beleidiget, und dieser ihm aus Rachsucht einen tödt- lichen Haß geschworen. Der Hofprediger wohnte so, daß man aus dem Schloßgarten gerade durch ein Fenster in seine Wohnstube sehen konnte. Das wußte Meister Valentin, welcher ehemals in Grehweiler Hofkaplan gewesen war. Um nun seine Sache aus- zuführen, begab er sich an einem Winterabend in den Schloßgarten, und schoß eine Flinte mit gehacktem Blei durch das gedachte Fenster ab, als der Hofpre- diger mit seinen Kindern zu Tische saß. Seine zweite Tochter, ein Mädchen von eilf oder zwölf Jahren wurde von einem Stück Blei ins Herz getroffen, und starb auf der Stelle: der Hofprediger selbst wurde nur an der Schulter beschädiget.
Diese Begebenheit erregte in der dortigen wei- ten Gegend fürchterliches Lärmen; aber den wahren Thäter errieth niemand. Das ganze Publikum fiel auf den Rheingrafen, welcher den Hofprediger da- mals schlangenartig verfolgte. Valentin verrieth sich aber selbst: auf dem Nachhauseweg ging er zu Kalkofen in eine Schenke. Es war um Mitternacht, und also schon verdächtig. Hiezu kam, daß er einige Tage vor der grausamen That Blei und Pulver in Kreuznach hatte holen lassen, und mehrmalen dem Hofprediger den Tod geschworen hatte. Auf diese und mehr andere Anzeigen ließ ihn die Obrigkeit einziehen; allein er kam dem Richter dadurch zuvor,
beleidiget, und dieſer ihm aus Rachſucht einen toͤdt- lichen Haß geſchworen. Der Hofprediger wohnte ſo, daß man aus dem Schloßgarten gerade durch ein Fenſter in ſeine Wohnſtube ſehen konnte. Das wußte Meiſter Valentin, welcher ehemals in Grehweiler Hofkaplan geweſen war. Um nun ſeine Sache aus- zufuͤhren, begab er ſich an einem Winterabend in den Schloßgarten, und ſchoß eine Flinte mit gehacktem Blei durch das gedachte Fenſter ab, als der Hofpre- diger mit ſeinen Kindern zu Tiſche ſaß. Seine zweite Tochter, ein Maͤdchen von eilf oder zwoͤlf Jahren wurde von einem Stuͤck Blei ins Herz getroffen, und ſtarb auf der Stelle: der Hofprediger ſelbſt wurde nur an der Schulter beſchaͤdiget.
Dieſe Begebenheit erregte in der dortigen wei- ten Gegend fuͤrchterliches Laͤrmen; aber den wahren Thaͤter errieth niemand. Das ganze Publikum fiel auf den Rheingrafen, welcher den Hofprediger da- mals ſchlangenartig verfolgte. Valentin verrieth ſich aber ſelbſt: auf dem Nachhauſeweg ging er zu Kalkofen in eine Schenke. Es war um Mitternacht, und alſo ſchon verdaͤchtig. Hiezu kam, daß er einige Tage vor der grauſamen That Blei und Pulver in Kreuznach hatte holen laſſen, und mehrmalen dem Hofprediger den Tod geſchworen hatte. Auf dieſe und mehr andere Anzeigen ließ ihn die Obrigkeit einziehen; allein er kam dem Richter dadurch zuvor,
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beleidiget, und dieſer ihm aus Rachſucht einen toͤdt-
lichen Haß geſchworen. Der Hofprediger wohnte ſo,
daß man aus dem Schloßgarten gerade durch ein
Fenſter in ſeine Wohnſtube ſehen konnte. Das wußte
Meiſter Valentin, welcher ehemals in Grehweiler
Hofkaplan geweſen war. Um nun ſeine Sache aus-
zufuͤhren, begab er ſich an einem Winterabend in den
Schloßgarten, und ſchoß eine Flinte mit gehacktem
Blei durch das gedachte Fenſter ab, als der Hofpre-
diger mit ſeinen Kindern zu Tiſche ſaß. Seine zweite
Tochter, ein Maͤdchen von eilf oder zwoͤlf Jahren
wurde von einem Stuͤck Blei ins Herz getroffen,
und ſtarb auf der Stelle: der Hofprediger ſelbſt
wurde nur an der Schulter beſchaͤdiget.
Dieſe Begebenheit erregte in der dortigen wei-
ten Gegend fuͤrchterliches Laͤrmen; aber den wahren
Thaͤter errieth niemand. Das ganze Publikum fiel
auf den Rheingrafen, welcher den Hofprediger da-
mals ſchlangenartig verfolgte. Valentin verrieth
ſich aber ſelbſt: auf dem Nachhauſeweg ging er zu
Kalkofen in eine Schenke. Es war um Mitternacht,
und alſo ſchon verdaͤchtig. Hiezu kam, daß er einige
Tage vor der grauſamen That Blei und Pulver in
Kreuznach hatte holen laſſen, und mehrmalen dem
Hofprediger den Tod geſchworen hatte. Auf dieſe
und mehr andere Anzeigen ließ ihn die Obrigkeit
einziehen; allein er kam dem Richter dadurch zuvor,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/73>, abgerufen am 16.02.2025.
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