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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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herumgeholt, und insbesondere bekam die Historie
unsers Herrn und Heilandes von Einigen gewaltige
Stöße. "Was! rief endlich ein Offizier, Ma-
ria keine Hure? Sie war noch mehr: sie war eine
Ehebrecherin von der allerseltsamsten Art: ich will
es beweisen! Nicht wahr, Kameraden, Maria
war Christi Mutter; Christi Vater war Gott der
Vater. Maria war also Gott des Vaters Frau.
Maria empfing Christum durch die Ueberschattung
des heiligen Geistes. Der heilige Geist kam also
Gott dem Vater, als Maria's Mann, ins Gehege,
und sezte ihm Hörner auf. Der heilige Geist ist
folglich ein Ehebrecher, Maria eine Ehebrecherin;
und was ist nun Christus? --"

Seht Kameraden, fuhr er fort, solche abge-
schmackte Fratzen trugen uns bisher unsre Pfaffen
als Glaubens-Artikel, und Bedingungen unserer
Seligkeit vor, und nannten die Heiden blind,
wegen ihrer mythologischen Lehren über Jupiter
und andere Götter und Göttinnen! -- Versteht
mich aber recht, Kameraden! Was ich jezt sagte,
ist eine chikanirende Widerlegung der abgeschmack-
ten und den gesunden Menschenverstand ewig chi-
kanirenden Hauptlehre unserer Pfaffen und Pfaffe-
rey. Sonst ist und bleibt Christus eins der ehr-
würdigen Muster für alle Retter der Vernunft, der
wahren Moral und Religion, und vorzüglich der

herumgeholt, und insbeſondere bekam die Hiſtorie
unſers Herrn und Heilandes von Einigen gewaltige
Stoͤße. „Was! rief endlich ein Offizier, Ma-
ria keine Hure? Sie war noch mehr: ſie war eine
Ehebrecherin von der allerſeltſamſten Art: ich will
es beweiſen! Nicht wahr, Kameraden, Maria
war Chriſti Mutter; Chriſti Vater war Gott der
Vater. Maria war alſo Gott des Vaters Frau.
Maria empfing Chriſtum durch die Ueberſchattung
des heiligen Geiſtes. Der heilige Geiſt kam alſo
Gott dem Vater, als Maria's Mann, ins Gehege,
und ſezte ihm Hoͤrner auf. Der heilige Geiſt iſt
folglich ein Ehebrecher, Maria eine Ehebrecherin;
und was iſt nun Chriſtus? —“

Seht Kameraden, fuhr er fort, ſolche abge-
ſchmackte Fratzen trugen uns bisher unſre Pfaffen
als Glaubens-Artikel, und Bedingungen unſerer
Seligkeit vor, und nannten die Heiden blind,
wegen ihrer mythologiſchen Lehren uͤber Jupiter
und andere Goͤtter und Goͤttinnen! — Verſteht
mich aber recht, Kameraden! Was ich jezt ſagte,
iſt eine chikanirende Widerlegung der abgeſchmack-
ten und den geſunden Menſchenverſtand ewig chi-
kanirenden Hauptlehre unſerer Pfaffen und Pfaffe-
rey. Sonſt iſt und bleibt Chriſtus eins der ehr-
wuͤrdigen Muſter fuͤr alle Retter der Vernunft, der
wahren Moral und Religion, und vorzuͤglich der

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[54/0058] herumgeholt, und insbeſondere bekam die Hiſtorie unſers Herrn und Heilandes von Einigen gewaltige Stoͤße. „Was! rief endlich ein Offizier, Ma- ria keine Hure? Sie war noch mehr: ſie war eine Ehebrecherin von der allerſeltſamſten Art: ich will es beweiſen! Nicht wahr, Kameraden, Maria war Chriſti Mutter; Chriſti Vater war Gott der Vater. Maria war alſo Gott des Vaters Frau. Maria empfing Chriſtum durch die Ueberſchattung des heiligen Geiſtes. Der heilige Geiſt kam alſo Gott dem Vater, als Maria's Mann, ins Gehege, und ſezte ihm Hoͤrner auf. Der heilige Geiſt iſt folglich ein Ehebrecher, Maria eine Ehebrecherin; und was iſt nun Chriſtus? —“ Seht Kameraden, fuhr er fort, ſolche abge- ſchmackte Fratzen trugen uns bisher unſre Pfaffen als Glaubens-Artikel, und Bedingungen unſerer Seligkeit vor, und nannten die Heiden blind, wegen ihrer mythologiſchen Lehren uͤber Jupiter und andere Goͤtter und Goͤttinnen! — Verſteht mich aber recht, Kameraden! Was ich jezt ſagte, iſt eine chikanirende Widerlegung der abgeſchmack- ten und den geſunden Menſchenverſtand ewig chi- kanirenden Hauptlehre unſerer Pfaffen und Pfaffe- rey. Sonſt iſt und bleibt Chriſtus eins der ehr- wuͤrdigen Muſter fuͤr alle Retter der Vernunft, der wahren Moral und Religion, und vorzuͤglich der

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/58>, abgerufen am 02.05.2024.