Im Kloster, wo die Deserteurs wohnten, spukte es auch fürchterlich: da ließ sich oben auf dem Gange eine Nonne sehen, und im Garten sah man oft einen gräßlich-schwarzen Mann mit feurigen Augen u. s. w. Besonders war ein entferntes Ge- mach berüchtiget, wo sogar am hellen Tage das Un- gethüm wüthen sollte. -- Daß gemeine Oestreicher und Ungarn an diese und andere Mönchspossen glau- ben und sie Andern in vollem Ernste erzählen konnten, hat mich nicht gewundert: aber daß Offiziere sol- chen Fratzen nicht nur Beyfall gaben, sondern sie auch noch selbst gesehen haben wollten, hat mir eben nicht den besten Begriff von der Geisteskultur die- ser Herren beygebracht.
Eines Tages saß ich bey Viennot in der Schen- ke, und mein vormaliger Knmpan auf dem Spital, der Koch Mauriceau, trat hinein. Ich trank ihm zu: nun, sagte er, Bruder, laß uns was schwa- tzen! Du schwatzest doch gern.
Ich: Ja wohl! Wovon?
Er: Wovon du willst, und ich verstehe.
Ich: Wollen vom Teufel und von Gespenstern schwatzen. Höre Bruder, glaubt man hier noch an dergleichen?
Er: Allerdings hat man daran geglaubt, aber seitdem die Pfaffen nichts mehr gelten, gilt ihr An-
Im Kloſter, wo die Deſerteurs wohnten, ſpukte es auch fuͤrchterlich: da ließ ſich oben auf dem Gange eine Nonne ſehen, und im Garten ſah man oft einen graͤßlich-ſchwarzen Mann mit feurigen Augen u. ſ. w. Beſonders war ein entferntes Ge- mach beruͤchtiget, wo ſogar am hellen Tage das Un- gethuͤm wuͤthen ſollte. — Daß gemeine Oeſtreicher und Ungarn an dieſe und andere Moͤnchspoſſen glau- ben und ſie Andern in vollem Ernſte erzaͤhlen konnten, hat mich nicht gewundert: aber daß Offiziere ſol- chen Fratzen nicht nur Beyfall gaben, ſondern ſie auch noch ſelbſt geſehen haben wollten, hat mir eben nicht den beſten Begriff von der Geiſteskultur die- ſer Herren beygebracht.
Eines Tages ſaß ich bey Viennot in der Schen- ke, und mein vormaliger Knmpan auf dem Spital, der Koch Mauriceau, trat hinein. Ich trank ihm zu: nun, ſagte er, Bruder, laß uns was ſchwa- tzen! Du ſchwatzeſt doch gern.
Ich: Ja wohl! Wovon?
Er: Wovon du willſt, und ich verſtehe.
Ich: Wollen vom Teufel und von Geſpenſtern ſchwatzen. Hoͤre Bruder, glaubt man hier noch an dergleichen?
Er: Allerdings hat man daran geglaubt, aber ſeitdem die Pfaffen nichts mehr gelten, gilt ihr An-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0505"n="501"/><p>Im Kloſter, wo die Deſerteurs wohnten, ſpukte<lb/>
es auch fuͤrchterlich: da ließ ſich oben auf dem<lb/>
Gange eine Nonne ſehen, und im Garten ſah man<lb/>
oft einen graͤßlich-ſchwarzen Mann mit feurigen<lb/>
Augen u. ſ. w. Beſonders war ein entferntes Ge-<lb/>
mach beruͤchtiget, wo ſogar am hellen Tage das Un-<lb/>
gethuͤm wuͤthen ſollte. — Daß gemeine Oeſtreicher<lb/>
und Ungarn an dieſe und andere Moͤnchspoſſen glau-<lb/>
ben und ſie Andern in vollem Ernſte erzaͤhlen konnten,<lb/>
hat mich nicht gewundert: aber daß Offiziere ſol-<lb/>
chen Fratzen nicht nur Beyfall gaben, ſondern ſie<lb/>
auch noch ſelbſt geſehen haben wollten, hat mir eben<lb/>
nicht den beſten Begriff von der Geiſteskultur die-<lb/>ſer Herren beygebracht.</p><lb/><p>Eines Tages ſaß ich bey Viennot in der Schen-<lb/>
ke, und mein vormaliger Knmpan auf dem Spital,<lb/>
der Koch Mauriceau, trat hinein. Ich trank ihm<lb/>
zu: nun, ſagte er, Bruder, laß uns was ſchwa-<lb/>
tzen! Du ſchwatzeſt doch gern.</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Ja wohl! Wovon?</p><lb/><p><hirendition="#g">Er</hi>: Wovon du willſt, und ich verſtehe.</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Wollen vom Teufel und von Geſpenſtern<lb/>ſchwatzen. Hoͤre Bruder, glaubt man hier noch<lb/>
an dergleichen?</p><lb/><p><hirendition="#g">Er</hi>: Allerdings hat man daran geglaubt, aber<lb/>ſeitdem die Pfaffen nichts mehr gelten, gilt ihr An-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[501/0505]
Im Kloſter, wo die Deſerteurs wohnten, ſpukte
es auch fuͤrchterlich: da ließ ſich oben auf dem
Gange eine Nonne ſehen, und im Garten ſah man
oft einen graͤßlich-ſchwarzen Mann mit feurigen
Augen u. ſ. w. Beſonders war ein entferntes Ge-
mach beruͤchtiget, wo ſogar am hellen Tage das Un-
gethuͤm wuͤthen ſollte. — Daß gemeine Oeſtreicher
und Ungarn an dieſe und andere Moͤnchspoſſen glau-
ben und ſie Andern in vollem Ernſte erzaͤhlen konnten,
hat mich nicht gewundert: aber daß Offiziere ſol-
chen Fratzen nicht nur Beyfall gaben, ſondern ſie
auch noch ſelbſt geſehen haben wollten, hat mir eben
nicht den beſten Begriff von der Geiſteskultur die-
ſer Herren beygebracht.
Eines Tages ſaß ich bey Viennot in der Schen-
ke, und mein vormaliger Knmpan auf dem Spital,
der Koch Mauriceau, trat hinein. Ich trank ihm
zu: nun, ſagte er, Bruder, laß uns was ſchwa-
tzen! Du ſchwatzeſt doch gern.
Ich: Ja wohl! Wovon?
Er: Wovon du willſt, und ich verſtehe.
Ich: Wollen vom Teufel und von Geſpenſtern
ſchwatzen. Hoͤre Bruder, glaubt man hier noch
an dergleichen?
Er: Allerdings hat man daran geglaubt, aber
ſeitdem die Pfaffen nichts mehr gelten, gilt ihr An-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/505>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.