Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Gefangnen und Deserteurs waren in Klöstern ein-
quartiert; und da war es kein Wunder, daß ihnen
oft genug Geister erschienen. Wie sollt' es auch
in einem Kloster nicht spuken! Im Benediktiner-
Kloster logirten Hannoveraner, Hessen und Preu-
ßen. Diese sahen eben nicht viel Gespenster; doch
soll oben auf dem großen Gange sich immer ein
Mönch haben sehen lassen, welcher mit Ketten rausch-
te, u. dgl. Aber im Bernardinessen-Kloster lagen
fast lauter Oestreicher, und die sahen nun tagtäglich
Nonnen spuken! Ihnen war Garten, Kloster und
Hof voll Gespenster! Im Garten wollte ein östrei-
chischer Offizier, wie er mich selbst versicherte, eine
derbe Ohrfeige von einem Gespenste erhalten haben,
weil er sich unterstanden hätte, dasselbe anzureden.
Aber ich bin versichert, daß der Herr Leutnant v.
Crone, schon eben wegen seines steifen und festen
Gespenster-Glaubens, nimmermehr irgend eine
Figur um Mitternacht angeredet hat. Sein Be-
tragen und besonders seine Händel mit dem preu-
ßischen Leutnant von Römer beweisen hinlänglich,
daß er eben kein Alexander war. -- Alle Oestrei-
cher wollten spukende Nonnen gesehn haben, und
erklärten diese Gespenster für die Seelen solcher Non-
nen, welche ehemals ihrem Gelübde der ewigen
Keuschheit nicht getreu geblieben wären.


Gefangnen und Deſerteurs waren in Kloͤſtern ein-
quartiert; und da war es kein Wunder, daß ihnen
oft genug Geiſter erſchienen. Wie ſollt' es auch
in einem Kloſter nicht ſpuken! Im Benediktiner-
Kloſter logirten Hannoveraner, Heſſen und Preu-
ßen. Dieſe ſahen eben nicht viel Geſpenſter; doch
ſoll oben auf dem großen Gange ſich immer ein
Moͤnch haben ſehen laſſen, welcher mit Ketten rauſch-
te, u. dgl. Aber im Bernardineſſen-Kloſter lagen
faſt lauter Oeſtreicher, und die ſahen nun tagtaͤglich
Nonnen ſpuken! Ihnen war Garten, Kloſter und
Hof voll Geſpenſter! Im Garten wollte ein oͤſtrei-
chiſcher Offizier, wie er mich ſelbſt verſicherte, eine
derbe Ohrfeige von einem Geſpenſte erhalten haben,
weil er ſich unterſtanden haͤtte, daſſelbe anzureden.
Aber ich bin verſichert, daß der Herr Leutnant v.
Crone, ſchon eben wegen ſeines ſteifen und feſten
Geſpenſter-Glaubens, nimmermehr irgend eine
Figur um Mitternacht angeredet hat. Sein Be-
tragen und beſonders ſeine Haͤndel mit dem preu-
ßiſchen Leutnant von Roͤmer beweiſen hinlaͤnglich,
daß er eben kein Alexander war. — Alle Oeſtrei-
cher wollten ſpukende Nonnen geſehn haben, und
erklaͤrten dieſe Geſpenſter fuͤr die Seelen ſolcher Non-
nen, welche ehemals ihrem Geluͤbde der ewigen
Keuſchheit nicht getreu geblieben waͤren.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0504" n="500"/>
Gefangnen und De&#x017F;erteurs waren in Klo&#x0364;&#x017F;tern ein-<lb/>
quartiert; und da war es kein Wunder, daß ihnen<lb/>
oft genug Gei&#x017F;ter er&#x017F;chienen. Wie &#x017F;ollt' es auch<lb/>
in einem Klo&#x017F;ter nicht &#x017F;puken! Im Benediktiner-<lb/>
Klo&#x017F;ter logirten Hannoveraner, He&#x017F;&#x017F;en und Preu-<lb/>
ßen. Die&#x017F;e &#x017F;ahen eben nicht viel Ge&#x017F;pen&#x017F;ter; doch<lb/>
&#x017F;oll oben auf dem großen Gange &#x017F;ich immer ein<lb/>
Mo&#x0364;nch haben &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en, welcher mit Ketten rau&#x017F;ch-<lb/>
te, u. dgl. Aber im Bernardine&#x017F;&#x017F;en-Klo&#x017F;ter lagen<lb/>
fa&#x017F;t lauter Oe&#x017F;treicher, und die &#x017F;ahen nun tagta&#x0364;glich<lb/>
Nonnen &#x017F;puken! Ihnen war Garten, Klo&#x017F;ter und<lb/>
Hof voll Ge&#x017F;pen&#x017F;ter! Im Garten wollte ein o&#x0364;&#x017F;trei-<lb/>
chi&#x017F;cher Offizier, wie er mich &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;icherte, eine<lb/>
derbe Ohrfeige von einem Ge&#x017F;pen&#x017F;te erhalten haben,<lb/>
weil er &#x017F;ich unter&#x017F;tanden ha&#x0364;tte, da&#x017F;&#x017F;elbe anzureden.<lb/>
Aber ich bin ver&#x017F;ichert, daß der Herr Leutnant v.<lb/><hi rendition="#g">Crone</hi>, &#x017F;chon eben wegen &#x017F;eines &#x017F;teifen und fe&#x017F;ten<lb/>
Ge&#x017F;pen&#x017F;ter-Glaubens, nimmermehr irgend eine<lb/>
Figur um Mitternacht angeredet hat. Sein Be-<lb/>
tragen und be&#x017F;onders &#x017F;eine Ha&#x0364;ndel mit dem preu-<lb/>
ßi&#x017F;chen Leutnant von <hi rendition="#g">Ro&#x0364;mer</hi> bewei&#x017F;en hinla&#x0364;nglich,<lb/>
daß er eben kein Alexander war. &#x2014; Alle Oe&#x017F;trei-<lb/>
cher wollten &#x017F;pukende Nonnen ge&#x017F;ehn haben, und<lb/>
erkla&#x0364;rten die&#x017F;e Ge&#x017F;pen&#x017F;ter fu&#x0364;r die Seelen &#x017F;olcher Non-<lb/>
nen, welche ehemals ihrem Gelu&#x0364;bde der ewigen<lb/>
Keu&#x017F;chheit nicht getreu geblieben wa&#x0364;ren.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[500/0504] Gefangnen und Deſerteurs waren in Kloͤſtern ein- quartiert; und da war es kein Wunder, daß ihnen oft genug Geiſter erſchienen. Wie ſollt' es auch in einem Kloſter nicht ſpuken! Im Benediktiner- Kloſter logirten Hannoveraner, Heſſen und Preu- ßen. Dieſe ſahen eben nicht viel Geſpenſter; doch ſoll oben auf dem großen Gange ſich immer ein Moͤnch haben ſehen laſſen, welcher mit Ketten rauſch- te, u. dgl. Aber im Bernardineſſen-Kloſter lagen faſt lauter Oeſtreicher, und die ſahen nun tagtaͤglich Nonnen ſpuken! Ihnen war Garten, Kloſter und Hof voll Geſpenſter! Im Garten wollte ein oͤſtrei- chiſcher Offizier, wie er mich ſelbſt verſicherte, eine derbe Ohrfeige von einem Geſpenſte erhalten haben, weil er ſich unterſtanden haͤtte, daſſelbe anzureden. Aber ich bin verſichert, daß der Herr Leutnant v. Crone, ſchon eben wegen ſeines ſteifen und feſten Geſpenſter-Glaubens, nimmermehr irgend eine Figur um Mitternacht angeredet hat. Sein Be- tragen und beſonders ſeine Haͤndel mit dem preu- ßiſchen Leutnant von Roͤmer beweiſen hinlaͤnglich, daß er eben kein Alexander war. — Alle Oeſtrei- cher wollten ſpukende Nonnen geſehn haben, und erklaͤrten dieſe Geſpenſter fuͤr die Seelen ſolcher Non- nen, welche ehemals ihrem Geluͤbde der ewigen Keuſchheit nicht getreu geblieben waͤren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/504
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/504>, abgerufen am 21.11.2024.