Ich: Weil ich ein Deserteur bin. Aber sie sollen mich gewiß nicht lebendig kriegen. Wenn's soweit kömmt, so nehme ich ein Pistol, und jage mir eine Kugel durch den Kopf: Besser so, als am Galgen gestorben!
Kavall.: Aber sag', sind denn die Preußen so schlimm?
Ich: Das sind gottlose Gevatterleute: die kennst Du noch nicht, mein lieber Citoyen!
Kavall.: Was wird denn mit uns werden?
Ich: Nicht viel gescheides!
Kavall.: Sollten wir denn wirklich Gefahr laufen?
Ich: Höre, Citoyen, kommen die Preußen ohne Kapitulation durch Gewalt herein, so müßt Ihr Alle über die Klinge springen, müßt Alle ins Gras beißen, so gewiß, als zweymal zwey viere sind.
Kavall.: Das sind schlimme Aspekten!
Diese Unterredung machte sehr sichtbaren Ein- druck auf die Reuter, und in kurzer Zeit erfuhr ich, daß das Gerücht davon durch die ganze Garnison verbreitet war. Die Preußen, hieß es überall, werden uns niederhauen, werden alles verwüsten, wenn wir nicht kapituliren.
In dieser Noth liefen nun Bürger und Solda- ten zum General, und baten ihn, er wolle ihre
Ich: Weil ich ein Deſerteur bin. Aber ſie ſollen mich gewiß nicht lebendig kriegen. Wenn's ſoweit koͤmmt, ſo nehme ich ein Piſtol, und jage mir eine Kugel durch den Kopf: Beſſer ſo, als am Galgen geſtorben!
Kavall.: Aber ſag', ſind denn die Preußen ſo ſchlimm?
Ich: Das ſind gottloſe Gevatterleute: die kennſt Du noch nicht, mein lieber Citoyen!
Kavall.: Was wird denn mit uns werden?
Ich: Nicht viel geſcheides!
Kavall.: Sollten wir denn wirklich Gefahr laufen?
Ich: Hoͤre, Citoyen, kommen die Preußen ohne Kapitulation durch Gewalt herein, ſo muͤßt Ihr Alle uͤber die Klinge ſpringen, muͤßt Alle ins Gras beißen, ſo gewiß, als zweymal zwey viere ſind.
Kavall.: Das ſind ſchlimme Aſpekten!
Dieſe Unterredung machte ſehr ſichtbaren Ein- druck auf die Reuter, und in kurzer Zeit erfuhr ich, daß das Geruͤcht davon durch die ganze Garniſon verbreitet war. Die Preußen, hieß es uͤberall, werden uns niederhauen, werden alles verwuͤſten, wenn wir nicht kapituliren.
In dieſer Noth liefen nun Buͤrger und Solda- ten zum General, und baten ihn, er wolle ihre
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Ich: Weil ich ein Deſerteur bin. Aber ſie
ſollen mich gewiß nicht lebendig kriegen. Wenn's
ſoweit koͤmmt, ſo nehme ich ein Piſtol, und jage
mir eine Kugel durch den Kopf: Beſſer ſo, als
am Galgen geſtorben!
Kavall.: Aber ſag', ſind denn die Preußen
ſo ſchlimm?
Ich: Das ſind gottloſe Gevatterleute: die
kennſt Du noch nicht, mein lieber Citoyen!
Kavall.: Was wird denn mit uns werden?
Ich: Nicht viel geſcheides!
Kavall.: Sollten wir denn wirklich Gefahr
laufen?
Ich: Hoͤre, Citoyen, kommen die Preußen
ohne Kapitulation durch Gewalt herein, ſo muͤßt
Ihr Alle uͤber die Klinge ſpringen, muͤßt Alle ins
Gras beißen, ſo gewiß, als zweymal zwey viere
ſind.
Kavall.: Das ſind ſchlimme Aſpekten!
Dieſe Unterredung machte ſehr ſichtbaren Ein-
druck auf die Reuter, und in kurzer Zeit erfuhr ich,
daß das Geruͤcht davon durch die ganze Garniſon
verbreitet war. Die Preußen, hieß es uͤberall,
werden uns niederhauen, werden alles verwuͤſten,
wenn wir nicht kapituliren.
In dieſer Noth liefen nun Buͤrger und Solda-
ten zum General, und baten ihn, er wolle ihre
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/154>, abgerufen am 27.11.2024.
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