Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

karten, daß der, welcher sich wider ihre Alfanzereien
auflehnt, zwar nicht widerlegt, aber doch gedrückt
und verfolgt wird. So nahm ich es mir einmal
heraus, nachdem ich meine sogenannten Studien ge-
endigt und Erlaubniß zu predigen erhalten hatte, eine
Predigt gegen den Aberglauben zu halten; aber da
stach ich in ein fürchterliches Wespennest: ich hätte
eher sollen Vorsehung und Fortdauer des Seelenwe-
sens leugnen, als die leiblichen Besitzungen des Sa-
tans, die Hexereien und die Existenz der Gespenster:
das würde mir nicht so vielen Verdruß erregt haben.
Doch genug hiervon!

Ich hatte nun ohngefähr das dreizehnte Jahr
erreicht, als mich mein Vater endlich nach Grünstadt
schickte. Hier genoß ich bis ins sechszehnte Jahr den
Unterricht verschiedener braver und gelehrter Män-
ner, insbesondere des Hrn. Professors Seybold.
Ich nahm würklich in den Schulwissenschaften sicht-
bar zu, wenigstens wuste ich so viel latein, griechisch
und französisch, als man in der Pfalz zu wissen
pflegt, und wohl noch etwas mehr. Auch war ich
in der Geschichte, Erdbeschreibung und Mathematik
nicht ganz fremde, wie meine lieben Landesleute ge-
meiniglich zu seyn pflegen.

Ich blieb nicht in einem fort in Grünstadt:
denn da mein rechter Fuß, welchen ich vorher zer-
brochen hatte, um diese Zeit wieder aufbrach, so

karten, daß der, welcher ſich wider ihre Alfanzereien
auflehnt, zwar nicht widerlegt, aber doch gedruͤckt
und verfolgt wird. So nahm ich es mir einmal
heraus, nachdem ich meine ſogenannten Studien ge-
endigt und Erlaubniß zu predigen erhalten hatte, eine
Predigt gegen den Aberglauben zu halten; aber da
ſtach ich in ein fuͤrchterliches Weſpenneſt: ich haͤtte
eher ſollen Vorſehung und Fortdauer des Seelenwe-
ſens leugnen, als die leiblichen Beſitzungen des Sa-
tans, die Hexereien und die Exiſtenz der Geſpenſter:
das wuͤrde mir nicht ſo vielen Verdruß erregt haben.
Doch genug hiervon!

Ich hatte nun ohngefaͤhr das dreizehnte Jahr
erreicht, als mich mein Vater endlich nach Gruͤnſtadt
ſchickte. Hier genoß ich bis ins ſechszehnte Jahr den
Unterricht verſchiedener braver und gelehrter Maͤn-
ner, insbeſondere des Hrn. Profeſſors Seybold.
Ich nahm wuͤrklich in den Schulwiſſenſchaften ſicht-
bar zu, wenigſtens wuſte ich ſo viel latein, griechiſch
und franzoͤſiſch, als man in der Pfalz zu wiſſen
pflegt, und wohl noch etwas mehr. Auch war ich
in der Geſchichte, Erdbeſchreibung und Mathematik
nicht ganz fremde, wie meine lieben Landesleute ge-
meiniglich zu ſeyn pflegen.

Ich blieb nicht in einem fort in Gruͤnſtadt:
denn da mein rechter Fuß, welchen ich vorher zer-
brochen hatte, um dieſe Zeit wieder aufbrach, ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0055" n="41"/>
karten, daß der, welcher &#x017F;ich wider ihre Alfanzereien<lb/>
auflehnt, zwar nicht widerlegt, aber doch gedru&#x0364;ckt<lb/>
und verfolgt wird. So nahm ich es mir einmal<lb/>
heraus, nachdem ich meine &#x017F;ogenannten Studien ge-<lb/>
endigt und Erlaubniß zu predigen erhalten hatte, eine<lb/>
Predigt gegen den Aberglauben zu halten; aber da<lb/>
&#x017F;tach ich in ein fu&#x0364;rchterliches We&#x017F;penne&#x017F;t: ich ha&#x0364;tte<lb/>
eher &#x017F;ollen Vor&#x017F;ehung und Fortdauer des Seelenwe-<lb/>
&#x017F;ens leugnen, als die leiblichen Be&#x017F;itzungen des Sa-<lb/>
tans, die Hexereien und die Exi&#x017F;tenz der Ge&#x017F;pen&#x017F;ter:<lb/>
das wu&#x0364;rde mir nicht &#x017F;o vielen Verdruß erregt haben.<lb/>
Doch genug hiervon!</p><lb/>
        <p>Ich hatte nun ohngefa&#x0364;hr das dreizehnte Jahr<lb/>
erreicht, als mich mein Vater endlich nach Gru&#x0364;n&#x017F;tadt<lb/>
&#x017F;chickte. Hier genoß ich bis ins &#x017F;echszehnte Jahr den<lb/>
Unterricht ver&#x017F;chiedener braver und gelehrter Ma&#x0364;n-<lb/>
ner, insbe&#x017F;ondere des Hrn. Profe&#x017F;&#x017F;ors <hi rendition="#g">Seybold</hi>.<lb/>
Ich nahm wu&#x0364;rklich in den Schulwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften &#x017F;icht-<lb/>
bar zu, wenig&#x017F;tens wu&#x017F;te ich &#x017F;o viel latein, griechi&#x017F;ch<lb/>
und franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch, als man in der Pfalz zu wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
pflegt, und wohl noch etwas mehr. Auch war ich<lb/>
in der Ge&#x017F;chichte, Erdbe&#x017F;chreibung und Mathematik<lb/>
nicht ganz fremde, wie meine lieben Landesleute ge-<lb/>
meiniglich zu &#x017F;eyn pflegen.</p><lb/>
        <p>Ich blieb nicht in einem fort in Gru&#x0364;n&#x017F;tadt:<lb/>
denn da mein rechter Fuß, welchen ich vorher zer-<lb/>
brochen hatte, um die&#x017F;e Zeit wieder aufbrach, &#x017F;o<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0055] karten, daß der, welcher ſich wider ihre Alfanzereien auflehnt, zwar nicht widerlegt, aber doch gedruͤckt und verfolgt wird. So nahm ich es mir einmal heraus, nachdem ich meine ſogenannten Studien ge- endigt und Erlaubniß zu predigen erhalten hatte, eine Predigt gegen den Aberglauben zu halten; aber da ſtach ich in ein fuͤrchterliches Weſpenneſt: ich haͤtte eher ſollen Vorſehung und Fortdauer des Seelenwe- ſens leugnen, als die leiblichen Beſitzungen des Sa- tans, die Hexereien und die Exiſtenz der Geſpenſter: das wuͤrde mir nicht ſo vielen Verdruß erregt haben. Doch genug hiervon! Ich hatte nun ohngefaͤhr das dreizehnte Jahr erreicht, als mich mein Vater endlich nach Gruͤnſtadt ſchickte. Hier genoß ich bis ins ſechszehnte Jahr den Unterricht verſchiedener braver und gelehrter Maͤn- ner, insbeſondere des Hrn. Profeſſors Seybold. Ich nahm wuͤrklich in den Schulwiſſenſchaften ſicht- bar zu, wenigſtens wuſte ich ſo viel latein, griechiſch und franzoͤſiſch, als man in der Pfalz zu wiſſen pflegt, und wohl noch etwas mehr. Auch war ich in der Geſchichte, Erdbeſchreibung und Mathematik nicht ganz fremde, wie meine lieben Landesleute ge- meiniglich zu ſeyn pflegen. Ich blieb nicht in einem fort in Gruͤnſtadt: denn da mein rechter Fuß, welchen ich vorher zer- brochen hatte, um dieſe Zeit wieder aufbrach, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/55
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/55>, abgerufen am 21.11.2024.