her den Herrn Koch zum Freunde hat, darf thun, was er will: kein Haar darf ihm gekrümmt werden. Er ist eben darum fürchterlich stolz, gebietherisch und grob gegen die Studenten, welche er, wenigstens zu meiner Zeit, wie Schulknaben behandelte. Dabei macht er ein Gesicht -- wie ein fürstlicher Befehl. Eben so despotisch verfährt er in seinem Hause. Zu meiner Zeit bewohnte es sein Schwager, ein alter Kandidat der Rechte, Herr Rolle, dem es aber stark an der secunda Petris) fehlte. Dieser Mann durfte nicht mit an seinem Tische essen, obgleich Herr Koch sein ganzes Vermögen in Händen hatte. Freund Rolle hat nicht selten über die Härte und den übertriebnen Stolz seines Herrn Schwa- gers geklagt.
Mit den übrigen Professoren hat Herr Koch wenig Umgang. Die Juristen sind ihm besonders ein Dorn im Auge, so bald sie etwas mehr verstehen, als Heineccii Institutionen. Der Regierungsrath Höpfner lehrte zu meiner Zeit mit vielem Beifall die Rechte in Gießen. Er war ein Mann, der nicht nur den Leyser, sondern auch jene ältern Re- stauratoren der Juristerei, einen Alciatus, Au- gustinus und Cujacius fleißig studirt hatte --
s) An der Beurtheilungskraft. Dies Sprichwort kommt daher, daß Petrus Ramus im zweiten Theil seiner Logik De ludicio handelt.
her den Herrn Koch zum Freunde hat, darf thun, was er will: kein Haar darf ihm gekruͤmmt werden. Er iſt eben darum fuͤrchterlich ſtolz, gebietheriſch und grob gegen die Studenten, welche er, wenigſtens zu meiner Zeit, wie Schulknaben behandelte. Dabei macht er ein Geſicht — wie ein fuͤrſtlicher Befehl. Eben ſo deſpotiſch verfaͤhrt er in ſeinem Hauſe. Zu meiner Zeit bewohnte es ſein Schwager, ein alter Kandidat der Rechte, Herr Rolle, dem es aber ſtark an der ſecunda Petris) fehlte. Dieſer Mann durfte nicht mit an ſeinem Tiſche eſſen, obgleich Herr Koch ſein ganzes Vermoͤgen in Haͤnden hatte. Freund Rolle hat nicht ſelten uͤber die Haͤrte und den uͤbertriebnen Stolz ſeines Herrn Schwa- gers geklagt.
Mit den uͤbrigen Profeſſoren hat Herr Koch wenig Umgang. Die Juriſten ſind ihm beſonders ein Dorn im Auge, ſo bald ſie etwas mehr verſtehen, als Heineccii Inſtitutionen. Der Regierungsrath Hoͤpfner lehrte zu meiner Zeit mit vielem Beifall die Rechte in Gießen. Er war ein Mann, der nicht nur den Leyſer, ſondern auch jene aͤltern Re- ſtauratoren der Juriſterei, einen Alciatus, Au- guſtinus und Cujacius fleißig ſtudirt hatte —
s) An der Beurtheilungskraft. Dies Sprichwort kommt daher, daß Petrus Ramus im zweiten Theil ſeiner Logik De ludicio handelt.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0086"n="72"/>
her den Herrn <hirendition="#g">Koch</hi> zum Freunde hat, darf thun,<lb/>
was er will: kein Haar darf ihm gekruͤmmt werden.<lb/>
Er iſt eben darum fuͤrchterlich ſtolz, gebietheriſch <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice><lb/>
grob gegen die Studenten, welche er, wenigſtens zu<lb/>
meiner Zeit, wie Schulknaben behandelte. Dabei<lb/>
macht er ein Geſicht — wie ein fuͤrſtlicher Befehl.<lb/>
Eben ſo deſpotiſch verfaͤhrt er in ſeinem Hauſe. Zu<lb/>
meiner Zeit bewohnte es ſein Schwager, ein alter<lb/>
Kandidat der Rechte, Herr Rolle, dem es aber ſtark<lb/>
an der <hirendition="#aq">ſecunda Petri</hi><noteplace="foot"n="s)">An der <hirendition="#g">Beurtheilungskraft</hi>. Dies Sprichwort<lb/>
kommt daher, daß <hirendition="#g">Petrus Ramus</hi> im zweiten Theil<lb/>ſeiner Logik <hirendition="#aq">De ludicio</hi> handelt.</note> fehlte. Dieſer Mann<lb/>
durfte nicht mit an ſeinem Tiſche eſſen, obgleich Herr<lb/><hirendition="#g">Koch</hi>ſein ganzes Vermoͤgen in Haͤnden hatte.<lb/>
Freund <hirendition="#g">Rolle</hi> hat nicht ſelten uͤber die Haͤrte<lb/>
und den uͤbertriebnen Stolz ſeines Herrn Schwa-<lb/>
gers geklagt.</p><lb/><p>Mit den uͤbrigen Profeſſoren hat Herr Koch<lb/>
wenig Umgang. Die Juriſten ſind ihm beſonders<lb/>
ein Dorn im Auge, ſo bald ſie etwas mehr verſtehen,<lb/>
als Heineccii Inſtitutionen. Der Regierungsrath<lb/><hirendition="#g">Hoͤpfner</hi> lehrte zu meiner Zeit mit vielem Beifall<lb/>
die Rechte in Gießen. Er war ein Mann, der<lb/>
nicht nur den Leyſer, ſondern auch jene aͤltern Re-<lb/>ſtauratoren der Juriſterei, einen <hirendition="#g">Alciatus</hi>, <hirendition="#g">Au</hi>-<lb/><hirendition="#g">guſtinus</hi> und <hirendition="#g">Cujacius</hi> fleißig ſtudirt hatte —<lb/></p></div></body></text></TEI>
[72/0086]
her den Herrn Koch zum Freunde hat, darf thun,
was er will: kein Haar darf ihm gekruͤmmt werden.
Er iſt eben darum fuͤrchterlich ſtolz, gebietheriſch und
grob gegen die Studenten, welche er, wenigſtens zu
meiner Zeit, wie Schulknaben behandelte. Dabei
macht er ein Geſicht — wie ein fuͤrſtlicher Befehl.
Eben ſo deſpotiſch verfaͤhrt er in ſeinem Hauſe. Zu
meiner Zeit bewohnte es ſein Schwager, ein alter
Kandidat der Rechte, Herr Rolle, dem es aber ſtark
an der ſecunda Petri s) fehlte. Dieſer Mann
durfte nicht mit an ſeinem Tiſche eſſen, obgleich Herr
Koch ſein ganzes Vermoͤgen in Haͤnden hatte.
Freund Rolle hat nicht ſelten uͤber die Haͤrte
und den uͤbertriebnen Stolz ſeines Herrn Schwa-
gers geklagt.
Mit den uͤbrigen Profeſſoren hat Herr Koch
wenig Umgang. Die Juriſten ſind ihm beſonders
ein Dorn im Auge, ſo bald ſie etwas mehr verſtehen,
als Heineccii Inſtitutionen. Der Regierungsrath
Hoͤpfner lehrte zu meiner Zeit mit vielem Beifall
die Rechte in Gießen. Er war ein Mann, der
nicht nur den Leyſer, ſondern auch jene aͤltern Re-
ſtauratoren der Juriſterei, einen Alciatus, Au-
guſtinus und Cujacius fleißig ſtudirt hatte —
s) An der Beurtheilungskraft. Dies Sprichwort
kommt daher, daß Petrus Ramus im zweiten Theil
ſeiner Logik De ludicio handelt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/86>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.