Freund Bechtold von seiner theologischen Düsterheit zurückgekommen, und wundert sich, daß er sonst so einen vernebelten Kopf hat haben können. Er räson- nirt, wie ich vor einigen Jahren bei meiner Durch- reise zu Gießen gehört habe, über die heiligen Dogmen sehr hörbar, und lacht über das alte Sy- stem -- das klügste, was er auch thun kann, we- nigstens zehnmal klüger, als über das neue System rosenkreuzerisch zu lamentiren.
Sonst ist Bechtold ein schlauer Politikus, und ein Schadenfroh, der seines Gleichen sucht. Er und Koch waren besonders Ursache, daß Lobstein von Gießen weg muste. Unter seinem Rectorate waren die Eulerkappereien im Flor, ja sie nahmen zu, weil er ihnen nicht steuerte, oder vielmehr es gern sah, daß der arme Eulerkapper recht gepeinigt wurde. -- Bechtolds Töchter sind brevi manu weggegan- gen: -- sie hatten -- Geld!
Von Herrn D.Bahrdt, den ich auch in Gie- ßen gekannt habe, sage ich hier nichts: ich habe in meinen Beiträgen von ihm genug gesagt.
Den alten Dogmaticus, den D.Benner, will ich ebenfalls in Ruhe lassen.
Aber von Herrn Ouvrier einige Worte! Er war vorher Hofmeister oder Informator bei den fürstlichen Kindern in Darmstadt gewesen, und zur Dankbarkeit, aus Gnade nach Gießen als Professor
Freund Bechtold von ſeiner theologiſchen Duͤſterheit zuruͤckgekommen, und wundert ſich, daß er ſonſt ſo einen vernebelten Kopf hat haben koͤnnen. Er raͤſon- nirt, wie ich vor einigen Jahren bei meiner Durch- reiſe zu Gießen gehoͤrt habe, uͤber die heiligen Dogmen ſehr hoͤrbar, und lacht uͤber das alte Sy- ſtem — das kluͤgſte, was er auch thun kann, we- nigſtens zehnmal kluͤger, als uͤber das neue Syſtem roſenkreuzeriſch zu lamentiren.
Sonſt iſt Bechtold ein ſchlauer Politikus, und ein Schadenfroh, der ſeines Gleichen ſucht. Er und Koch waren beſonders Urſache, daß Lobſtein von Gießen weg muſte. Unter ſeinem Rectorate waren die Eulerkappereien im Flor, ja ſie nahmen zu, weil er ihnen nicht ſteuerte, oder vielmehr es gern ſah, daß der arme Eulerkapper recht gepeinigt wurde. — Bechtolds Toͤchter ſind brevi manu weggegan- gen: — ſie hatten — Geld!
Von Herrn D.Bahrdt, den ich auch in Gie- ßen gekannt habe, ſage ich hier nichts: ich habe in meinen Beitraͤgen von ihm genug geſagt.
Den alten Dogmaticus, den D.Benner, will ich ebenfalls in Ruhe laſſen.
Aber von Herrn Ouvrier einige Worte! Er war vorher Hofmeiſter oder Informator bei den fuͤrſtlichen Kindern in Darmſtadt geweſen, und zur Dankbarkeit, aus Gnade nach Gießen als Profeſſor
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Freund Bechtold von ſeiner theologiſchen Duͤſterheit
zuruͤckgekommen, und wundert ſich, daß er ſonſt ſo
einen vernebelten Kopf hat haben koͤnnen. Er raͤſon-
nirt, wie ich vor einigen Jahren bei meiner Durch-
reiſe zu Gießen gehoͤrt habe, uͤber die heiligen
Dogmen ſehr hoͤrbar, und lacht uͤber das alte Sy-
ſtem — das kluͤgſte, was er auch thun kann, we-
nigſtens zehnmal kluͤger, als uͤber das neue Syſtem
roſenkreuzeriſch zu lamentiren.
Sonſt iſt Bechtold ein ſchlauer Politikus, und
ein Schadenfroh, der ſeines Gleichen ſucht. Er und
Koch waren beſonders Urſache, daß Lobſtein von
Gießen weg muſte. Unter ſeinem Rectorate waren
die Eulerkappereien im Flor, ja ſie nahmen zu, weil
er ihnen nicht ſteuerte, oder vielmehr es gern ſah,
daß der arme Eulerkapper recht gepeinigt wurde. —
Bechtolds Toͤchter ſind brevi manu weggegan-
gen: — ſie hatten — Geld!
Von Herrn D. Bahrdt, den ich auch in Gie-
ßen gekannt habe, ſage ich hier nichts: ich habe in
meinen Beitraͤgen von ihm genug geſagt.
Den alten Dogmaticus, den D. Benner,
will ich ebenfalls in Ruhe laſſen.
Aber von Herrn Ouvrier einige Worte! Er
war vorher Hofmeiſter oder Informator bei den
fuͤrſtlichen Kindern in Darmſtadt geweſen, und zur
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/97>, abgerufen am 24.11.2024.
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