vivendi, ut velis. Quis igitur vivit, ut vult, nisi, qui recta sequitur, qui gaudet officio, cui vivendi via considerata atque provisa est.*) Sehen Sie, das ist der beßte Exorcismus für Sie!"
"Sie wissen, ich liebe die Sentenzen, denn ich habe ihre Kraft in meiner dreyjährigen Gefan- genschaft gefühlt; und darum müssen Sie es über- sehen, wenn ich den Spruch-reichen Mirabell nachmache. Ich meyne es gut damit, und hoffe Sie durch eben das aufzurichten, wodurch ich noch existire... Und was ich konnte, warum sollten Sie das nicht auch können, zumal, da Sie mehr Einsicht haben, als ich, und nicht, wie sonst ich, gefangen sitzen, es sey denn in der Folterkammer eines fracti animi et abjecti et arbitrio carentis suo, wie Cicero die moralische Sklaverey beschreibt. **) Ist aber dieses, dann denken Sie an das O toties servus, worüber ich Ihnen vor Ihrer Zurückkunft schrieb. Ich denke, wir besuchen unsern Bou- vier, und sprechen unterwegs davon weiter."
Gesagt, gethan! Wir sprachen davon auf dem Hin- und Herwege weiter. Bispinks Fe- stigkeit, Bispinks angemeßne Sentenzen, und noch mehr Bispinks väterliche Gesinnung gegen mich,
*)Parad. V. C. I.
**) An dem eben angeführten Orte.
vivendi, ut velis. Quis igitur vivit, ut vult, niſi, qui recta ſequitur, qui gaudet officio, cui vivendi via conſiderata atque proviſa eſt.*) Sehen Sie, das iſt der beßte Exorcismus fuͤr Sie!“
„Sie wiſſen, ich liebe die Sentenzen, denn ich habe ihre Kraft in meiner dreyjaͤhrigen Gefan- genſchaft gefuͤhlt; und darum muͤſſen Sie es uͤber- ſehen, wenn ich den Spruch-reichen Mirabell nachmache. Ich meyne es gut damit, und hoffe Sie durch eben das aufzurichten, wodurch ich noch exiſtire... Und was ich konnte, warum ſollten Sie das nicht auch koͤnnen, zumal, da Sie mehr Einſicht haben, als ich, und nicht, wie ſonſt ich, gefangen ſitzen, es ſey denn in der Folterkammer eines fracti animi et abjecti et arbitrio carentis ſuo, wie Cicero die moraliſche Sklaverey beſchreibt. **) Iſt aber dieſes, dann denken Sie an das O toties ſervus, woruͤber ich Ihnen vor Ihrer Zuruͤckkunft ſchrieb. Ich denke, wir beſuchen unſern Bou- vier, und ſprechen unterwegs davon weiter.“
Geſagt, gethan! Wir ſprachen davon auf dem Hin- und Herwege weiter. Bispinks Fe- ſtigkeit, Bispinks angemeßne Sentenzen, und noch mehr Bispinks vaͤterliche Geſinnung gegen mich,
*)Parad. V. C. I.
**) An dem eben angeführten Orte.
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qui recta ſequitur, qui gaudet officio, cui vivendi
via conſiderata atque proviſa eſt. *) Sehen Sie,
das iſt der beßte Exorcismus fuͤr Sie!“
„Sie wiſſen, ich liebe die Sentenzen, denn
ich habe ihre Kraft in meiner dreyjaͤhrigen Gefan-
genſchaft gefuͤhlt; und darum muͤſſen Sie es uͤber-
ſehen, wenn ich den Spruch-reichen Mirabell
nachmache. Ich meyne es gut damit, und hoffe
Sie durch eben das aufzurichten, wodurch ich noch
exiſtire... Und was ich konnte, warum ſollten
Sie das nicht auch koͤnnen, zumal, da Sie mehr
Einſicht haben, als ich, und nicht, wie ſonſt ich,
gefangen ſitzen, es ſey denn in der Folterkammer
eines fracti animi et abjecti et arbitrio carentis ſuo,
wie Cicero die moraliſche Sklaverey beſchreibt. **)
Iſt aber dieſes, dann denken Sie an das O toties
ſervus, woruͤber ich Ihnen vor Ihrer Zuruͤckkunft
ſchrieb. Ich denke, wir beſuchen unſern Bou-
vier, und ſprechen unterwegs davon weiter.“
Geſagt, gethan! Wir ſprachen davon auf
dem Hin- und Herwege weiter. Bispinks Fe-
ſtigkeit, Bispinks angemeßne Sentenzen, und noch
mehr Bispinks vaͤterliche Geſinnung gegen mich,
*) Parad. V. C. I.
**) An dem eben angeführten Orte.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/283>, abgerufen am 22.11.2024.
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