goͤttingen rede, will ich einen Irrthum widerlegen, den man in Ruͤck- ſicht der daſigen Profeſſoren und Studenten ſchon ſeit der Errichtung der Univerſitaͤt hegt. Man bil- det ſich naͤmlich ein, die Herren Goͤttinger ſeyen Muſter der feinen Lebensart, und uͤbertrieben es hierin wohl mehr, als daß ſie es woran mangeln ließen. Dieß iſt, ſelbſt mit Erlaubniß der Goͤttin- ger Herren nicht wahr, durchaus naͤmlich nicht: denn daß es in Goͤttingen Profeſſoren und Stu- denten von ſehr feinen Sitten gab, hab ich ſelbſt erfahren, und zweifle nicht, daß es in dieſem Stuͤck ſeit meiner Zeit noch beſſer geworden iſt. Jedoch gab es einige Profeſſoren daſelbſt, welche auf dem Katheder fleißig die große Glocke lau- teten und ohngefaͤhr eine Sprache fuͤhrten, wie die Musketiere auf der Hauptwache. Beſonders war ein gewiſſer Herr Juriſt da, welchem es Arms- dick aus dem Maule ging, wenn er Beyſpiele
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0115"n="107"/>
dern Advokaten annehme, als der war, durch<lb/>
deſſen Griffel er mich verklaget hat; denn das Kla-<lb/>
geding, welches nach Halle gekommen iſt, war<lb/>
gar ein klaͤgliches Klageding, welches Boos wohl<lb/>ſelbſt koͤnnte fabricirt haben, wenn nicht die vie-<lb/>
len lateiniſch ſeyn ſollenden Brocken und der abge-<lb/>ſchmakte Styl, die Fabrik eines Advokaten hin-<lb/>
laͤnglich anzeigten.</p><lb/><p>Weil ich aber doch von Goͤttingen rede, will<lb/>
ich einen Irrthum widerlegen, den man in Ruͤck-<lb/>ſicht der daſigen Profeſſoren und Studenten ſchon<lb/>ſeit der Errichtung der Univerſitaͤt hegt. Man bil-<lb/>
det ſich naͤmlich ein, die Herren Goͤttinger ſeyen<lb/>
Muſter der feinen Lebensart, und uͤbertrieben es<lb/>
hierin wohl mehr, als daß ſie es woran mangeln<lb/>
ließen. Dieß iſt, ſelbſt mit Erlaubniß der Goͤttin-<lb/>
ger Herren nicht wahr, durchaus naͤmlich nicht:<lb/>
denn daß es in Goͤttingen Profeſſoren und Stu-<lb/>
denten von ſehr feinen Sitten gab, hab ich ſelbſt<lb/>
erfahren, und zweifle nicht, daß es in dieſem<lb/>
Stuͤck ſeit meiner Zeit noch beſſer geworden iſt.<lb/>
Jedoch gab es einige Profeſſoren daſelbſt, welche<lb/>
auf dem Katheder fleißig die große Glocke lau-<lb/>
teten und ohngefaͤhr eine Sprache fuͤhrten, wie<lb/>
die Musketiere auf der Hauptwache. Beſonders<lb/>
war ein gewiſſer Herr Juriſt da, welchem es Arms-<lb/>
dick aus dem Maule ging, wenn er Beyſpiele<lb/></p></div></body></text></TEI>
[107/0115]
dern Advokaten annehme, als der war, durch
deſſen Griffel er mich verklaget hat; denn das Kla-
geding, welches nach Halle gekommen iſt, war
gar ein klaͤgliches Klageding, welches Boos wohl
ſelbſt koͤnnte fabricirt haben, wenn nicht die vie-
len lateiniſch ſeyn ſollenden Brocken und der abge-
ſchmakte Styl, die Fabrik eines Advokaten hin-
laͤnglich anzeigten.
Weil ich aber doch von Goͤttingen rede, will
ich einen Irrthum widerlegen, den man in Ruͤck-
ſicht der daſigen Profeſſoren und Studenten ſchon
ſeit der Errichtung der Univerſitaͤt hegt. Man bil-
det ſich naͤmlich ein, die Herren Goͤttinger ſeyen
Muſter der feinen Lebensart, und uͤbertrieben es
hierin wohl mehr, als daß ſie es woran mangeln
ließen. Dieß iſt, ſelbſt mit Erlaubniß der Goͤttin-
ger Herren nicht wahr, durchaus naͤmlich nicht:
denn daß es in Goͤttingen Profeſſoren und Stu-
denten von ſehr feinen Sitten gab, hab ich ſelbſt
erfahren, und zweifle nicht, daß es in dieſem
Stuͤck ſeit meiner Zeit noch beſſer geworden iſt.
Jedoch gab es einige Profeſſoren daſelbſt, welche
auf dem Katheder fleißig die große Glocke lau-
teten und ohngefaͤhr eine Sprache fuͤhrten, wie
die Musketiere auf der Hauptwache. Beſonders
war ein gewiſſer Herr Juriſt da, welchem es Arms-
dick aus dem Maule ging, wenn er Beyſpiele
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/115>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.