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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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beim Militair. -- Einstmals war ich auch wegge-
gangen, und in einer Kneipe bis zehn Uhr oder wohl
noch länger sitzen geblieben. Philister und Gnoten
waren da in einer Gesellschaft, und mit diesen wuste
ich mich so zu divertiren, daß die Kerls mir stark
zutranken, wodurch ich eine Schnurre bekam, sitzen
blieb, und die Zeit vergaß. Endlich kam der Feld-
webel Wurm, welcher mich, wer weis wie lange,
mochte gesucht haben, und brachte mich nach dem Ar-
rest. Doch wurde ich diesmal nicht krumm gelegt,
und schon früh um sechs Uhr nach Hause geschickt.

Das waren denn so die ersten Wehen, die ich
bei meinem neuen Stand erfahren habe. Viel mehr
als dieses, ist es auch nicht geworden. Ich muß
freilich noch einige Excesse weiter unten anführen,
allein das waren doch nur Kleinigkeiten, und wur-
den -- einen ausgenommen, der am gehörigen Orte
vorkommen wird -- von meinen heroischen Stu-
dentenstückchen weit übertroffen. Das Studenten-
wesen verleitet überhaupt zu Gesetzlosigkeit, und ver-
wöhnt uns für uns und Andere.

In ganz Halle hatte man ausgesprengt, ich
wäre Soldat geworden, um die Jungfer Christel
Dörnerin zu heurathen: man wußte meinen Umgang
mit diesem Mädchen Allein man ward bald inne,
daß das meine Absicht weder war, noch seyn konnte,
und schwieg davon. Ich widerlegte selbst dieses Ge-

beim Militair. — Einſtmals war ich auch wegge-
gangen, und in einer Kneipe bis zehn Uhr oder wohl
noch laͤnger ſitzen geblieben. Philiſter und Gnoten
waren da in einer Geſellſchaft, und mit dieſen wuſte
ich mich ſo zu divertiren, daß die Kerls mir ſtark
zutranken, wodurch ich eine Schnurre bekam, ſitzen
blieb, und die Zeit vergaß. Endlich kam der Feld-
webel Wurm, welcher mich, wer weis wie lange,
mochte geſucht haben, und brachte mich nach dem Ar-
reſt. Doch wurde ich diesmal nicht krumm gelegt,
und ſchon fruͤh um ſechs Uhr nach Hauſe geſchickt.

Das waren denn ſo die erſten Wehen, die ich
bei meinem neuen Stand erfahren habe. Viel mehr
als dieſes, iſt es auch nicht geworden. Ich muß
freilich noch einige Exceſſe weiter unten anfuͤhren,
allein das waren doch nur Kleinigkeiten, und wur-
den — einen ausgenommen, der am gehoͤrigen Orte
vorkommen wird — von meinen heroiſchen Stu-
dentenſtuͤckchen weit uͤbertroffen. Das Studenten-
weſen verleitet uͤberhaupt zu Geſetzloſigkeit, und ver-
woͤhnt uns fuͤr uns und Andere.

In ganz Halle hatte man ausgeſprengt, ich
waͤre Soldat geworden, um die Jungfer Chriſtel
Doͤrnerin zu heurathen: man wußte meinen Umgang
mit dieſem Maͤdchen Allein man ward bald inne,
daß das meine Abſicht weder war, noch ſeyn konnte,
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[267[277]/0279] beim Militair. — Einſtmals war ich auch wegge- gangen, und in einer Kneipe bis zehn Uhr oder wohl noch laͤnger ſitzen geblieben. Philiſter und Gnoten waren da in einer Geſellſchaft, und mit dieſen wuſte ich mich ſo zu divertiren, daß die Kerls mir ſtark zutranken, wodurch ich eine Schnurre bekam, ſitzen blieb, und die Zeit vergaß. Endlich kam der Feld- webel Wurm, welcher mich, wer weis wie lange, mochte geſucht haben, und brachte mich nach dem Ar- reſt. Doch wurde ich diesmal nicht krumm gelegt, und ſchon fruͤh um ſechs Uhr nach Hauſe geſchickt. Das waren denn ſo die erſten Wehen, die ich bei meinem neuen Stand erfahren habe. Viel mehr als dieſes, iſt es auch nicht geworden. Ich muß freilich noch einige Exceſſe weiter unten anfuͤhren, allein das waren doch nur Kleinigkeiten, und wur- den — einen ausgenommen, der am gehoͤrigen Orte vorkommen wird — von meinen heroiſchen Stu- dentenſtuͤckchen weit uͤbertroffen. Das Studenten- weſen verleitet uͤberhaupt zu Geſetzloſigkeit, und ver- woͤhnt uns fuͤr uns und Andere. In ganz Halle hatte man ausgeſprengt, ich waͤre Soldat geworden, um die Jungfer Chriſtel Doͤrnerin zu heurathen: man wußte meinen Umgang mit dieſem Maͤdchen Allein man ward bald inne, daß das meine Abſicht weder war, noch ſeyn konnte, und ſchwieg davon. Ich widerlegte ſelbſt dieſes Ge-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 267[277]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/279>, abgerufen am 21.05.2024.