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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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um auch seine Hinrichtung vollkommen zu recht-
fertigen. Ich will dem armen Ludwig keine Ver-
brechen Schuld geben, denn ich habe die Akten
seines Prozesses nicht gelesen *): aber behaupten
muß ich, daß der Konvent das forum competens
war, wovon er gerichtet werden mußte; und da
dieser die Nation vertrat: so wissen die, welche
von einer Appellation an das Volk reden, nicht
recht, was sie wollen.

Ueberhaupt: ob ein Volk seinen Souverain rich-
ten könne, fügte ich zum Schluß hinzu, scheint
sogar zu den despotischen Zeiten der römischen Kai-
ser kein Problem gewesen zu seyn. Der römische
Senat, oder die Repräsentanten des römischen
Volkes erklärten den Claudius Nero für einen
Feind des Vaterlands und bestimmten ihn zum
Tode. Nero entgieng der gesetzlichen Hinrichtung
durch eine Entleibung. Man sehe den Suero-
[ - 1 Zeichen fehlt]ius über Nero. Vespasianus, Nero's
Nachfolger, billigte dieses Verfahren des römischen
Senats, welches sein Sohn Domitianus bey-
nahe selbst erfahren hätte. Die Deutschen haben

*) Man wolle es nicht aus der Acht lassen, daß ich dieß im
Winter 1793 vortrug: folglich von dem noch nicht Gebrauch
machen konnte, was ich nachher in Frankreich über Ludwig
XVI. erfuhr.

um auch ſeine Hinrichtung vollkommen zu recht-
fertigen. Ich will dem armen Ludwig keine Ver-
brechen Schuld geben, denn ich habe die Akten
ſeines Prozeſſes nicht geleſen *): aber behaupten
muß ich, daß der Konvent das forum competens
war, wovon er gerichtet werden mußte; und da
dieſer die Nation vertrat: ſo wiſſen die, welche
von einer Appellation an das Volk reden, nicht
recht, was ſie wollen.

Ueberhaupt: ob ein Volk ſeinen Souverain rich-
ten koͤnne, fuͤgte ich zum Schluß hinzu, ſcheint
ſogar zu den deſpotiſchen Zeiten der roͤmiſchen Kai-
ſer kein Problem geweſen zu ſeyn. Der roͤmiſche
Senat, oder die Repraͤſentanten des roͤmiſchen
Volkes erklaͤrten den Claudius Nero fuͤr einen
Feind des Vaterlands und beſtimmten ihn zum
Tode. Nero entgieng der geſetzlichen Hinrichtung
durch eine Entleibung. Man ſehe den Suero-
[ – 1 Zeichen fehlt]ius uͤber Nero. Veſpaſianus, Nero's
Nachfolger, billigte dieſes Verfahren des roͤmiſchen
Senats, welches ſein Sohn Domitianus bey-
nahe ſelbſt erfahren haͤtte. Die Deutſchen haben

*) Man wolle es nicht aus der Acht laſſen, daß ich dieß im
Winter 1793 vortrug: folglich von dem noch nicht Gebrauch
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XVI. erfuhr.
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[309/0321] um auch ſeine Hinrichtung vollkommen zu recht- fertigen. Ich will dem armen Ludwig keine Ver- brechen Schuld geben, denn ich habe die Akten ſeines Prozeſſes nicht geleſen *): aber behaupten muß ich, daß der Konvent das forum competens war, wovon er gerichtet werden mußte; und da dieſer die Nation vertrat: ſo wiſſen die, welche von einer Appellation an das Volk reden, nicht recht, was ſie wollen. Ueberhaupt: ob ein Volk ſeinen Souverain rich- ten koͤnne, fuͤgte ich zum Schluß hinzu, ſcheint ſogar zu den deſpotiſchen Zeiten der roͤmiſchen Kai- ſer kein Problem geweſen zu ſeyn. Der roͤmiſche Senat, oder die Repraͤſentanten des roͤmiſchen Volkes erklaͤrten den Claudius Nero fuͤr einen Feind des Vaterlands und beſtimmten ihn zum Tode. Nero entgieng der geſetzlichen Hinrichtung durch eine Entleibung. Man ſehe den Suero- _ius uͤber Nero. Veſpaſianus, Nero's Nachfolger, billigte dieſes Verfahren des roͤmiſchen Senats, welches ſein Sohn Domitianus bey- nahe ſelbſt erfahren haͤtte. Die Deutſchen haben *) Man wolle es nicht aus der Acht laſſen, daß ich dieß im Winter 1793 vortrug: folglich von dem noch nicht Gebrauch machen konnte, was ich nachher in Frankreich uͤber Ludwig XVI. erfuhr.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/321>, abgerufen am 22.11.2024.