Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

wo sie herkämen und wo sie hin wollten. Nun drang
der Schwager auf Weiterfahren; aber noch ein
Glas Schnapps machte, daß wir so lange hielten,
bis ich meine Frauenzimmer mit Koffee, freilich, wie
er dort zu haben ist im Kasselschen, regalirt hatte.
Meine Leser müssen hier aber ja an kein anderes In-
teresse für mich denken, als an das, hübsche Ge-
sichter zu sehen, und Worte, die aus einem schönen
Munde kamen, zu hören. Ich fand indeß doch et-
was mehr: die Mädchen waren munter, wizig
und völlig unverdorben; daher hielt ich es auch für
Pflicht, mich anständig zu betragen, und ihnen kei-
ne Zotologie zu lesen, wie ich sonst in der Pfalz beim
Frauenzimmer zu thun pflegte. Allein das wa-
ren auch Pfälzer Mädchen, die es so genau nicht
nahmen!

Ich bezahlte den Postillion für das Blindfah-
ren bis Nieder-Aula und von da bis Hersfeld be-
zahlte ich das ordinäre Postgeld für sie, nebst dem
Abendessen. Die Mädchen, so [s]pät es schon war,
liessen mir in Hersfeld keine Ruhe, bis ich mit ih-
nen zu ihrer Mutter ging, die mich sehr freund-
schaftlich aufnahm. Die Mädchen hatten gleich ein
Langes und Breites von mir gerühmt. Ich mußte
versprechen, wenn ich wieder durch Hersfeld käme,
bei ihnen einzukehren. Damals dachte ich zwar
nicht, daß ich diese Frauenzimmer jemals wieder


wo ſie herkaͤmen und wo ſie hin wollten. Nun drang
der Schwager auf Weiterfahren; aber noch ein
Glas Schnapps machte, daß wir ſo lange hielten,
bis ich meine Frauenzimmer mit Koffee, freilich, wie
er dort zu haben iſt im Kaſſelſchen, regalirt hatte.
Meine Leſer muͤſſen hier aber ja an kein anderes In-
tereſſe fuͤr mich denken, als an das, huͤbſche Ge-
ſichter zu ſehen, und Worte, die aus einem ſchoͤnen
Munde kamen, zu hoͤren. Ich fand indeß doch et-
was mehr: die Maͤdchen waren munter, wizig
und voͤllig unverdorben; daher hielt ich es auch fuͤr
Pflicht, mich anſtaͤndig zu betragen, und ihnen kei-
ne Zotologie zu leſen, wie ich ſonſt in der Pfalz beim
Frauenzimmer zu thun pflegte. Allein das wa-
ren auch Pfaͤlzer Maͤdchen, die es ſo genau nicht
nahmen!

Ich bezahlte den Poſtillion fuͤr das Blindfah-
ren bis Nieder-Aula und von da bis Hersfeld be-
zahlte ich das ordinaͤre Poſtgeld fuͤr ſie, nebſt dem
Abendeſſen. Die Maͤdchen, ſo [ſ]paͤt es ſchon war,
lieſſen mir in Hersfeld keine Ruhe, bis ich mit ih-
nen zu ihrer Mutter ging, die mich ſehr freund-
ſchaftlich aufnahm. Die Maͤdchen hatten gleich ein
Langes und Breites von mir geruͤhmt. Ich mußte
verſprechen, wenn ich wieder durch Hersfeld kaͤme,
bei ihnen einzukehren. Damals dachte ich zwar
nicht, daß ich dieſe Frauenzimmer jemals wieder


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="83"/>
wo &#x017F;ie herka&#x0364;men und wo &#x017F;ie hin wollten. Nun drang<lb/>
der Schwager auf Weiterfahren; aber noch ein<lb/>
Glas Schnapps machte, daß wir &#x017F;o lange hielten,<lb/>
bis ich meine Frauenzimmer mit Koffee, freilich, wie<lb/>
er dort zu haben i&#x017F;t im Ka&#x017F;&#x017F;el&#x017F;chen, regalirt hatte.<lb/>
Meine Le&#x017F;er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en hier aber ja an kein anderes In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r mich denken, als an das, hu&#x0364;b&#x017F;che Ge-<lb/>
&#x017F;ichter zu &#x017F;ehen, und Worte, die aus einem &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Munde kamen, zu ho&#x0364;ren. Ich fand indeß doch et-<lb/>
was mehr: die Ma&#x0364;dchen waren munter, wizig<lb/>
und vo&#x0364;llig unverdorben; daher hielt ich es auch fu&#x0364;r<lb/>
Pflicht, mich an&#x017F;ta&#x0364;ndig zu betragen, und ihnen kei-<lb/>
ne Zotologie zu le&#x017F;en, wie ich &#x017F;on&#x017F;t in der Pfalz beim<lb/>
Frauenzimmer zu thun pflegte. Allein das wa-<lb/>
ren auch Pfa&#x0364;lzer Ma&#x0364;dchen, die es &#x017F;o genau nicht<lb/>
nahmen!</p><lb/>
        <p>Ich bezahlte den Po&#x017F;tillion fu&#x0364;r das Blindfah-<lb/>
ren bis Nieder-Aula und von da bis Hersfeld be-<lb/>
zahlte ich das ordina&#x0364;re Po&#x017F;tgeld fu&#x0364;r &#x017F;ie, neb&#x017F;t dem<lb/>
Abende&#x017F;&#x017F;en. Die Ma&#x0364;dchen, &#x017F;o <supplied>&#x017F;</supplied>pa&#x0364;t es &#x017F;chon war,<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;en mir in Hersfeld keine Ruhe, bis ich mit ih-<lb/>
nen zu ihrer Mutter ging, die mich &#x017F;ehr freund-<lb/>
&#x017F;chaftlich aufnahm. Die Ma&#x0364;dchen hatten gleich ein<lb/>
Langes und Breites von mir geru&#x0364;hmt. Ich mußte<lb/>
ver&#x017F;prechen, wenn ich wieder durch Hersfeld ka&#x0364;me,<lb/>
bei ihnen einzukehren. Damals dachte ich zwar<lb/>
nicht, daß ich die&#x017F;e Frauenzimmer jemals wieder</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0085] wo ſie herkaͤmen und wo ſie hin wollten. Nun drang der Schwager auf Weiterfahren; aber noch ein Glas Schnapps machte, daß wir ſo lange hielten, bis ich meine Frauenzimmer mit Koffee, freilich, wie er dort zu haben iſt im Kaſſelſchen, regalirt hatte. Meine Leſer muͤſſen hier aber ja an kein anderes In- tereſſe fuͤr mich denken, als an das, huͤbſche Ge- ſichter zu ſehen, und Worte, die aus einem ſchoͤnen Munde kamen, zu hoͤren. Ich fand indeß doch et- was mehr: die Maͤdchen waren munter, wizig und voͤllig unverdorben; daher hielt ich es auch fuͤr Pflicht, mich anſtaͤndig zu betragen, und ihnen kei- ne Zotologie zu leſen, wie ich ſonſt in der Pfalz beim Frauenzimmer zu thun pflegte. Allein das wa- ren auch Pfaͤlzer Maͤdchen, die es ſo genau nicht nahmen! Ich bezahlte den Poſtillion fuͤr das Blindfah- ren bis Nieder-Aula und von da bis Hersfeld be- zahlte ich das ordinaͤre Poſtgeld fuͤr ſie, nebſt dem Abendeſſen. Die Maͤdchen, ſo ſpaͤt es ſchon war, lieſſen mir in Hersfeld keine Ruhe, bis ich mit ih- nen zu ihrer Mutter ging, die mich ſehr freund- ſchaftlich aufnahm. Die Maͤdchen hatten gleich ein Langes und Breites von mir geruͤhmt. Ich mußte verſprechen, wenn ich wieder durch Hersfeld kaͤme, bei ihnen einzukehren. Damals dachte ich zwar nicht, daß ich dieſe Frauenzimmer jemals wieder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/85
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/85>, abgerufen am 25.11.2024.