unter die preußische leichte Infanterie, und wurde bey dem Bataillon von Müffling, nicht Junker, wie er erwartet hatte, sondern Schütze. Seinen Koffer, voll Wäsche und anderer Sachen, nahm der Major an sich, und versprach ihm, für seine Be- förderung zu sorgen. Adelsberg diente ohnge- fähr ein Jahr, merkte aber gar nichts von Beförde- rung, fühlte also Aerger und Langeweile, und deser- tirte bey der Retirade im Winter 1793, kam nach Langres, Macon und endlich, nach vielem Herum- laufen, nach Dijon. Er ist unter einem selbstfa- bricirten Taufschein schon im Herbst 1794 aus Frankreich gegangen, wohin aber, weiß ich nicht.
Adelsberg, oder, wie er eig[e]ntlich hieß, Balle, war ein guter Mensch, der auch einige Kenntnisse hatte. Ich habe in seinem Umgang mich recht gut befunden, vorzüglich, da die meisten der in Dijon befindlichen Deserteurs eingemachte Schurken waren, mit denen man gar nicht zurechte kommen konnte. Die Einwohner in Dijon haßten diese Leute auch sehr wegen ihrer erzgroben Streiche, welche sie tagtäglich begingen. Stehlen war be- sonders ihre Sache, und es verging kein Tag, daß nicht Klagen wegen Diebstahl bey dem Kommen- danten wider einen Deserteur eingelaufen wären.
Die elenden Leute sind zwar nicht werth, daß ich von i[hr]en Stückchen die Leser unterhalte, aber
unter die preußiſche leichte Infanterie, und wurde bey dem Bataillon von Muͤffling, nicht Junker, wie er erwartet hatte, ſondern Schuͤtze. Seinen Koffer, voll Waͤſche und anderer Sachen, nahm der Major an ſich, und verſprach ihm, fuͤr ſeine Be- foͤrderung zu ſorgen. Adelsberg diente ohnge- faͤhr ein Jahr, merkte aber gar nichts von Befoͤrde- rung, fuͤhlte alſo Aerger und Langeweile, und deſer- tirte bey der Retirade im Winter 1793, kam nach Langres, Macon und endlich, nach vielem Herum- laufen, nach Dijon. Er iſt unter einem ſelbſtfa- bricirten Taufſchein ſchon im Herbſt 1794 aus Frankreich gegangen, wohin aber, weiß ich nicht.
Adelsberg, oder, wie er eig[e]ntlich hieß, Balle, war ein guter Menſch, der auch einige Kenntniſſe hatte. Ich habe in ſeinem Umgang mich recht gut befunden, vorzuͤglich, da die meiſten der in Dijon befindlichen Deſerteurs eingemachte Schurken waren, mit denen man gar nicht zurechte kommen konnte. Die Einwohner in Dijon haßten dieſe Leute auch ſehr wegen ihrer erzgroben Streiche, welche ſie tagtaͤglich begingen. Stehlen war be- ſonders ihre Sache, und es verging kein Tag, daß nicht Klagen wegen Diebſtahl bey dem Kommen- danten wider einen Deſerteur eingelaufen waͤren.
Die elenden Leute ſind zwar nicht werth, daß ich von i[hr]en Stuͤckchen die Leſer unterhalte, aber
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0475"n="471"/>
unter die preußiſche leichte Infanterie, und wurde<lb/>
bey dem Bataillon von <hirendition="#g">Muͤffling</hi>, nicht Junker,<lb/>
wie er erwartet hatte, ſondern Schuͤtze. Seinen<lb/>
Koffer, voll Waͤſche und anderer Sachen, nahm der<lb/>
Major an ſich, und verſprach ihm, fuͤr ſeine Be-<lb/>
foͤrderung zu ſorgen. <hirendition="#g">Adelsberg</hi> diente ohnge-<lb/>
faͤhr ein Jahr, merkte aber gar nichts von Befoͤrde-<lb/>
rung, fuͤhlte alſo Aerger und Langeweile, und deſer-<lb/>
tirte bey der Retirade im Winter 1793, kam nach<lb/>
Langres, Macon und endlich, nach vielem Herum-<lb/>
laufen, nach Dijon. Er iſt unter einem ſelbſtfa-<lb/>
bricirten Taufſchein ſchon im Herbſt 1794 aus<lb/>
Frankreich gegangen, wohin aber, weiß ich nicht.</p><lb/><p><hirendition="#g">Adelsberg</hi>, oder, wie er eig<supplied>e</supplied>ntlich hieß,<lb/><hirendition="#g">Balle</hi>, war ein guter Menſch, der auch einige<lb/>
Kenntniſſe hatte. Ich habe in ſeinem Umgang<lb/>
mich recht gut befunden, vorzuͤglich, da die meiſten<lb/>
der in Dijon befindlichen Deſerteurs eingemachte<lb/>
Schurken waren, mit denen man gar nicht zurechte<lb/>
kommen konnte. Die Einwohner in Dijon haßten<lb/>
dieſe Leute auch ſehr wegen ihrer erzgroben Streiche,<lb/>
welche ſie tagtaͤglich begingen. Stehlen war be-<lb/>ſonders ihre Sache, und es verging kein Tag, daß<lb/>
nicht Klagen wegen Diebſtahl bey dem Kommen-<lb/>
danten wider einen Deſerteur eingelaufen waͤren.</p><lb/><p>Die elenden Leute ſind zwar nicht werth, daß<lb/>
ich von i<supplied>hr</supplied>en Stuͤckchen die Leſer unterhalte, aber<lb/></p></div></body></text></TEI>
[471/0475]
unter die preußiſche leichte Infanterie, und wurde
bey dem Bataillon von Muͤffling, nicht Junker,
wie er erwartet hatte, ſondern Schuͤtze. Seinen
Koffer, voll Waͤſche und anderer Sachen, nahm der
Major an ſich, und verſprach ihm, fuͤr ſeine Be-
foͤrderung zu ſorgen. Adelsberg diente ohnge-
faͤhr ein Jahr, merkte aber gar nichts von Befoͤrde-
rung, fuͤhlte alſo Aerger und Langeweile, und deſer-
tirte bey der Retirade im Winter 1793, kam nach
Langres, Macon und endlich, nach vielem Herum-
laufen, nach Dijon. Er iſt unter einem ſelbſtfa-
bricirten Taufſchein ſchon im Herbſt 1794 aus
Frankreich gegangen, wohin aber, weiß ich nicht.
Adelsberg, oder, wie er eigentlich hieß,
Balle, war ein guter Menſch, der auch einige
Kenntniſſe hatte. Ich habe in ſeinem Umgang
mich recht gut befunden, vorzuͤglich, da die meiſten
der in Dijon befindlichen Deſerteurs eingemachte
Schurken waren, mit denen man gar nicht zurechte
kommen konnte. Die Einwohner in Dijon haßten
dieſe Leute auch ſehr wegen ihrer erzgroben Streiche,
welche ſie tagtaͤglich begingen. Stehlen war be-
ſonders ihre Sache, und es verging kein Tag, daß
nicht Klagen wegen Diebſtahl bey dem Kommen-
danten wider einen Deſerteur eingelaufen waͤren.
Die elenden Leute ſind zwar nicht werth, daß
ich von ihren Stuͤckchen die Leſer unterhalte, aber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/475>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.