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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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der Sprachen, nicht selbst gegen das Edle oder
Schickliche in irgend einer Sprache aufzustoßen,
werde ich mich bemühen, den Studenten-Ton da
zu vermeiden, wo er barbarisch, steif, abgeschmackt
oder kindisch ist. Affektiren aber werde ich
nimmermehr den feinern Ton, der eben, weil
er affektirt wäre, mich schlecht kleiden würde.

Unter den Hallischen Bürgern giebt es manchen
braven Mann, der mein Freund ist. Die hallische
Bürgerschaft besteht gewiß aus Leuten, mit de-
nen es sich gut umgehen läßt, im allgemeinen
nämlich: denn daß mancher Wicht und mancher
Taugenichts unter ihnen stecke, ist hier, wie in je-
der großen Stadt, unvermeidlich. Der Umgang
mit Bürgern auf den Kellern besonders auf dem
Universitätskeller, auf dem Mail, dem Grünen-Hof
und an andern Orten hat mir manches Vergnügen und
manche frohe Stunde gemacht. Die Leute sind grö-
stentheils jovialisch und haben ganz gesunde Einfälle.
In ihrer Gesellschaft ist -- wenigstens für mich --
mehr ungezwungene, mannigfaltige, innige Un-
terhaltung, als in den Zusammenkünften der so-
genannten Honoratioren, wo man, um nicht vor
Langerweile zu sterben, oft gezwungen ist, Ge-
sellschaftsspiele anzustellen, oder einen Zeitvertreib
zu wählen, der nicht elender kann erdacht werden.
Man lese nur Dreysigs Buch über die Gesell-

der Sprachen, nicht ſelbſt gegen das Edle oder
Schickliche in irgend einer Sprache aufzuſtoßen,
werde ich mich bemuͤhen, den Studenten-Ton da
zu vermeiden, wo er barbariſch, ſteif, abgeſchmackt
oder kindiſch iſt. Affektiren aber werde ich
nimmermehr den feinern Ton, der eben, weil
er affektirt waͤre, mich ſchlecht kleiden wuͤrde.

Unter den Halliſchen Buͤrgern giebt es manchen
braven Mann, der mein Freund iſt. Die halliſche
Buͤrgerſchaft beſteht gewiß aus Leuten, mit de-
nen es ſich gut umgehen laͤßt, im allgemeinen
naͤmlich: denn daß mancher Wicht und mancher
Taugenichts unter ihnen ſtecke, iſt hier, wie in je-
der großen Stadt, unvermeidlich. Der Umgang
mit Buͤrgern auf den Kellern beſonders auf dem
Univerſitaͤtskeller, auf dem Mail, dem Gruͤnen-Hof
und an andern Orten hat mir manches Vergnuͤgen und
manche frohe Stunde gemacht. Die Leute ſind groͤ-
ſtentheils jovialiſch und haben ganz geſunde Einfaͤlle.
In ihrer Geſellſchaft iſt — wenigſtens fuͤr mich —
mehr ungezwungene, mannigfaltige, innige Un-
terhaltung, als in den Zuſammenkuͤnften der ſo-
genannten Honoratioren, wo man, um nicht vor
Langerweile zu ſterben, oft gezwungen iſt, Ge-
ſellſchaftsſpiele anzuſtellen, oder einen Zeitvertreib
zu waͤhlen, der nicht elender kann erdacht werden.
Man leſe nur Dreyſigs Buch uͤber die Geſell-

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[350/0354] der Sprachen, nicht ſelbſt gegen das Edle oder Schickliche in irgend einer Sprache aufzuſtoßen, werde ich mich bemuͤhen, den Studenten-Ton da zu vermeiden, wo er barbariſch, ſteif, abgeſchmackt oder kindiſch iſt. Affektiren aber werde ich nimmermehr den feinern Ton, der eben, weil er affektirt waͤre, mich ſchlecht kleiden wuͤrde. Unter den Halliſchen Buͤrgern giebt es manchen braven Mann, der mein Freund iſt. Die halliſche Buͤrgerſchaft beſteht gewiß aus Leuten, mit de- nen es ſich gut umgehen laͤßt, im allgemeinen naͤmlich: denn daß mancher Wicht und mancher Taugenichts unter ihnen ſtecke, iſt hier, wie in je- der großen Stadt, unvermeidlich. Der Umgang mit Buͤrgern auf den Kellern beſonders auf dem Univerſitaͤtskeller, auf dem Mail, dem Gruͤnen-Hof und an andern Orten hat mir manches Vergnuͤgen und manche frohe Stunde gemacht. Die Leute ſind groͤ- ſtentheils jovialiſch und haben ganz geſunde Einfaͤlle. In ihrer Geſellſchaft iſt — wenigſtens fuͤr mich — mehr ungezwungene, mannigfaltige, innige Un- terhaltung, als in den Zuſammenkuͤnften der ſo- genannten Honoratioren, wo man, um nicht vor Langerweile zu ſterben, oft gezwungen iſt, Ge- ſellſchaftsſpiele anzuſtellen, oder einen Zeitvertreib zu waͤhlen, der nicht elender kann erdacht werden. Man leſe nur Dreyſigs Buch uͤber die Geſell-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/354>, abgerufen am 24.11.2024.