Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

was ich hörte, Hrn. Bispink mit: dieser aber,
der sich nicht vorstellen konnte, warum Hr. Eber-
hard mich zu drücken suchen sollte, da ihn gewiß
kein Interesse dazu reizen könnte, der selbst Eber-
harden zweymal meinetwegen besucht und die
vortheilhaftesten Aeußerungen über und für mich
von ihm gehört haben wollte, widersprach mir
immer, und nannte meine Relationen eine verhaßte
und niedrige Stude[nt]en-Klatscherey. Ja, er hielt
meine Besorgniß für ein täuschendes Gauckelspiel
einer übertriebenen Selbst- und Eigenliebe; oder
Eberhard müßte, wie er einst hinzufügte, in
einer gewissen Art von höfischer Verstellungskunst
ein abscheulich großer Meister seyn. Genug, ich
mußte immer unrecht haben.

Aber so sehr ich Hn. Bispink liebe und achte,
so wenig kann er mir es verargen, wenn ich ihn
einer zu gutmüthigen und nachsichtigen Denkungs-
art zeihe, und seine Meynung durchaus verwerfe:
daß man, zu seiner eignen Ruhe, sich die Men-
schen so lange als gut denken müsse, bis sie das
Entgegengesezte unwidersprechlich zeigen. Ich
dächte, seine vielfache, traurige Erfahrung hätte
ihn vom Gegentheil längst überführen sollen. Doch
ich habe ihm hierin nichts vorzuschreiben, und bin
für mich noch immer der höchstwahrscheinlichen

was ich hoͤrte, Hrn. Bispink mit: dieſer aber,
der ſich nicht vorſtellen konnte, warum Hr. Eber-
hard mich zu druͤcken ſuchen ſollte, da ihn gewiß
kein Intereſſe dazu reizen koͤnnte, der ſelbſt Eber-
harden zweymal meinetwegen beſucht und die
vortheilhafteſten Aeußerungen uͤber und fuͤr mich
von ihm gehoͤrt haben wollte, widerſprach mir
immer, und nannte meine Relationen eine verhaßte
und niedrige Stude[nt]en-Klatſcherey. Ja, er hielt
meine Beſorgniß fuͤr ein taͤuſchendes Gauckelſpiel
einer uͤbertriebenen Selbſt- und Eigenliebe; oder
Eberhard muͤßte, wie er einſt hinzufuͤgte, in
einer gewiſſen Art von hoͤfiſcher Verſtellungskunſt
ein abſcheulich großer Meiſter ſeyn. Genug, ich
mußte immer unrecht haben.

Aber ſo ſehr ich Hn. Bispink liebe und achte,
ſo wenig kann er mir es verargen, wenn ich ihn
einer zu gutmuͤthigen und nachſichtigen Denkungs-
art zeihe, und ſeine Meynung durchaus verwerfe:
daß man, zu ſeiner eignen Ruhe, ſich die Men-
ſchen ſo lange als gut denken muͤſſe, bis ſie das
Entgegengeſezte unwiderſprechlich zeigen. Ich
daͤchte, ſeine vielfache, traurige Erfahrung haͤtte
ihn vom Gegentheil laͤngſt uͤberfuͤhren ſollen. Doch
ich habe ihm hierin nichts vorzuſchreiben, und bin
fuͤr mich noch immer der hoͤchſtwahrſcheinlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0276" n="272"/>
was ich ho&#x0364;rte, Hrn. <hi rendition="#g">Bispink</hi> mit: die&#x017F;er aber,<lb/>
der &#x017F;ich nicht vor&#x017F;tellen konnte, warum Hr. <hi rendition="#g">Eber</hi>-<lb/><hi rendition="#g">hard</hi> mich zu dru&#x0364;cken &#x017F;uchen &#x017F;ollte, da ihn gewiß<lb/>
kein Intere&#x017F;&#x017F;e dazu reizen ko&#x0364;nnte, der &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">Eber</hi>-<lb/><hi rendition="#g">harden</hi> zweymal meinetwegen be&#x017F;ucht und die<lb/>
vortheilhafte&#x017F;ten Aeußerungen u&#x0364;ber und fu&#x0364;r mich<lb/>
von ihm geho&#x0364;rt haben wollte, wider&#x017F;prach mir<lb/>
immer, und nannte meine Relationen eine verhaßte<lb/>
und niedrige Stude<supplied>nt</supplied>en-Klat&#x017F;cherey. Ja, er hielt<lb/>
meine Be&#x017F;orgniß fu&#x0364;r ein ta&#x0364;u&#x017F;chendes Gauckel&#x017F;piel<lb/>
einer u&#x0364;bertriebenen Selb&#x017F;t- und Eigenliebe; oder<lb/><hi rendition="#g">Eberhard</hi> mu&#x0364;ßte, wie er ein&#x017F;t hinzufu&#x0364;gte, in<lb/>
einer gewi&#x017F;&#x017F;en Art von ho&#x0364;fi&#x017F;cher Ver&#x017F;tellungskun&#x017F;t<lb/>
ein ab&#x017F;cheulich großer Mei&#x017F;ter &#x017F;eyn. Genug, ich<lb/>
mußte immer unrecht haben.</p><lb/>
        <p>Aber &#x017F;o &#x017F;ehr ich Hn. <hi rendition="#g">Bispink</hi> liebe und achte,<lb/>
&#x017F;o wenig kann er mir es verargen, wenn ich ihn<lb/>
einer zu gutmu&#x0364;thigen und nach&#x017F;ichtigen Denkungs-<lb/>
art zeihe, und &#x017F;eine Meynung durchaus verwerfe:<lb/>
daß man, zu &#x017F;einer eignen Ruhe, &#x017F;ich die Men-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;o lange als gut denken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, bis &#x017F;ie das<lb/>
Entgegenge&#x017F;ezte unwider&#x017F;prechlich zeigen. Ich<lb/>
da&#x0364;chte, &#x017F;eine vielfache, traurige Erfahrung ha&#x0364;tte<lb/>
ihn vom Gegentheil la&#x0364;ng&#x017F;t u&#x0364;berfu&#x0364;hren &#x017F;ollen. Doch<lb/>
ich habe ihm hierin nichts vorzu&#x017F;chreiben, und bin<lb/>
fu&#x0364;r mich noch immer der ho&#x0364;ch&#x017F;twahr&#x017F;cheinlichen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0276] was ich hoͤrte, Hrn. Bispink mit: dieſer aber, der ſich nicht vorſtellen konnte, warum Hr. Eber- hard mich zu druͤcken ſuchen ſollte, da ihn gewiß kein Intereſſe dazu reizen koͤnnte, der ſelbſt Eber- harden zweymal meinetwegen beſucht und die vortheilhafteſten Aeußerungen uͤber und fuͤr mich von ihm gehoͤrt haben wollte, widerſprach mir immer, und nannte meine Relationen eine verhaßte und niedrige Studenten-Klatſcherey. Ja, er hielt meine Beſorgniß fuͤr ein taͤuſchendes Gauckelſpiel einer uͤbertriebenen Selbſt- und Eigenliebe; oder Eberhard muͤßte, wie er einſt hinzufuͤgte, in einer gewiſſen Art von hoͤfiſcher Verſtellungskunſt ein abſcheulich großer Meiſter ſeyn. Genug, ich mußte immer unrecht haben. Aber ſo ſehr ich Hn. Bispink liebe und achte, ſo wenig kann er mir es verargen, wenn ich ihn einer zu gutmuͤthigen und nachſichtigen Denkungs- art zeihe, und ſeine Meynung durchaus verwerfe: daß man, zu ſeiner eignen Ruhe, ſich die Men- ſchen ſo lange als gut denken muͤſſe, bis ſie das Entgegengeſezte unwiderſprechlich zeigen. Ich daͤchte, ſeine vielfache, traurige Erfahrung haͤtte ihn vom Gegentheil laͤngſt uͤberfuͤhren ſollen. Doch ich habe ihm hierin nichts vorzuſchreiben, und bin fuͤr mich noch immer der hoͤchſtwahrſcheinlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/276
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/276>, abgerufen am 15.06.2024.