müßten hungern. Zu Frankfurt am Mayn kaufte man Reis, Graupen, gedörrtes Obst u. dgl. im Spital sehr wohlfeil. So war es auch in Gießen.
Um nun den Betrug nicht so sehr sichtbar zu ma- chen, geht alles mysteriös und unordentlich in den Lazarethen zu.
Die Krankenwärter sind Soldaten, welche bey den Kompagnieen nicht mehr fortkönnen, alte steife Krüppel, die sich zum Krankenwärter schicken, wie das fünfte Rad am Wagen. Diese, deren theil- nehmender Menschensinn durch den militärischen Korporalssinn abgestumpft ist, lassen den armen Kranken eine Pflege angedeihen, daß es eine Schande ist. Daß sie sich mit den Feldscheerern und den andern Meistern, die in den Lazarethen etwas anzuordnen haben, allemal einverstehen, versteht sich von selbst! denn auf die geringste Vor- stellung des Feldscheers oder eines andern Vorge- sezten, würde der Herr Krankenwärter weggejagt. Ein Oberkrankenwärter, wie ich sie in den franzö- sischen Hospitälern zu Dijon und anderwärts ge- funden habe, ist gar nicht da.
Für Reinlichkeit, dieses erste Hauptstück der Krankenpflege, worauf mehr ankommt, als selbst auf die medizinische Verpflegung, wird so wenig gesorgt, daß ich Kranke weiß, denen die Hemder an dem Leibe verfault, und sie selbst von den Läu-
muͤßten hungern. Zu Frankfurt am Mayn kaufte man Reis, Graupen, gedoͤrrtes Obſt u. dgl. im Spital ſehr wohlfeil. So war es auch in Gießen.
Um nun den Betrug nicht ſo ſehr ſichtbar zu ma- chen, geht alles myſterioͤs und unordentlich in den Lazarethen zu.
Die Krankenwaͤrter ſind Soldaten, welche bey den Kompagnieen nicht mehr fortkoͤnnen, alte ſteife Kruͤppel, die ſich zum Krankenwaͤrter ſchicken, wie das fuͤnfte Rad am Wagen. Dieſe, deren theil- nehmender Menſchenſinn durch den militaͤriſchen Korporalsſinn abgeſtumpft iſt, laſſen den armen Kranken eine Pflege angedeihen, daß es eine Schande iſt. Daß ſie ſich mit den Feldſcheerern und den andern Meiſtern, die in den Lazarethen etwas anzuordnen haben, allemal einverſtehen, verſteht ſich von ſelbſt! denn auf die geringſte Vor- ſtellung des Feldſcheers oder eines andern Vorge- ſezten, wuͤrde der Herr Krankenwaͤrter weggejagt. Ein Oberkrankenwaͤrter, wie ich ſie in den franzoͤ- ſiſchen Hoſpitaͤlern zu Dijon und anderwaͤrts ge- funden habe, iſt gar nicht da.
Fuͤr Reinlichkeit, dieſes erſte Hauptſtuͤck der Krankenpflege, worauf mehr ankommt, als ſelbſt auf die mediziniſche Verpflegung, wird ſo wenig geſorgt, daß ich Kranke weiß, denen die Hemder an dem Leibe verfault, und ſie ſelbſt von den Laͤu-
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muͤßten hungern. Zu Frankfurt am Mayn kaufte
man Reis, Graupen, gedoͤrrtes Obſt u. dgl. im
Spital ſehr wohlfeil. So war es auch in Gießen.
Um nun den Betrug nicht ſo ſehr ſichtbar zu ma-
chen, geht alles myſterioͤs und unordentlich in den
Lazarethen zu.
Die Krankenwaͤrter ſind Soldaten, welche bey
den Kompagnieen nicht mehr fortkoͤnnen, alte ſteife
Kruͤppel, die ſich zum Krankenwaͤrter ſchicken, wie
das fuͤnfte Rad am Wagen. Dieſe, deren theil-
nehmender Menſchenſinn durch den militaͤriſchen
Korporalsſinn abgeſtumpft iſt, laſſen den armen
Kranken eine Pflege angedeihen, daß es eine
Schande iſt. Daß ſie ſich mit den Feldſcheerern
und den andern Meiſtern, die in den Lazarethen
etwas anzuordnen haben, allemal einverſtehen,
verſteht ſich von ſelbſt! denn auf die geringſte Vor-
ſtellung des Feldſcheers oder eines andern Vorge-
ſezten, wuͤrde der Herr Krankenwaͤrter weggejagt.
Ein Oberkrankenwaͤrter, wie ich ſie in den franzoͤ-
ſiſchen Hoſpitaͤlern zu Dijon und anderwaͤrts ge-
funden habe, iſt gar nicht da.
Fuͤr Reinlichkeit, dieſes erſte Hauptſtuͤck der
Krankenpflege, worauf mehr ankommt, als ſelbſt
auf die mediziniſche Verpflegung, wird ſo wenig
geſorgt, daß ich Kranke weiß, denen die Hemder
an dem Leibe verfault, und ſie ſelbſt von den Laͤu-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/262>, abgerufen am 22.11.2024.
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