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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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Rechte der Menschheit und der Toleranz vor den
Eingriffen der schmutzig interessirten und Mosaisch-
herrschsüchtigen Pfaffen. Die Schriftgelehrten und
die Pharisäer, überhaupt die Pfaffen jener Zeit,
waren dem edlen Christus, wie ihr wißt, unaus-
stehlich. Wo er nur konnte, stellte er sie an den
Pranger als Heuchler, übertünchte Gräber u. dgl.
Von Anbetung im Tempel zu Jerusalem, oder auf
dem Berge zu Samarien wollte er nichts wissen,
nur von Anbetung des Vaters aller Menschen im
Geist und nach der Wahrheit. Die Scheidewand zwi-
schen Juden und Heiden lehrte er zerstöhren; und
nach seiner Vorschrift sollte nur Eine Heerde und
Ein Schaafstall seyn. Alle Menschen, ohne Un-
terschied des Standes und der Geburt sollten Brü-
der seyn, wie Alle nur Eines Vaters Kinder wä-
ren -- Gottes. -- Seht Kameraden, dahin muß
es in Frankreich erst noch kommen, wenn wir wahre
Christen seyn wollen. *) Bisher waren wir Pfaf-
fen- und Kirchen-Christen, ich meyne getaufte
Büttel der Vernunft und der Menschheit.


*) Was hier der Offizier behauptete, sah der National-Con-
vent, durch die Kabalen und Faktionen der Priester aufmerk-
sam gemacht, endlich auch ein: und daher der damals in Frank-
reich bald erfolgende Einsturz des päpstlichen Kirchensystems.
In Landau war die lezte Messe den 27sten December, 1793.
Statt sich darüber zu ängstigen, erschallte Spott und Jubel.
So locker sizt dem Volke sein -- Popanz! Und doch [will]
man durch ihn sich sichern!

Rechte der Menſchheit und der Toleranz vor den
Eingriffen der ſchmutzig intereſſirten und Moſaiſch-
herrſchſuͤchtigen Pfaffen. Die Schriftgelehrten und
die Phariſaͤer, uͤberhaupt die Pfaffen jener Zeit,
waren dem edlen Chriſtus, wie ihr wißt, unaus-
ſtehlich. Wo er nur konnte, ſtellte er ſie an den
Pranger als Heuchler, uͤbertuͤnchte Graͤber u. dgl.
Von Anbetung im Tempel zu Jeruſalem, oder auf
dem Berge zu Samarien wollte er nichts wiſſen,
nur von Anbetung des Vaters aller Menſchen im
Geiſt und nach der Wahrheit. Die Scheidewand zwi-
ſchen Juden und Heiden lehrte er zerſtoͤhren; und
nach ſeiner Vorſchrift ſollte nur Eine Heerde und
Ein Schaafſtall ſeyn. Alle Menſchen, ohne Un-
terſchied des Standes und der Geburt ſollten Bruͤ-
der ſeyn, wie Alle nur Eines Vaters Kinder waͤ-
ren — Gottes. — Seht Kameraden, dahin muß
es in Frankreich erſt noch kommen, wenn wir wahre
Chriſten ſeyn wollen. *) Bisher waren wir Pfaf-
fen- und Kirchen-Chriſten, ich meyne getaufte
Buͤttel der Vernunft und der Menſchheit.


*) Was hier der Offizier behauptete, ſah der National-Con-
vent, durch die Kabalen und Faktionen der Prieſter aufmerk-
ſam gemacht, endlich auch ein: und daher der damals in Frank-
reich bald erfolgende Einſturz des päpſtlichen Kirchenſyſtems.
In Landau war die lezte Meſſe den 27ſten December, 1793.
Statt ſich darüber zu ängſtigen, erſchallte Spott und Jubel.
So locker ſizt dem Volke ſein — Popanz! Und doch [will]
man durch ihn ſich ſichern!
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[55/0059] Rechte der Menſchheit und der Toleranz vor den Eingriffen der ſchmutzig intereſſirten und Moſaiſch- herrſchſuͤchtigen Pfaffen. Die Schriftgelehrten und die Phariſaͤer, uͤberhaupt die Pfaffen jener Zeit, waren dem edlen Chriſtus, wie ihr wißt, unaus- ſtehlich. Wo er nur konnte, ſtellte er ſie an den Pranger als Heuchler, uͤbertuͤnchte Graͤber u. dgl. Von Anbetung im Tempel zu Jeruſalem, oder auf dem Berge zu Samarien wollte er nichts wiſſen, nur von Anbetung des Vaters aller Menſchen im Geiſt und nach der Wahrheit. Die Scheidewand zwi- ſchen Juden und Heiden lehrte er zerſtoͤhren; und nach ſeiner Vorſchrift ſollte nur Eine Heerde und Ein Schaafſtall ſeyn. Alle Menſchen, ohne Un- terſchied des Standes und der Geburt ſollten Bruͤ- der ſeyn, wie Alle nur Eines Vaters Kinder waͤ- ren — Gottes. — Seht Kameraden, dahin muß es in Frankreich erſt noch kommen, wenn wir wahre Chriſten ſeyn wollen. *) Bisher waren wir Pfaf- fen- und Kirchen-Chriſten, ich meyne getaufte Buͤttel der Vernunft und der Menſchheit. *) Was hier der Offizier behauptete, ſah der National-Con- vent, durch die Kabalen und Faktionen der Prieſter aufmerk- ſam gemacht, endlich auch ein: und daher der damals in Frank- reich bald erfolgende Einſturz des päpſtlichen Kirchenſyſtems. In Landau war die lezte Meſſe den 27ſten December, 1793. Statt ſich darüber zu ängſtigen, erſchallte Spott und Jubel. So locker ſizt dem Volke ſein — Popanz! Und doch will man durch ihn ſich ſichern!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/59>, abgerufen am 01.05.2024.