Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber auch hievon weggesehen, würde Pferde-
fleisch, allgemein gegessen, hier zu Lande ein gar
theures Essen werden; und so mögen meine deli-
katen Leser ihre gewöhnliche Esserey immer fort-
setzen, wenn sie aus dieser Episode nur soviel sehen:
daß man sehr unrecht thut, wenn man die höchste
Noth einer belagerten Stadt daraus folgert, daß
sie, um ihren Lebensunterhalt zu verlängern, sich
zum Genuß des Pferdefleisches entschließt.

Daß die Landauer Garnison und Bürgerschaft
während der Belagerung Mäuse, Katzen und Hun-
de gegessen habe, wie in einigen Nachrichten er-
zählt wird, ist eben so eine Unwahrheit, als daß
die Stadt aufs Aeußerste sey gebracht gewesen.
Landau konnte sich noch immer bis zum März 1794
halten. Der Zwieback, womit ein ziemlich großes
Magazin angefüllt war, und den der General bis
auf die lezte Noth sparen wollte, ist gar nicht an-
gegriffen worden: Bohnen und Erbsen auch nicht.

Die Deserteurs fingen aber doch nach und nach
an, sehr in Furcht zu gerathen: denn ihnen war,
nach ihrer Meynung, nichts gewisser, als daß die
Deutschen doch endlich die Stadt erobern, und sie
dann ein hartes Schicksal haben würden. Sie
wurden also einig, den General Laubadere zu
bitten, daß er ihnen den Ausgang aus Landau
erlauben wolle, wo sie denn bey Nacht sich durch

Aber auch hievon weggeſehen, wuͤrde Pferde-
fleiſch, allgemein gegeſſen, hier zu Lande ein gar
theures Eſſen werden; und ſo moͤgen meine deli-
katen Leſer ihre gewoͤhnliche Eſſerey immer fort-
ſetzen, wenn ſie aus dieſer Epiſode nur ſoviel ſehen:
daß man ſehr unrecht thut, wenn man die hoͤchſte
Noth einer belagerten Stadt daraus folgert, daß
ſie, um ihren Lebensunterhalt zu verlaͤngern, ſich
zum Genuß des Pferdefleiſches entſchließt.

Daß die Landauer Garniſon und Buͤrgerſchaft
waͤhrend der Belagerung Maͤuſe, Katzen und Hun-
de gegeſſen habe, wie in einigen Nachrichten er-
zaͤhlt wird, iſt eben ſo eine Unwahrheit, als daß
die Stadt aufs Aeußerſte ſey gebracht geweſen.
Landau konnte ſich noch immer bis zum Maͤrz 1794
halten. Der Zwieback, womit ein ziemlich großes
Magazin angefuͤllt war, und den der General bis
auf die lezte Noth ſparen wollte, iſt gar nicht an-
gegriffen worden: Bohnen und Erbſen auch nicht.

Die Deſerteurs fingen aber doch nach und nach
an, ſehr in Furcht zu gerathen: denn ihnen war,
nach ihrer Meynung, nichts gewiſſer, als daß die
Deutſchen doch endlich die Stadt erobern, und ſie
dann ein hartes Schickſal haben wuͤrden. Sie
wurden alſo einig, den General Laubadere zu
bitten, daß er ihnen den Ausgang aus Landau
erlauben wolle, wo ſie denn bey Nacht ſich durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0169" n="165"/>
        <p>Aber auch hievon wegge&#x017F;ehen, wu&#x0364;rde Pferde-<lb/>
flei&#x017F;ch, allgemein gege&#x017F;&#x017F;en, hier zu Lande ein gar<lb/>
theures E&#x017F;&#x017F;en werden; und &#x017F;o mo&#x0364;gen meine deli-<lb/>
katen Le&#x017F;er ihre gewo&#x0364;hnliche E&#x017F;&#x017F;erey immer fort-<lb/>
&#x017F;etzen, wenn &#x017F;ie aus die&#x017F;er Epi&#x017F;ode nur &#x017F;oviel &#x017F;ehen:<lb/>
daß man &#x017F;ehr unrecht thut, wenn man die ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
Noth einer belagerten Stadt daraus folgert, daß<lb/>
&#x017F;ie, um ihren Lebensunterhalt zu verla&#x0364;ngern, &#x017F;ich<lb/>
zum Genuß des Pferdeflei&#x017F;ches ent&#x017F;chließt.</p><lb/>
        <p>Daß die Landauer Garni&#x017F;on und Bu&#x0364;rger&#x017F;chaft<lb/>
wa&#x0364;hrend der Belagerung Ma&#x0364;u&#x017F;e, Katzen und Hun-<lb/>
de gege&#x017F;&#x017F;en habe, wie in einigen Nachrichten er-<lb/>
za&#x0364;hlt wird, i&#x017F;t eben &#x017F;o eine Unwahrheit, als daß<lb/>
die Stadt aufs Aeußer&#x017F;te &#x017F;ey gebracht gewe&#x017F;en.<lb/>
Landau konnte &#x017F;ich noch immer bis zum Ma&#x0364;rz 1794<lb/>
halten. Der Zwieback, womit ein ziemlich großes<lb/>
Magazin angefu&#x0364;llt war, und den der General bis<lb/>
auf die lezte Noth &#x017F;paren wollte, i&#x017F;t gar nicht an-<lb/>
gegriffen worden: Bohnen und Erb&#x017F;en auch nicht.</p><lb/>
        <p>Die De&#x017F;erteurs fingen aber doch nach und nach<lb/>
an, &#x017F;ehr in Furcht zu gerathen: denn ihnen war,<lb/>
nach ihrer Meynung, nichts gewi&#x017F;&#x017F;er, als daß die<lb/>
Deut&#x017F;chen doch endlich die Stadt erobern, und &#x017F;ie<lb/>
dann ein hartes Schick&#x017F;al haben wu&#x0364;rden. Sie<lb/>
wurden al&#x017F;o einig, den General <hi rendition="#g">Laubadere</hi> zu<lb/>
bitten, daß er ihnen den Ausgang aus Landau<lb/>
erlauben wolle, wo &#x017F;ie denn bey Nacht &#x017F;ich durch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0169] Aber auch hievon weggeſehen, wuͤrde Pferde- fleiſch, allgemein gegeſſen, hier zu Lande ein gar theures Eſſen werden; und ſo moͤgen meine deli- katen Leſer ihre gewoͤhnliche Eſſerey immer fort- ſetzen, wenn ſie aus dieſer Epiſode nur ſoviel ſehen: daß man ſehr unrecht thut, wenn man die hoͤchſte Noth einer belagerten Stadt daraus folgert, daß ſie, um ihren Lebensunterhalt zu verlaͤngern, ſich zum Genuß des Pferdefleiſches entſchließt. Daß die Landauer Garniſon und Buͤrgerſchaft waͤhrend der Belagerung Maͤuſe, Katzen und Hun- de gegeſſen habe, wie in einigen Nachrichten er- zaͤhlt wird, iſt eben ſo eine Unwahrheit, als daß die Stadt aufs Aeußerſte ſey gebracht geweſen. Landau konnte ſich noch immer bis zum Maͤrz 1794 halten. Der Zwieback, womit ein ziemlich großes Magazin angefuͤllt war, und den der General bis auf die lezte Noth ſparen wollte, iſt gar nicht an- gegriffen worden: Bohnen und Erbſen auch nicht. Die Deſerteurs fingen aber doch nach und nach an, ſehr in Furcht zu gerathen: denn ihnen war, nach ihrer Meynung, nichts gewiſſer, als daß die Deutſchen doch endlich die Stadt erobern, und ſie dann ein hartes Schickſal haben wuͤrden. Sie wurden alſo einig, den General Laubadere zu bitten, daß er ihnen den Ausgang aus Landau erlauben wolle, wo ſie denn bey Nacht ſich durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/169
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/169>, abgerufen am 04.05.2024.