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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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und die ganze Einrichtung so konfus und unordent-
lich gemacht oder geführt werden, daß man die
Defraudation nicht so leicht entdecken kann.

Bey dergleichen Einrichtungen pflegt alles zu-
sammenzuhängen, und für den gemeinschaftlichen
Vortheil gemeinschaftliche Sache zu machen. Sel-
ten findet sich ein Mann von Rechtschaffenheit, der
seinen Einfluß zur Verbesserung thätig machen
mögte; und wenn er sich findet, so wird er bald
unterdrückt. Hr. von Soyacziusky, Leutnant
bey unserm Regimente, wollte einige gute Anstal-
ten in Frankfurt für das Lazareth durchsetzen, aber
er hatte so viel Verdruß dabey, daß seine ohnehin
schwache Gesundheit noch mehr dadurch litt, und
er bald verstarb. Er besuchte uns einst bey Maynz.
"Nun, Herr Leutnant, fragte ich ihn, wie schlägt
Ihnen das Lazareth zu?" "Ach, war die Antwort,
die Fickfackereien, die ich da sehen muß, und nicht
hindern kann, bringen mich noch um!"

Dem Könige wird freilich genug angerechnet;
aber für die Kranken wird das wenigste verwendet.
Ich habe gesehen, daß Feloscheere und Kranken-
wärter den Wein fortsoffen, der für die Kranken
bestimmt war, und die guten Essenzen selbst ver-
schluckten. Zwey Menscher in Koblenz, welche
den Feldscheerern zur Liebschaft dienten, verkauf-
ten den Reis aus dem Hospital, und die Kranken

und die ganze Einrichtung ſo konfus und unordent-
lich gemacht oder gefuͤhrt werden, daß man die
Defraudation nicht ſo leicht entdecken kann.

Bey dergleichen Einrichtungen pflegt alles zu-
ſammenzuhaͤngen, und fuͤr den gemeinſchaftlichen
Vortheil gemeinſchaftliche Sache zu machen. Sel-
ten findet ſich ein Mann von Rechtſchaffenheit, der
ſeinen Einfluß zur Verbeſſerung thaͤtig machen
moͤgte; und wenn er ſich findet, ſo wird er bald
unterdruͤckt. Hr. von Soyacziusky, Leutnant
bey unſerm Regimente, wollte einige gute Anſtal-
ten in Frankfurt fuͤr das Lazareth durchſetzen, aber
er hatte ſo viel Verdruß dabey, daß ſeine ohnehin
ſchwache Geſundheit noch mehr dadurch litt, und
er bald verſtarb. Er beſuchte uns einſt bey Maynz.
„Nun, Herr Leutnant, fragte ich ihn, wie ſchlaͤgt
Ihnen das Lazareth zu?“ „Ach, war die Antwort,
die Fickfackereien, die ich da ſehen muß, und nicht
hindern kann, bringen mich noch um!“

Dem Koͤnige wird freilich genug angerechnet;
aber fuͤr die Kranken wird das wenigſte verwendet.
Ich habe geſehen, daß Feloſcheere und Kranken-
waͤrter den Wein fortſoffen, der fuͤr die Kranken
beſtimmt war, und die guten Eſſenzen ſelbſt ver-
ſchluckten. Zwey Menſcher in Koblenz, welche
den Feldſcheerern zur Liebſchaft dienten, verkauf-
ten den Reis aus dem Hoſpital, und die Kranken

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[249/0261] und die ganze Einrichtung ſo konfus und unordent- lich gemacht oder gefuͤhrt werden, daß man die Defraudation nicht ſo leicht entdecken kann. Bey dergleichen Einrichtungen pflegt alles zu- ſammenzuhaͤngen, und fuͤr den gemeinſchaftlichen Vortheil gemeinſchaftliche Sache zu machen. Sel- ten findet ſich ein Mann von Rechtſchaffenheit, der ſeinen Einfluß zur Verbeſſerung thaͤtig machen moͤgte; und wenn er ſich findet, ſo wird er bald unterdruͤckt. Hr. von Soyacziusky, Leutnant bey unſerm Regimente, wollte einige gute Anſtal- ten in Frankfurt fuͤr das Lazareth durchſetzen, aber er hatte ſo viel Verdruß dabey, daß ſeine ohnehin ſchwache Geſundheit noch mehr dadurch litt, und er bald verſtarb. Er beſuchte uns einſt bey Maynz. „Nun, Herr Leutnant, fragte ich ihn, wie ſchlaͤgt Ihnen das Lazareth zu?“ „Ach, war die Antwort, die Fickfackereien, die ich da ſehen muß, und nicht hindern kann, bringen mich noch um!“ Dem Koͤnige wird freilich genug angerechnet; aber fuͤr die Kranken wird das wenigſte verwendet. Ich habe geſehen, daß Feloſcheere und Kranken- waͤrter den Wein fortſoffen, der fuͤr die Kranken beſtimmt war, und die guten Eſſenzen ſelbſt ver- ſchluckten. Zwey Menſcher in Koblenz, welche den Feldſcheerern zur Liebſchaft dienten, verkauf- ten den Reis aus dem Hoſpital, und die Kranken

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/261>, abgerufen am 22.11.2024.