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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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die dogmatischen Beweisstellen: dieses Collegium
nannte er fundamentale biblicum; die Studenten
aber hießen es, seines seltenen elenden Lateins wegen,
fundamentalitium biblicanum, die dictas classi-
cas,
das Grundfundament, und endlich gar die
Grundsuppe. Daher der Grundsuppenschwabe. Wäre
Bechtold nicht Ephorus der Stipendiaten gewesen,
er hätte nie einen Zuhörer bekommen: niemand be-
suchte seine über allen Glauben erbärmlichen Vorle-
sungen als Stipendiaten, oder solche, die es werden
wollten. Die Bedaurungswürdigen! -- Seine Or-
thodoxie war ehedem so stark, daß er in dem Ton ei-
nes Philipp Nicolai z), einige Wische wider
die Reformirten hinsudelte, unter dem allerliebsten
Titel: Calvinianorum Deus, scripturae ignotus
et a sana ratione abhorrens.
Seine Beweise wa-
ren, wie die des Philipps Nicolai. -- Aber jetzt ist

z) War ein lutherischer Theolog aus dem 16ten Jahr-
hundert. Er hat einen Aufsatz geschrieben: Der Cal-
vinisten Gott
, der Teufel, worin er unter
andern sagt: "Der calvinische Herrgott ist ein leicht-
"fertiger, geiler, unkeuscher, blutdürstiger Moloch:
"ein Brüllochse, ein Ochsengott, der höllische Brülloch-
"se, der alte böse Feind, und verfluchte Leviathan."
Siehe G. Arnolds Kirchen- und Ketzerhistorie B. 16.
Kap. 21. §. 10. - Schade, daß zu der Zeit weder
ein Hume, noch ein Pastor Schulz in Gielsdorf,
noch ein Kant etwas über den lieben Gott geschrieben
hatten!

die dogmatiſchen Beweisſtellen: dieſes Collegium
nannte er fundamentale biblicum; die Studenten
aber hießen es, ſeines ſeltenen elenden Lateins wegen,
fundamentalitium biblicanum, die dictas claſſi-
cas,
das Grundfundament, und endlich gar die
Grundſuppe. Daher der Grundſuppenſchwabe. Waͤre
Bechtold nicht Ephorus der Stipendiaten geweſen,
er haͤtte nie einen Zuhoͤrer bekommen: niemand be-
ſuchte ſeine uͤber allen Glauben erbaͤrmlichen Vorle-
ſungen als Stipendiaten, oder ſolche, die es werden
wollten. Die Bedaurungswuͤrdigen! — Seine Or-
thodoxie war ehedem ſo ſtark, daß er in dem Ton ei-
nes Philipp Nicolai z), einige Wiſche wider
die Reformirten hinſudelte, unter dem allerliebſten
Titel: Calvinianorum Deus, ſcripturae ignotus
et a ſana ratione abhorrens.
Seine Beweiſe wa-
ren, wie die des Philipps Nicolai. — Aber jetzt iſt

z) War ein lutheriſcher Theolog aus dem 16ten Jahr-
hundert. Er hat einen Aufſatz geſchrieben: Der Cal-
viniſten Gott
, der Teufel, worin er unter
andern ſagt: „Der calviniſche Herrgott iſt ein leicht-
„fertiger, geiler, unkeuſcher, blutduͤrſtiger Moloch:
„ein Bruͤllochſe, ein Ochſengott, der hoͤlliſche Bruͤlloch-
„ſe, der alte boͤſe Feind, und verfluchte Leviathan.“
Siehe G. Arnolds Kirchen- und Ketzerhiſtorie B. 16.
Kap. 21. §. 10. – Schade, daß zu der Zeit weder
ein Hume, noch ein Paſtor Schulz in Gielsdorf,
noch ein Kant etwas uͤber den lieben Gott geſchrieben
hatten!
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[82/0096] die dogmatiſchen Beweisſtellen: dieſes Collegium nannte er fundamentale biblicum; die Studenten aber hießen es, ſeines ſeltenen elenden Lateins wegen, fundamentalitium biblicanum, die dictas claſſi- cas, das Grundfundament, und endlich gar die Grundſuppe. Daher der Grundſuppenſchwabe. Waͤre Bechtold nicht Ephorus der Stipendiaten geweſen, er haͤtte nie einen Zuhoͤrer bekommen: niemand be- ſuchte ſeine uͤber allen Glauben erbaͤrmlichen Vorle- ſungen als Stipendiaten, oder ſolche, die es werden wollten. Die Bedaurungswuͤrdigen! — Seine Or- thodoxie war ehedem ſo ſtark, daß er in dem Ton ei- nes Philipp Nicolai z), einige Wiſche wider die Reformirten hinſudelte, unter dem allerliebſten Titel: Calvinianorum Deus, ſcripturae ignotus et a ſana ratione abhorrens. Seine Beweiſe wa- ren, wie die des Philipps Nicolai. — Aber jetzt iſt z) War ein lutheriſcher Theolog aus dem 16ten Jahr- hundert. Er hat einen Aufſatz geſchrieben: Der Cal- viniſten Gott, der Teufel, worin er unter andern ſagt: „Der calviniſche Herrgott iſt ein leicht- „fertiger, geiler, unkeuſcher, blutduͤrſtiger Moloch: „ein Bruͤllochſe, ein Ochſengott, der hoͤlliſche Bruͤlloch- „ſe, der alte boͤſe Feind, und verfluchte Leviathan.“ Siehe G. Arnolds Kirchen- und Ketzerhiſtorie B. 16. Kap. 21. §. 10. – Schade, daß zu der Zeit weder ein Hume, noch ein Paſtor Schulz in Gielsdorf, noch ein Kant etwas uͤber den lieben Gott geſchrieben hatten!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/96>, abgerufen am 03.05.2024.