welche den Rathskeller besuchen, und die Gesellschaf- ten bei Sandern, dem Branteweinschenken, recht derb zu kanngießern, und die politischen Possen und Stadtmärchen jeder nach seiner Art auszu- schmücken. Also war auch ich damals die Mähre des Tages: viele Philister, Menscher, und ander Grobzeug, kamen vor das Haus, wo ich logirte, mich zu sehen, und zu schauen, wie mir die Montur wohl stehen möchte. Ich ging diesen Tag einigemal aus, und jedesmal begleitete mich ein Haufen Jungen, Menscher, Studenten und Philister.
Die Kinder sangen sogar: Laukhard hin, Lauk- hard her, Laukhard ist ein Zottelbär! -- Andere: Laukhard hin, Laukhard her, Laukhard ist kein Magi- ster mehr! -- Und das alles sah und hörte Laukhard mit vieler Gleichgültigkeit. Wohl ihm, daß er Fas- sung und Selbstgewalt genug hatte, als ein isolirter Diogenes bei dem allen kalt zu bleiben! Man hatte ihn vorher hier und da degradirend genug dazu be- handelt. Denn wer kann sich selbst noch achten, wenn Andere sich bemühen, ihn politisch zu vernich- ten! Aber so säget man die Menschen ab! -- Ueber- dem reiniget das Recensenten-Wesen von der Galle, und schafft manchem milzsüchtigen Thoren, Schurken und Müssiggänger, wo nicht immer Geld, doch Zeit- vertreib.
welche den Rathskeller beſuchen, und die Geſellſchaf- ten bei Sandern, dem Branteweinſchenken, recht derb zu kanngießern, und die politiſchen Poſſen und Stadtmaͤrchen jeder nach ſeiner Art auszu- ſchmuͤcken. Alſo war auch ich damals die Maͤhre des Tages: viele Philiſter, Menſcher, und ander Grobzeug, kamen vor das Haus, wo ich logirte, mich zu ſehen, und zu ſchauen, wie mir die Montur wohl ſtehen moͤchte. Ich ging dieſen Tag einigemal aus, und jedesmal begleitete mich ein Haufen Jungen, Menſcher, Studenten und Philiſter.
Die Kinder ſangen ſogar: Laukhard hin, Lauk- hard her, Laukhard iſt ein Zottelbaͤr! — Andere: Laukhard hin, Laukhard her, Laukhard iſt kein Magi- ſter mehr! — Und das alles ſah und hoͤrte Laukhard mit vieler Gleichguͤltigkeit. Wohl ihm, daß er Faſ- ſung und Selbſtgewalt genug hatte, als ein iſolirter Diogenes bei dem allen kalt zu bleiben! Man hatte ihn vorher hier und da degradirend genug dazu be- handelt. Denn wer kann ſich ſelbſt noch achten, wenn Andere ſich bemuͤhen, ihn politiſch zu vernich- ten! Aber ſo ſaͤget man die Menſchen ab! — Ueber- dem reiniget das Recenſenten-Weſen von der Galle, und ſchafft manchem milzſuͤchtigen Thoren, Schurken und Muͤſſiggaͤnger, wo nicht immer Geld, doch Zeit- vertreib.
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[241[251]/0253]
welche den Rathskeller beſuchen, und die Geſellſchaf-
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derb zu kanngießern, und die politiſchen Poſſen
und Stadtmaͤrchen jeder nach ſeiner Art auszu-
ſchmuͤcken. Alſo war auch ich damals die Maͤhre
des Tages: viele Philiſter, Menſcher, und ander
Grobzeug, kamen vor das Haus, wo ich logirte,
mich zu ſehen, und zu ſchauen, wie mir die
Montur wohl ſtehen moͤchte. Ich ging dieſen
Tag einigemal aus, und jedesmal begleitete mich
ein Haufen Jungen, Menſcher, Studenten und
Philiſter.
Die Kinder ſangen ſogar: Laukhard hin, Lauk-
hard her, Laukhard iſt ein Zottelbaͤr! — Andere:
Laukhard hin, Laukhard her, Laukhard iſt kein Magi-
ſter mehr! — Und das alles ſah und hoͤrte Laukhard
mit vieler Gleichguͤltigkeit. Wohl ihm, daß er Faſ-
ſung und Selbſtgewalt genug hatte, als ein iſolirter
Diogenes bei dem allen kalt zu bleiben! Man hatte
ihn vorher hier und da degradirend genug dazu be-
handelt. Denn wer kann ſich ſelbſt noch achten,
wenn Andere ſich bemuͤhen, ihn politiſch zu vernich-
ten! Aber ſo ſaͤget man die Menſchen ab! — Ueber-
dem reiniget das Recenſenten-Weſen von der Galle,
und ſchafft manchem milzſuͤchtigen Thoren, Schurken
und Muͤſſiggaͤnger, wo nicht immer Geld, doch Zeit-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 241[251]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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