eben daher war mein Unterricht auch niemals so beschaffen, wie er hätte seyn können, und wie er nach meiner eignen Einsicht hätte seyn sollen. Es wird auch wirklich eine sehr lange Uebung erfodert, um unterscheiden zu lernen, was bey einem Unter- richte wesentlich ist, und nicht ist, und was man eigentlich selbst wissen müsse, um Andere in diesen oder jener Disciplin fortzuhelfen. Läßt man dieß aus der Acht, so läuft man Gefahr, wirklich noth- wendige Dinge für Kleinigkeiten oder gar für Ne- bendinge zu halten, und umgekehrt.
Ich glaube diesen Unterschied aus langer Erfahrung gelernt zu haben, und werde mich in Zukunft bemühen, meinen Unterricht ganz danach einzurichten. Ich bin auch sicher genug, daß es mir, so lange ich in Halle und bey Kräften seyn werde, nicht an Gelegenheit fehlen wird, den Herren Studenten -- denn sonst lehre ich keinen -- durch meine geringen Kenntniße nützlich zu werden.
Ich kann nicht läugnen, daß mir der Ton der Studenten immer anhängt, und daß es mir beynahe unmöglich geworden ist, ihn jemals ganz abzule- gen. Ich lebe und webe schon länger als zwan- zig Jahre unter Studenten, denn auch als Soldat ging ich fast nur mit Studenten um. Auf diese Art ist mir der Studenten-Ton, so zu sagen, zur andern Natur geworden. Um indeß, als Lehrer
eben daher war mein Unterricht auch niemals ſo beſchaffen, wie er haͤtte ſeyn koͤnnen, und wie er nach meiner eignen Einſicht haͤtte ſeyn ſollen. Es wird auch wirklich eine ſehr lange Uebung erfodert, um unterſcheiden zu lernen, was bey einem Unter- richte weſentlich iſt, und nicht iſt, und was man eigentlich ſelbſt wiſſen muͤſſe, um Andere in dieſen oder jener Disciplin fortzuhelfen. Laͤßt man dieß aus der Acht, ſo laͤuft man Gefahr, wirklich noth- wendige Dinge fuͤr Kleinigkeiten oder gar fuͤr Ne- bendinge zu halten, und umgekehrt.
Ich glaube dieſen Unterſchied aus langer Erfahrung gelernt zu haben, und werde mich in Zukunft bemuͤhen, meinen Unterricht ganz danach einzurichten. Ich bin auch ſicher genug, daß es mir, ſo lange ich in Halle und bey Kraͤften ſeyn werde, nicht an Gelegenheit fehlen wird, den Herren Studenten — denn ſonſt lehre ich keinen — durch meine geringen Kenntniße nuͤtzlich zu werden.
Ich kann nicht laͤugnen, daß mir der Ton der Studenten immer anhaͤngt, und daß es mir beynahe unmoͤglich geworden iſt, ihn jemals ganz abzule- gen. Ich lebe und webe ſchon laͤnger als zwan- zig Jahre unter Studenten, denn auch als Soldat ging ich faſt nur mit Studenten um. Auf dieſe Art iſt mir der Studenten-Ton, ſo zu ſagen, zur andern Natur geworden. Um indeß, als Lehrer
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eben daher war mein Unterricht auch niemals ſo
beſchaffen, wie er haͤtte ſeyn koͤnnen, und wie er
nach meiner eignen Einſicht haͤtte ſeyn ſollen. Es
wird auch wirklich eine ſehr lange Uebung erfodert,
um unterſcheiden zu lernen, was bey einem Unter-
richte weſentlich iſt, und nicht iſt, und was man
eigentlich ſelbſt wiſſen muͤſſe, um Andere in dieſen
oder jener Disciplin fortzuhelfen. Laͤßt man dieß
aus der Acht, ſo laͤuft man Gefahr, wirklich noth-
wendige Dinge fuͤr Kleinigkeiten oder gar fuͤr Ne-
bendinge zu halten, und umgekehrt.
Ich glaube dieſen Unterſchied aus langer
Erfahrung gelernt zu haben, und werde mich in
Zukunft bemuͤhen, meinen Unterricht ganz danach
einzurichten. Ich bin auch ſicher genug, daß es
mir, ſo lange ich in Halle und bey Kraͤften ſeyn
werde, nicht an Gelegenheit fehlen wird, den
Herren Studenten — denn ſonſt lehre ich keinen —
durch meine geringen Kenntniße nuͤtzlich zu werden.
Ich kann nicht laͤugnen, daß mir der Ton der
Studenten immer anhaͤngt, und daß es mir beynahe
unmoͤglich geworden iſt, ihn jemals ganz abzule-
gen. Ich lebe und webe ſchon laͤnger als zwan-
zig Jahre unter Studenten, denn auch als Soldat
ging ich faſt nur mit Studenten um. Auf dieſe
Art iſt mir der Studenten-Ton, ſo zu ſagen, zur
andern Natur geworden. Um indeß, als Lehrer
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/353>, abgerufen am 24.11.2024.
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