sagte, und daß alle Anwesende, Franzosen und Deut- sche, einhellig gestanden, daß das ein rechtschaff- ner Offizier seyn müsse, der seinen Soldaten in der Gefangenschaft bedächte. -- Scenen von die- ser Art, worin Freund und Feind gleich ehrwürdig erscheinen -- als Menschen -- sind ganz dazu ge- macht, die Menschheit mit der Politik nun und dann etwas auszusöhnen; aber Unmenschen finden es an- gemeßner, entgegengesezte Scenen zu Kupfersti- chen auszuwählen, wie wenn sie recht darauf aus- gingen, die entzweyte Menschheit immer noch mehr zu entzweyen. Pfui, der Barbaren!
Die Volontärs und die Bürger in Landau glaubten nun, daß die Uebergabe keinen weitern Aufschub leiden würde; aber der rechtschaffne Ober- ste erklärte, daß nur ein Feind des Vaterlands die Uebergabe dieser wichtigen Festung betreiben könnte. Die Preußen müßten sie niemals, oder nur im Fall der höchsten Noth bekommen. Er würde aber gegen jeden, welcher forthin darauf dringen würde, nach der Strenge der Gesetze ver- fahren. Beruhigen könnte man sich indeß immer: denn wer immer auf Kapitulation dränge, ohne die Belagerten durch Hungersnoth oder Bombarde- ment aufs Aeußerste gebracht zu haben, der müsse die Besatzung für sehr muthlos, kurzsichtig oder verrätherisch halten, oder er selbst müsse noch kurz-
ſagte, und daß alle Anweſende, Franzoſen und Deut- ſche, einhellig geſtanden, daß das ein rechtſchaff- ner Offizier ſeyn muͤſſe, der ſeinen Soldaten in der Gefangenſchaft bedaͤchte. — Scenen von die- ſer Art, worin Freund und Feind gleich ehrwuͤrdig erſcheinen — als Menſchen — ſind ganz dazu ge- macht, die Menſchheit mit der Politik nun und dann etwas auszuſoͤhnen; aber Unmenſchen finden es an- gemeßner, entgegengeſezte Scenen zu Kupferſti- chen auszuwaͤhlen, wie wenn ſie recht darauf aus- gingen, die entzweyte Menſchheit immer noch mehr zu entzweyen. Pfui, der Barbaren!
Die Volontaͤrs und die Buͤrger in Landau glaubten nun, daß die Uebergabe keinen weitern Aufſchub leiden wuͤrde; aber der rechtſchaffne Ober- ſte erklaͤrte, daß nur ein Feind des Vaterlands die Uebergabe dieſer wichtigen Feſtung betreiben koͤnnte. Die Preußen muͤßten ſie niemals, oder nur im Fall der hoͤchſten Noth bekommen. Er wuͤrde aber gegen jeden, welcher forthin darauf dringen wuͤrde, nach der Strenge der Geſetze ver- fahren. Beruhigen koͤnnte man ſich indeß immer: denn wer immer auf Kapitulation draͤnge, ohne die Belagerten durch Hungersnoth oder Bombarde- ment aufs Aeußerſte gebracht zu haben, der muͤſſe die Beſatzung fuͤr ſehr muthlos, kurzſichtig oder verraͤtheriſch halten, oder er ſelbſt muͤſſe noch kurz-
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ſagte, und daß alle Anweſende, Franzoſen und Deut-
ſche, einhellig geſtanden, daß das ein rechtſchaff-
ner Offizier ſeyn muͤſſe, der ſeinen Soldaten in
der Gefangenſchaft bedaͤchte. — Scenen von die-
ſer Art, worin Freund und Feind gleich ehrwuͤrdig
erſcheinen — als Menſchen — ſind ganz dazu ge-
macht, die Menſchheit mit der Politik nun und dann
etwas auszuſoͤhnen; aber Unmenſchen finden es an-
gemeßner, entgegengeſezte Scenen zu Kupferſti-
chen auszuwaͤhlen, wie wenn ſie recht darauf aus-
gingen, die entzweyte Menſchheit immer noch mehr
zu entzweyen. Pfui, der Barbaren!
Die Volontaͤrs und die Buͤrger in Landau
glaubten nun, daß die Uebergabe keinen weitern
Aufſchub leiden wuͤrde; aber der rechtſchaffne Ober-
ſte erklaͤrte, daß nur ein Feind des Vaterlands
die Uebergabe dieſer wichtigen Feſtung betreiben
koͤnnte. Die Preußen muͤßten ſie niemals, oder
nur im Fall der hoͤchſten Noth bekommen. Er
wuͤrde aber gegen jeden, welcher forthin darauf
dringen wuͤrde, nach der Strenge der Geſetze ver-
fahren. Beruhigen koͤnnte man ſich indeß immer:
denn wer immer auf Kapitulation draͤnge, ohne
die Belagerten durch Hungersnoth oder Bombarde-
ment aufs Aeußerſte gebracht zu haben, der muͤſſe
die Beſatzung fuͤr ſehr muthlos, kurzſichtig oder
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/162>, abgerufen am 24.11.2024.
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