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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Ich nahm mir nun vor, auch etwas zu schrei-
ben, und in der Welt als Schriftsteller aufzutre-
ten. Auch das hatte mir Herr Semler empfohlen,
weil, wie er sagte, ein junger Mann schreiben müßte,
um bekannt zu werden. Ich wollte ein historisches
Thema behandeln, und zwar eins aus der Pfälzi-
schen Geschichte, nämlich die Geschichte der Graf-
schaft Sponheim. Ich suchte also auf der hiesi-
gen Universitäts-Bibliothek mit vieler Mühe und
Geduld das auf, was dahin gehört, fand aber lei-
der sehr wenig. Doch ließ ich mich nicht abschre-
cken, und brachte wirklich vielerlei zusammen, was
mir bei meiner Absicht nützlich werden konnte.
Ich wünschte, daß ich meine Schreibereien noch
hätte, besonders meine Briefe: allein durch einen
Zufall ging alles zum Käsekrämer: ich werde die-
sen Zufall mit Anmerkungen weiter unten anfüh-
ren. Es waren einige Sammlungen historischer
Denkwürdigkeiten darunter, welche freilich für den
Liebhaber abgeschmackt, aber für den Kenner in-
teressant seyn musten. Ich habe insbesondere viel
gesammelt von meinem Helden, dem Kaiser Ju-
lian II. den man aus christlicher Liebe den Apo-
staten nannte, und dem Voltaire den Beina-
men des Philosophen gab. Beide Namen schi-
cken sich für den vortreflichen Julian nicht recht.
Jenes ist ein Sektenname, und dieses ein Kom-

Ich nahm mir nun vor, auch etwas zu ſchrei-
ben, und in der Welt als Schriftſteller aufzutre-
ten. Auch das hatte mir Herr Semler empfohlen,
weil, wie er ſagte, ein junger Mann ſchreiben muͤßte,
um bekannt zu werden. Ich wollte ein hiſtoriſches
Thema behandeln, und zwar eins aus der Pfaͤlzi-
ſchen Geſchichte, naͤmlich die Geſchichte der Graf-
ſchaft Sponheim. Ich ſuchte alſo auf der hieſi-
gen Univerſitaͤts-Bibliothek mit vieler Muͤhe und
Geduld das auf, was dahin gehoͤrt, fand aber lei-
der ſehr wenig. Doch ließ ich mich nicht abſchre-
cken, und brachte wirklich vielerlei zuſammen, was
mir bei meiner Abſicht nuͤtzlich werden konnte.
Ich wuͤnſchte, daß ich meine Schreibereien noch
haͤtte, beſonders meine Briefe: allein durch einen
Zufall ging alles zum Kaͤſekraͤmer: ich werde die-
ſen Zufall mit Anmerkungen weiter unten anfuͤh-
ren. Es waren einige Sammlungen hiſtoriſcher
Denkwuͤrdigkeiten darunter, welche freilich fuͤr den
Liebhaber abgeſchmackt, aber fuͤr den Kenner in-
tereſſant ſeyn muſten. Ich habe insbeſondere viel
geſammelt von meinem Helden, dem Kaiſer Ju-
lian II. den man aus chriſtlicher Liebe den Apo-
ſtaten nannte, und dem Voltaire den Beina-
men des Philoſophen gab. Beide Namen ſchi-
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[172/0174] Ich nahm mir nun vor, auch etwas zu ſchrei- ben, und in der Welt als Schriftſteller aufzutre- ten. Auch das hatte mir Herr Semler empfohlen, weil, wie er ſagte, ein junger Mann ſchreiben muͤßte, um bekannt zu werden. Ich wollte ein hiſtoriſches Thema behandeln, und zwar eins aus der Pfaͤlzi- ſchen Geſchichte, naͤmlich die Geſchichte der Graf- ſchaft Sponheim. Ich ſuchte alſo auf der hieſi- gen Univerſitaͤts-Bibliothek mit vieler Muͤhe und Geduld das auf, was dahin gehoͤrt, fand aber lei- der ſehr wenig. Doch ließ ich mich nicht abſchre- cken, und brachte wirklich vielerlei zuſammen, was mir bei meiner Abſicht nuͤtzlich werden konnte. Ich wuͤnſchte, daß ich meine Schreibereien noch haͤtte, beſonders meine Briefe: allein durch einen Zufall ging alles zum Kaͤſekraͤmer: ich werde die- ſen Zufall mit Anmerkungen weiter unten anfuͤh- ren. Es waren einige Sammlungen hiſtoriſcher Denkwuͤrdigkeiten darunter, welche freilich fuͤr den Liebhaber abgeſchmackt, aber fuͤr den Kenner in- tereſſant ſeyn muſten. Ich habe insbeſondere viel geſammelt von meinem Helden, dem Kaiſer Ju- lian II. den man aus chriſtlicher Liebe den Apo- ſtaten nannte, und dem Voltaire den Beina- men des Philoſophen gab. Beide Namen ſchi- cken ſich fuͤr den vortreflichen Julian nicht recht. Jenes iſt ein Sektenname, und dieſes ein Kom-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/174>, abgerufen am 30.04.2024.