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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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her den Herrn Koch zum Freunde hat, darf thun,
was er will: kein Haar darf ihm gekrümmt werden.
Er ist eben darum fürchterlich stolz, gebietherisch und
grob gegen die Studenten, welche er, wenigstens zu
meiner Zeit, wie Schulknaben behandelte. Dabei
macht er ein Gesicht -- wie ein fürstlicher Befehl.
Eben so despotisch verfährt er in seinem Hause. Zu
meiner Zeit bewohnte es sein Schwager, ein alter
Kandidat der Rechte, Herr Rolle, dem es aber stark
an der secunda Petri s) fehlte. Dieser Mann
durfte nicht mit an seinem Tische essen, obgleich Herr
Koch sein ganzes Vermögen in Händen hatte.
Freund Rolle hat nicht selten über die Härte
und den übertriebnen Stolz seines Herrn Schwa-
gers geklagt.

Mit den übrigen Professoren hat Herr Koch
wenig Umgang. Die Juristen sind ihm besonders
ein Dorn im Auge, so bald sie etwas mehr verstehen,
als Heineccii Institutionen. Der Regierungsrath
Höpfner lehrte zu meiner Zeit mit vielem Beifall
die Rechte in Gießen. Er war ein Mann, der
nicht nur den Leyser, sondern auch jene ältern Re-
stauratoren der Juristerei, einen Alciatus, Au-
gustinus und Cujacius fleißig studirt hatte --

s) An der Beurtheilungskraft. Dies Sprichwort
kommt daher, daß Petrus Ramus im zweiten Theil
seiner Logik De ludicio handelt.

her den Herrn Koch zum Freunde hat, darf thun,
was er will: kein Haar darf ihm gekruͤmmt werden.
Er iſt eben darum fuͤrchterlich ſtolz, gebietheriſch und
grob gegen die Studenten, welche er, wenigſtens zu
meiner Zeit, wie Schulknaben behandelte. Dabei
macht er ein Geſicht — wie ein fuͤrſtlicher Befehl.
Eben ſo deſpotiſch verfaͤhrt er in ſeinem Hauſe. Zu
meiner Zeit bewohnte es ſein Schwager, ein alter
Kandidat der Rechte, Herr Rolle, dem es aber ſtark
an der ſecunda Petri s) fehlte. Dieſer Mann
durfte nicht mit an ſeinem Tiſche eſſen, obgleich Herr
Koch ſein ganzes Vermoͤgen in Haͤnden hatte.
Freund Rolle hat nicht ſelten uͤber die Haͤrte
und den uͤbertriebnen Stolz ſeines Herrn Schwa-
gers geklagt.

Mit den uͤbrigen Profeſſoren hat Herr Koch
wenig Umgang. Die Juriſten ſind ihm beſonders
ein Dorn im Auge, ſo bald ſie etwas mehr verſtehen,
als Heineccii Inſtitutionen. Der Regierungsrath
Hoͤpfner lehrte zu meiner Zeit mit vielem Beifall
die Rechte in Gießen. Er war ein Mann, der
nicht nur den Leyſer, ſondern auch jene aͤltern Re-
ſtauratoren der Juriſterei, einen Alciatus, Au-
guſtinus und Cujacius fleißig ſtudirt hatte —

s) An der Beurtheilungskraft. Dies Sprichwort
kommt daher, daß Petrus Ramus im zweiten Theil
ſeiner Logik De ludicio handelt.
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[72/0086] her den Herrn Koch zum Freunde hat, darf thun, was er will: kein Haar darf ihm gekruͤmmt werden. Er iſt eben darum fuͤrchterlich ſtolz, gebietheriſch und grob gegen die Studenten, welche er, wenigſtens zu meiner Zeit, wie Schulknaben behandelte. Dabei macht er ein Geſicht — wie ein fuͤrſtlicher Befehl. Eben ſo deſpotiſch verfaͤhrt er in ſeinem Hauſe. Zu meiner Zeit bewohnte es ſein Schwager, ein alter Kandidat der Rechte, Herr Rolle, dem es aber ſtark an der ſecunda Petri s) fehlte. Dieſer Mann durfte nicht mit an ſeinem Tiſche eſſen, obgleich Herr Koch ſein ganzes Vermoͤgen in Haͤnden hatte. Freund Rolle hat nicht ſelten uͤber die Haͤrte und den uͤbertriebnen Stolz ſeines Herrn Schwa- gers geklagt. Mit den uͤbrigen Profeſſoren hat Herr Koch wenig Umgang. Die Juriſten ſind ihm beſonders ein Dorn im Auge, ſo bald ſie etwas mehr verſtehen, als Heineccii Inſtitutionen. Der Regierungsrath Hoͤpfner lehrte zu meiner Zeit mit vielem Beifall die Rechte in Gießen. Er war ein Mann, der nicht nur den Leyſer, ſondern auch jene aͤltern Re- ſtauratoren der Juriſterei, einen Alciatus, Au- guſtinus und Cujacius fleißig ſtudirt hatte — s) An der Beurtheilungskraft. Dies Sprichwort kommt daher, daß Petrus Ramus im zweiten Theil ſeiner Logik De ludicio handelt.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/86>, abgerufen am 02.05.2024.